Ob all der Euphorie, die „Schurken“ aus Politik und Wirtschaft endlich einmal in flagranti ertappt zu haben, sollte auch die Seite der Aufdecker überprüft werden. Sämtliche in das Geschehen eingebundene Medien und Journalisten versichern glaubhaft, die geleakten Daten gewissenhaft überprüft und quergecheckt zu haben. Sprich, mit Daten aus anderen Quellen abgeglichen zu haben. Trotzdem bleibt eine ganze Reihe von Fragen offen.

Die Quelle – bekannt ist bis jetzt nur, dass die Daten angeblich im August 2015 von einem unbekannten Gönner, der US-Journalisten-Organisation ICIJ und der Süddeutschen Zeitung (SZ) digital zugespielt wurden. Wie bereits kolportiert, handelt es sich um rund 2,6 TByte an Daten, die heutzutage bequem auf eine moderne Festplatte passen. 11,5 Mio. Dokumente zu 214.000 Briefkastenfirmen sollen es sein. Um eine Zeitspanne von etwa 40 Jahren geht es. Knapp ein Jahr wurden diese Daten von einem internationalen Journalistenteam ausgewertet. Die Quelle war in dieser Zeit noch bis Ende 2015 aktiv(!). Selbst wenn es nur allzu verständlich ist, dass Journalisten ihre Quellen schützen müssen, wäre ein wenig mehr an Information zur Quelle wünschenswert. Handelt es sich um einen Insider aus der gehackten Kanzlei? Oder steckt eine von Idealen getriebene Hackergemeinde á la Anonymus dahinter? Von welchem Motiv wurde der Hacker angetrieben? Wie kam es dazu, dass ausgerechnet diese Kanzlei ausgewählt wurde?

Der Hack – dieser beschränkt sich rein auf die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca. Angeblich eine der größten Kanzleien auf dem Gebiet der Briefkasten-Unternehmensgründung, mit 35 Niederlassungen rund um den Globus. Interessant an dem Hack ist der Zugriff auf Daten, die auf eine Zeit vor der EDV-Verarbeitung zurückreichen. Selbst wenn Papierarchive im Laufe der Jahrzehnte digitalisiert wurden, sollte man annehmen, dass diese auf externen Sicherungsbändern lagerten, da sie für das Tagesgeschäft kaum noch von Interesse gewesen sein dürften. Unwahrscheinlich erscheint es auch, dass all diese Daten zentral organisiert waren. Der Hack müsste also über einen verhältnismäßig langen Zeitraum und an internationalen Standorten stattgefunden haben, um die sagenhafte Zahl von 11,5 Mio. Dokumenten zusammenzutragen. Die Motivation muss also extrem hoch gewesen sein. Dazu kommen Insiderwissen über die Kanzlei und die technischen Ressourcen, den Hack durchzuführen.

Das Motiv – es scheinen edle Beweggründe zu der Tat geführt zu haben, werden doch westliche Finanzämter einiges an Steuern nachkassieren können. „Böse“ Politiker geraten ins Rampenlicht, wovon der eine oder andere wohl zurücktreten wird müssen. Angesichts der wirtschaftlichen Anspannung in Europa, wird diese Causa zu einer Pranger-Show, die der Bevölkerung vorübergehende seelische Erleichterung verspricht. Was aber wenn…?

Die Daten – betrachtet man die bisher veröffentlichten Informationen, springen einem sofort einige Auffälligkeiten ins Auge. Der Kreis der „Bösen“ beschränkt sich praktisch auf Personen, die ihren Lebensraum in Europa, dem Nahen Osten, Russland und China haben. Aus den USA wird offensichtlich niemand genannt, was angesichts der dort ansässigen Hochfinanz zumindest verwundert. Auch Lateinamerika scheint nicht vertreten, obwohl sich dort wesentliche Zentren der Drogenkriminalität befinden. Die Journalisten benennen bis dato nur Menschen des öffentlichen Lebens. Eine subtile aber massive Keule wird gegen Russlands Präsidenten Putin geschwungen.

Verdacht der Manipulation? – wer sich mit Betrug und Manipulation auseinandersetzt weiß, dass sich Lügen am besten in der Wahrheit verbergen lassen. Bestätigen sich nur genügend Fakten, macht dies die weniger oder gar nicht beweisbaren Daten glaubhafter. Hier kommt wieder das Motiv des Hackers ins Spiel. Wie wir mittlerweile alle wissen dürften, betätigen sich Geheimdienste, insbesondere amerikanische, gerne auf dem Gebiet der Manipulation. Eines der besten Beispiele dazu war wohl der Grund für den Irak-Krieg. Dass Russland durch seine Intervention in Syrien weltweit viel Anerkennung fand, und seiner Rückkehr auf die Weltbühne, bedroht natürlich auch die wirtschaftlichen Interessen der USA. Ein guter Grund, Putin in der Öffentlichkeit zu diskredidieren, ohne selbst den Finger zu erheben. Dieser Faden lässt sich gut weiterspinnen. Es entsteht so zumindest der Verdacht, dass die Daten vielleicht in manipulativer Absicht „bearbeitet“ wurden. Die Gier der Medien auf brisantes Material, macht diese Geschichte dann zum Selbstläufer. Die Selektion, was wann veröffentlicht wird, sorgt obendrein für ein verzerrtes Bild.

Die Medien werden sich diesbezüglich noch viele Fragen gefallen lassen müssen, ist doch die Beschaffung der Daten alleine schon auf einen kriminalen Akt zurückzuführen. Wir dürfen gespannt sein, welche Entwicklung diese Story noch für uns bereit hält.

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Julian Tumasewitsch Baranyan

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Watzlawick

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