Vieles hat sich verbessert, aber vieles könnte besser sein. Wenn man richtig erziehen wollte, müsste man in die Zukunft sehen können, und die wäre anders, wenn man richtig erzogen hätte. Aber schon Freud wusste: es geht nicht. Der Grund ist: es gibt nur kleine Wahrheiten, keine großen, aber weil so viele Menschen lügen, wollen sie gern glauben, dass es umgekehrt sei.

Die Nordkoreaner wurden vom Großvater des heutigen Diktators dazu aufgefordert, hinter jedem Baum einen Japaner oder Nordamerikaner zu vermuten. Die Einhaltung dieses Gebots erklärte den absoluten Stillstand der nordkoreanischen Gesellschaft bis auf den heutigen Tag. Allerdings gibt es jetzt erste Aufbrüche.

Wir haben nicht zu viele Bäume, hinter denen vermeintliche Feinde stehen, sondern wir haben zu viele Regeln, die uns hindern, initiativ zu sein. Je mehr Regeln wir uns gegeben haben, desto mehr Supervisionäre brauchten wir und haben wir erhalten. Aber Supervisionäre sind nicht nur keine Visionäre, sondern das Gegenteil. [Und um dem dummen Satz von Helmut Schmidt zu widersprechen, von dem allerdings keiner weiß, warum und in welchen Zusammenhängen er ihn sagte, und witzige Sätze müssen nicht richtig, noch nicht einmal gut sein, muss man nur Willy Brandt und Helmut Schmidt vergleichen.] Um zu zeigen, was Bürokratie kann, aber was sie auch nicht kann, folgt nun

DAS GROßE FACEBOOK GLEICHNIS

Im Jahre 2015 kamen nach Deutschland über eine Million Flüchtlinge, von denen eine halbe Million als Asylbewerber blieben, von denen ein nicht genau bestimmbarer Anteil nach geltendem Recht anerkannt werden wird, ein anderer Teil wird geduldet oder abgeschoben. Die Ämter waren heillos überfordert. Als Beispiel für eine katastrophale Überforderung mag das Berliner LAGESO, Amt für Gesundheit und Soziales stehen. Bürger und Wohlfahrtsorganisationen mussten ihm zu Hilfe eilen. [Dass die Berliner Verwaltung insgesamt ihre Aufgaben nicht mehr lösen kann, sieht man vor allen Bürgerämtern, und dort stehen nur die dringlichen Fälle, die anderen haben online Termine in den nächsten Wochen und Monaten.]

Zehntausend jugendliche unbegleitete Flüchtlinge sind verschwunden. Die sechzehn Bundesländer und die Bundespolizei haben verschiedene Erfassungssysteme mit nicht kompatibler Software. Obwohl allen Flüchtlingen mehrfach und in allen Ländern Fingerabdrücke abgenötigt werden, sind diese nicht vergleichbar, Flüchtlinge sind also nicht verfolgbar. Die wenigen kriminellen Flüchtlinge werden also nicht von einer perfekten Polizei verfolgt, sondern sie erleben den gleichen Schlendrian wie in ihren Herkunftsländern, nur besser aussehend. Im besten Fall, und das ist der schlechteste Fall, wird der tatsächliche Delinquent erschossen. Papiere liegen monatelang in Erstaufnahmebüros. Namen werden in Varianten geschrieben, so dass sich Leistungen oder Identitäten verschleiern können.

Es gibt nur wenige böse Sätze, aber einer, der gleichzeitig auch noch dumm ist [aber ist nicht alles Böse dumm?], lautet: AMTSSPRACHE IST HIER DEUTSCH. Nein, wir sind hier in Europa und alle Bürokraten haben einen Hochschulabschluss. Zudem können Ämter gar nicht sprechen. Menschensprache ist Empathie oder umgekehrt! Überfüllte Ämter sind überfordert. Der Profiteur ist die immer die selbsternannte Alternative, wenn man sein Modell als alterativlos bezeichnet. Solche selbsternannten Alternativen preisen das Gestern als Lösung.

