In Deutschland hat sich in den letzten 25 Jahren Europas wahrscheinlich größter Finanzskandal seit 1945 zugetragen. Von bandenmäßigem Steuerbetrug in Höhe von rund 32 Milliarden EURO ist die Rede. Seit schätzungsweise 1991 sind diese kriminellen Machenschaften am Laufen, ohne dass es jemanden gab, der sie – trotz wiederholter Warnungen aus Finanzkreisen – unterbunden hätte. Weder die Regierung an sich, noch eines ihrer Ministerien gab den Auftrag, die Sachlage genauer zu überprüfen. Bis eine „kleine Sachbearbeiterin“ bei einem Antrag auf Steuerrückerstattung stutzig wurde und den Stein ins Rollen brachte. Seitdem beschäftigen sich die Medien, Staatsanwälte, Regierungskreise und Rechtsanwälte mit dieser perfiden Geschichte. Die Geschäfte, um die es geht, werden #Cum/Cum bzw. #Cum/Ex genannt. Vereinfacht geht es darum, dem Staat Steuerrückzahlungen zu entlocken – mehrfach – für Steuern, die entweder nur einmal oder sogar nie gezahlt wurden. Auf gut Deutsch: Abzocke vom Feinsten! Natürlich auf Kosten der Steuerzahler.

Die Berechnungen zum Schadensausmaß wurden von Prof. Dr. Christoph Spengel und Julia Peitzmeier bzw. Verena Dutt und Heiko Vay von der Uni Mannheim durchgeführt. Die Auswertungen werden von ZEIT ONLINE zur Verfügung gestellt.

Cum/Cum [PDF] - 2017 - SteuerschadenCum-Cum (2017-05-16)

Cum/Ex [PDF] - 2017 - SteuerschadenCum-Ex (2017-03-31)

Die deutschen Bürger schulden nun nicht nur dieser Sachbearbeiterin ewigen Dank, sondern auch den Medien ARD (Panorama), ZEIT ONLINE und DIE ZEIT, die mit ihren Recherchen unzählige Beweismittel zutage förderten und so erst der entsprechende Druck auf die Behörden ausgelöst wurde. Ein Druck, der von innen heraus vielleicht gar nicht entstanden wäre. Denn das deutsche Finanzministerium wird es schwer haben, eine derartig grenzenlose Unfähigkeit, noch dazu über so einen immens langen Zeitraum, zu erklären. Die politische Verantwortung übernehmen will natürlich erst recht niemand.

Warum? Nun, dazu muss man wissen, dass etliche „Finanzexperten“, die in diese Causa involviert sind, in der Vergangenheit der Regierung bei der Finanzgesetzgebung beratend zur Seite standen und so einerseits die Voraussetzungen für eigentlich strafbare (jedenfalls im Nachhinein betrachtet) Vorgänge legitimiert wurden oder zumindest Schlupflöcher in der Gesetzgebung ungehindert den Landtag passieren konnten. Insofern ist auch heute noch zu befürchten, dass genau diese Gesetze die Akteure vor allzu strenger Strafverfolgung schützen könnten. Der Deutsche Bundestag hat hierzu Untersuchungsausschüsse eingerichtet. Der „Cum/Ex-Untersuchungsausschuss“ legt seinen Abschlussbericht am 23.Juni 2017, um 11:55 Uhr vor. Eine Live-Übertragung der Debatte wird vom Deutschen Parlamentsfernsehen (www.bundestag.de) im Internet ausgestrahlt. Quelle: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw25-de-cum-ex-bericht/509824

Eine Übersicht zur Arbeit des 4.Untersuchungsausschusses ist hier zu finden: https://www.bundestag.de/ausschuesse18/ua/4untersuchungsausschuss

Wie aber soll man die Täter und Profiteure bestrafen?

