Was wir wollen, ist das, was die anderen haben, das wollen wir gefälligst auch haben. Weil wir ganz genau wissen, dass das, was die anderen haben und wir leider noch nicht haben, uns wirklich fehlt, und wenn wir es hätten, das, was die anderen haben und wir nicht, wir ein total schönes Leben hätten und glücklich wären. Wir wissen das nicht, weil wir es selbst erfahren haben, denn das würde ja bedeuten, dass wir das, was wir da unbedingt wollen, bereits hätten. Nein, wir wissen das, weil die anderen den Eindruck erwecken, mit dem, was sie haben und wir nicht haben, sehr glücklich zu sein. Zumindest erzählen sie uns das oder lachen uns von Plakaten mit den Dingen, die wir gerne hätten, an. Natürlich kann man nicht alles, was die anderen haben und wir leider noch nicht haben, bekommen. Bekommen kann man nur all die Dinge, die von den anderen zum Verkauf angeboten werden. Was nicht angeboten wird, kann man nicht kaufen. Das müsste man stehlen, dann kann man es auch haben. Dann wäre man aber ein Dieb und Räuber, und das sind wir natürlich nicht, das sind immer die anderen.

Alles, was aber angeboten wird und was wir brauchen, um glücklich zu sein, kann am legalen Weg erworben werden. Weil es immer jemanden gibt, der etwas hat, das er nicht, du aber schon brauchst. Wenn du jetzt etwas hast, das die anderen brauchen und du hast, dann ist das ein absoluter Glücksfall. Wichtig dabei ist, dass du den Anschein erweckst, dass das, was du nicht mehr brauchst, glücklich macht, nicht dich, sonst würdest du es ja noch brauchen, aber den anderen, der seinerseits etwas hat, was dich angeblich glücklich macht. Das wäre an und für sich eine schöne Sache. Dummerweise gibt es aber viel mehr Dinge im Angebot, als wir tatsächlich brauchen.

Um Dinge loszuwerden, die wir nicht brauchen und uns auch gar nicht leisten können, muss man etwas dafür tun. Bedürfnisse erwecken, also lügen. Und weil wir das ja wirklich gut können, uns gegenseitig etwas vorlügen, kann unsere Wirtschaft so richtig blühen. Und wenn die Wirtschaftsdaten Blüten treiben, dann erblühen natürlich auch Sie und ich. Denn: »Geht es der Wirtschaft gut, dann geht es uns allen gut.« Und das ist ein wahrer Satz, denn wenn es der Wirtschaft so richtig gut geht, dann geht es wirklich allen gut. Also wirklich allen. Dem Einzelnen hingegen oft nicht so.

Also, falls Sie zur Zeit ein wenig unrund sind, weil’s gerade nicht so toll für Sie läuft, Sie unter Verdauungsproblemen leiden, Ihnen die Magensäure fallweise bis in den Rachenraum hochklettert, Sie Einschlafstörungen haben, schweißgebadet nachts aufwachen, Ihnen immer öfter die Luft zum Atmen und der Raum für Sie selbst fehlt, die Scheidung bereits hinter sich, den Burnout aber knapp vor sich haben, in Ihrem Dasein immer weniger Sinn, aber umso mehr Frust erkennen können, dann ... jammern Sie nicht. Denken Sie nicht immer nur an sich, an Ihr persönliches Wohlbefinden und Ihr Lebensglück, Sie Egoschwein, Sie. Da geht’s nicht immer nur um Sie, da geht’s auch um die Wirtschaft, da geht’s um Arbeitsplätze, möglicherweise auch um Ihren!

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Claudia Tabachnik

Claudia Tabachnik bewertete diesen Eintrag 24.02.2016 12:05:32

Monikako

Monikako bewertete diesen Eintrag 23.02.2016 11:33:42

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