Statt dieses gestrigen Verhaltens hätte man [und könnte man bei der nächsten Krise] moderne Medien und Methoden anwenden können.

Jeder Flüchtling, der in Europa ankommt, erhält ein Smartphone mit einem Facebookprofil, das zu seiner Sicherheit durch fingerprints unterfüttert wurde. In dem Telefon befindet sich auch ein Wörterbuch seiner Herkunftssprache, das dann jeweils auf die Sprache des Aufenthaltslandes umgestellt wird. Damit haben auch die Flüchtlinge mit eher seltenen Sprachen wie Tigrinya, Urdu, Somali, Farsi oder Deri eine bessere Chance der Verständigung. Flüchtlinge wie Bürokraten haben Sicherheit durch ein Medium, das sie bestens beherrschen, statt in Methoden herumzutappen, die sich selbst überholt haben.

Das ist keine Vision, das ist verpasste Wirklichkeit. Als 1990 ein ganzes Land mit fünfzehn Millionen Einwohnern mit Geld und Waren des täglichen Bedarfs, einschließlich der Südmilch aus Stuttgart, versorgt wurden, war das auch kein Wunder und keine Vision, sondern Wirklichkeit eines oft verschmähten und gescholtenen Kapitalismus. Eine Flotte von blauen Mercedeslastern setzte sich nachts in Bewegung und am nächsten Morgen erwachte ein Land in einem andern Land und konnte zwischen Südmilch und Nordmilch wählen. Ein Denkmal davon findet sich in der Berliner Brunnenstraße als Inschrift. Dieses Haus, steht da, stand früher in einem anderen Land, aber der Glaube der Menschen kann Berge und Häuser versetzen.

So hinken eine Schule, eine Bürokratie und ein ganzes Land hinter sich selbst her, weil sie den Glauben an sich, der einmal ihr Markenzeichen war, verloren haben. Fast zehn Prozent von uns folgen einer obskuren Sekte, die wie alle rechts- und linksextremen Parteien oder Gruppierungen nur ANTI und NEIN und GESTERN zu bieten haben. Die restlichen neunzig Prozent sind erstarrt wie das Kaninchen vor der Schlange. Wollen wir nicht endlich die Fernseher ausschalten, um dieses unsägliche Gemisch von Pertry, Wagenknecht und Böhmermann nicht mehr ertragen zu müssen?

In Bhutan ist, nach dem damals siebzehnjährigen König, das Bruttonationalglück Hauptparameter des wirtschaftlichen und sozialen Handelns. Aus bösen Diktaturen Afrikas fliehen freundliche und fröhliche Menschen, und sie tun gut daran, einer Politik zu entkommen, die sie mit Sicherheit unglücklich machen wird. Aber ob sie hier glücklich bleiben? Denn was tun wir? Wir runzeln die Stirnen und haben Angst vor unseren eigenen Initiativen. Die kleinen Städte, statt sich über Kinder, Jugendliche und junge Menschen mit guter Laune zu freuen, übergeben sich ihren Bedenken und Gebrechen. Wir sind ein Land geworden, in dem die wichtigsten Botschaften in der APOTHEKENRUNDSCHAU stehen. Obwohl ein Drittel von uns an Adipositas leidet, haben wir Angst, dass uns jemand etwas wegessen könnte.

In der deutschen Schule wird um Zensuren und Rechtsvorschriften, Punktesysteme, siebzig Schultypen und seit zwanzig Jahren über das Abitur gestritten. In Berlin wachen fünfzig Schulräte darüber, dass es keine klagenden Schüler gibt.

Es geht mir gut, es geht mir eigentlich immer gut, singt AnnenMayKantereit. Wann singen wir endlich wieder mit? Und wann trauen wir uns wieder Visionen zu statt nur Supervisionen.

Das GROSSE FACEBOOK GLEICHNIS folgt einer Idee Caspar David Stordeurs. Danke.

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sisterect

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 08.05.2016 22:47:20

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