Wie die Justiz mit dieser Causa umgehen wird bleibt vorerst offen. Allerdings gibt es eine Form der Bestrafung, die sämtliche Beteiligte, bis hin zu den Investoren, dort trifft, wo es ihnen am meisten wehtut – beim Geld und beim Ansehen. Ächtung ist eine Form der Bestrafung mit jahrhundertealter Tradition. Heutzutage nennt man dies Sanktionen. Dabei wird jedes Geschäft mit diesem Personenkreis abgelehnt. Egal ob jemand im Supermarkt einkauft, eine Immobilie erwerben will oder Essen geht. Diese Person wird höflich darauf hingewiesen, dass sie in diesem Geschäft unerwünscht ist. Auf der anderen Seite können Konsumenten durch den Boykott von Produkten und/oder Dienstleistungen von Unternehmen dieses Personenkreises Umsatzeinbußen herbeiführen. Leisten einzelne Beteiligte aktiv Schadenswiedergutmachung und beteiligen sich an der Aufklärung, sind sie vom Boykott ausgenommen. Medien und Soziale Netzwerke könnten hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Nur so ein Gedanke…

Seit 2012 ist in Deutschland die Möglichkeit für derartige Geschäfte zwar rechtlich unterbunden, trotzdem bleiben Fragen offen: „Was ist noch nicht entdeckt?“ „Ist der Schaden nur auf Deutschland beschränkt?“ „Welche Auswirkungen entstehen für die Volkswirtschaft/en bzw. den Finanzmarkt Europa?“ „Wie korrupt ist der Börsenmarkt tatsächlich?“

Details zu diesem Skandal sind hier nachzulesen:

ZEIT ONLINE - http://www.zeit.de/2017/24/cum-ex-steuerbetrug-steuererstattungen-ermittlungen/komplettansicht

ZEIT ONLINE - http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-04/cum-ex-skandal-steuerhinterziehung-koalition-untersuchungsausschuss

ZEIT ONLINE - http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-05/cum-ex-skandal-steuerskandal-union-spd-aufklaerung

ARD/Panorama: http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/Milliarden-aus-der-Staatskasse-Auf-der-Spur-der-Steuerraeuber,cumex118.html

Die kriminelle Energie der Finanzwelt

Es ist nicht alleine dieser Skandal, der die Finanzwelt in ein schiefes Licht rückt und zu einem anhaltenden Kriminalschauplatz macht. Wir erinnern uns an einige:

2008 Bankenkrise – die von den USA ausgehende Krise hat globale Ausmaße. Banken gehen weltweit in Konkurs oder können gerade noch von ihren Heimatländern gerettet werden. Ganze Volkswirtschaften geraten in diesem Strudel an ihre Existenzgrenzen. Nur mit Müh und Not können Folgen für die Bevölkerung, ähnlich wie 1929, verhindert oder zumindest abgemildert werden, auch wenn unzählige Menschen ihr Vermögen samt Hab und Gut verloren haben. Wir zahlen alle heute noch an den Reparaturmaßnahmen. Trotzdem rutschten Unternehmen in die Pleite, weil sie sich nicht mehr wie gewohnt und langfristig geplant, finanzieren konnten. Dies u.a. führte zu einem riesigen Anschub bei der Arbeitslosigkeit, die bis heute anhält. Allgemein wurden Kreditlinien drastisch reduziert, wodurch der Konsum – Antriebsmotor der Wirtschaft – ins Stocken geriet. Einzig gut weggekommen sind – die Banken. Sie wurden über den Umweg der staatlichen Unterstützung vom Steuerzahler aufgefangen. Warum? Weil ohne Banken eine Geldwirtschaft undenkbar wäre.

1991/92 bis heute – groß angelegter Steuerbetrug in Deutschland

2016/April – Panama Papers. Es ist zwar ein offenes Geheimnis, dass es Regionen auf dieser Welt gibt, die man umgangssprachlich Steuerparadiese nennt. Für manche Staaten war und ist dies sogar ein primäres Geschäftsmodell. Hinz und Kunz war nur nicht bewusst, wie professionell und in welchen Dimensionen diese Geschäfte ablaufen. Einem Whistleblower war es zu verdanken, dass aus der Anwaltskanzlei Mossack Fonsecka rund 11,5 Millionen Dokumente ihren Weg zu Journalisten und infolge zu den Behörden fanden. Und wieder waren es die Banken, die „Anlegern“ den Weg ebneten. Andere Kanzleien existieren weltweit jedoch weiter. Geändert hat sich praktisch – nichts. Mehr dazu: https://panamapapers.icij.org/ (engl.)

Aktuell – in den USA wurde auf Vorgabe des Präsidenten Donald Trump, vom Repräsentantenhaus eine Gesetzesvorlage betreffend die Deregulierung der Wall Street verabschiedet.  Dies würde eine Aufhebung des „Dodd-Frank“-Reformpakets und eine Rückkehr zu einer Gesetzgebung bedeuten, die die Finanzkrise von 2008 erst ermöglichte. Auch wenn dieser Entwurf im Senat keine allseitige Zustimmung findet, steht zu befürchten, dass es zu gesetzlich verankerten Lockerungen, also einer „Light“-Variante kommen könnte. Mehr dazu: http://www.handelsblatt.com/politik/international/wall-street-us-republikaner-billigen-umfassende-banken-deregulierung/19911468.html

Nachdem Europa – gedrängt durch Donald Trumps Politik – ohnedies gefordert ist, ein echtes europäisches Bewusstsein zu entwickeln, liegt es nahe, auch für die europäische Finanzwelt einen neuen Existenzrahmen zu entwickeln. Im konservativen Sinne anhand der bisherigen Erfahrungen, müsste eine strikte Neuregulierung von Bankgeschäften bedeuten:

Schaltergeschäfte und Kreditwesen gelangen zu 100% unter staatliche Kontrolle. Banken werden zu Dienstleistern gegenüber dem Staat und der Bevölkerung, deren Aufgaben im Wesentlichen nur noch darin bestehen, den Geldverkehr und die Kreditvergabe abzuwickeln. Nationalbanken, Banken- und Finanzmarktaufsichten überwachen alle Finanztransaktionen. Zinsmodelle werden an die Inflation gekoppelt. Geld bekommt wieder seine ursprüngliche Bedeutung zurück – Tauschmittel im Warenverkehr und Handel.

Aktien-, Anleihen- und Wertpapierhandel werden rudimentiert. Spekulative Finanzinstrumente wie Optionen, Derivate usw. erhalten keine Zulassung mehr. Anleger investieren direkt oder in Investitionsbündel (ähnlich Fonds, zwecks Diversifikation) und werden über Dividenden für ihr Engagement belohnt. Kurswerte könnten über einen „natürlichen“ Rahmen begrenzt werden, der sich beispielsweise aus den Fähigkeiten: positive Erträge zu erwirtschaften (Bilanzen), gerecht entlohnte Arbeitsplätze zu schaffen (Rankingprinzip), Umwelt- und Energieauflagen zu erfüllen, errechnet.

Natürlich ist dieses Modell Wunschdenken und nicht einmal annähernd durchdacht. Fakt ist jedoch, dass die Macht der Banken, respektive die der gesamten Finanzwelt, stark reduziert und gleichermaßen begrenzt werden muss. Regulative Gesetze alleine reichen dazu schon lange nicht mehr aus, werden sie doch – wie zuletzt wieder erwiesen – den Erfordernissen angepasst von starken Finanzmagnaten mitgestaltet. Die Finanzwelt bestimmt so in hohem Maße die Korruption in der Politik und damit die Gesetzgebung, sowie über „Leben und Tod“ von Wirtschaftsteilnehmern und somit über unser aller Wohlergehen. Sie diktiert indirekt „Wert und Unwert“ über Marketing und Werbung und verleiht Begriffen wie „Armut“ und „Reichtum“ ihre eigentlichen Dimensionen.

Finden wir keine Wege diese „goldene Mauer“ zu durchbrechen, wird Geld und Geldeswert immer unsere Geißel bleiben. Europa hat schon einmal bewiesen, dass ein „Eiserner Vorhang“ kein unüberwindbares Hindernis sein muss.

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