Für alle im Namen von Liebe und Menschlichkeit verratenen Kapitäne
Angeheuert haben wir alle freiwillig, wir, die Crew, der Merry Lou. (Ihr könnt das Schiff auch gerne anders taufen, es reimt sich nur so schön.)
Sie ist nun nicht gerade ein Flagship oder ein Nobelkreuzer gewesen, die Merry Lou, sie war ein Motorsegler mittlerer Größe. Wir sind gemütlich mit ihr durch die Gegend geschippert. Die Touristen, die mit uns die Touren durch den Hafen gemacht haben, waren immer zufrieden und haben oft Trinkgeld gegeben.
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Danke!
Dann haben sie den Kapitän abgeholt. Manche sagen, sie haben ihn standrechtlich erschossen, mache sagen, sie haben ihn nur unehrenhaft entlassen, weil er den falschen Kurs eingeschlagen hat. Wir wissen es nicht.
Und dann ist der neue Kapitän gekommen. „Ein Sanierer“, hat der Admiral ganz stolz verkündet, und wir sind ehrfürchtig salutierend an Deck gestanden und haben unverständlichen Worten gelauscht. Er hat irgendwas von „jetzt wird alles besser“ oder so gesagt, der Admiral. Aber es ging uns doch gut?
Geblieben sind wir alle freiwillig, wir, die Crew der Merry Lou.
Der neue Kapitän befahl die Segel zu setzen. Es war gegen abend und wir sahen einander ungläubig an und schüttelten verdutzt die Köpfe: „Wir sind bisher immer nur mit dem Motor gefahren, Segel setzen können wir nicht“, wagte ein Mutiger. „Dann wird es Zeit, dass ihr es lernt“, antwortete der Kapitän ganz ruhig und freundlich und dann kommandierte er: „alle Mann an die Schoten und Leinen los!“
Es muss komisch ausgesehen haben von der Pier aus, als wir alle durcheinander gelaufen sind und uns bemüht haben mit dem vielen Tauwerk nicht übereinander zu fallen.
Doch dem Kapitän war es erst. Wir sollten segeln lernen - jetzt.
Und wir lernten das Segeln und – noch viel mühsamer - das miteinander Segeln, was noch mal was ganz anderes ist.
Wir mussten lernen aufeinander zu hören und bei allen Eifersüchteleien und Unterschiedlichkeiten einander zu respektieren. Denn die Aufgabe des Maates und die des Koches und die des Offiziers und die des Matrosen waren alle wichtig und keiner wurde bevorzugt, was uns allen nicht passte.
Dann ist er gekommen, der Tag, an dem wir mit den Touristen hinaus gefahren sind, ganz weit, viel weiter, als wir je gewesen waren. Und es hat funktioniert. Und es hat begonnen Spaß zu machen, das Segeln, das Miteinander.
Wir sind dann fünf Tage die Woche rausgefahren auf die stürmische See und die Merry Lou hat geächzt im Gebälk und wir haben Schwielen an den Händen bekommen und sind todmüde in unsere Kojen gefallen, draußen auf offener See. Die Segel haben wir zum Teil abenteuerlich geflickt und der Motor ist auch nicht immer angesprungen, wenn es eine Flaute gegeben hat. Die Planken haben wir rasch mal mit Meerwasser gespült und fertig. Und die Touristen sind von ganz weit her gekommen nur um mit uns hinaus zu fahren.
Dann haben sie den Kapitän abgeholt. Manche sagen, sie haben ihn standrechtlich erschossen, mache sagen, sie haben ihn nur unehrenhaft entlassen, weil er den falschen Kurs eingeschlagen hat. Wir wissen es nicht.
Und dann ist der neue Kapitän gekommen. „Ein Sanierer“, hat der Admiral ganz stolz verkündet, und wir sind ehrfürchtig salutierend an Deck gestanden und haben unverständlichen Worten gelauscht. Er hat irgendwas von „jetzt wird alles besser“ oder so gesagt, der Admiral. Aber es ging uns doch gut?
Geblieben sind wir alle freiwillig, wir, die Crew der Merry Lou.
Der neue Kapitän befahl die Merry Lou zu putzen. Es war gegen abend und wir sahen einander ungläubig an und schüttelten verdutzt die Köpfe: „Wir sind bisher immer nur gesegelt, putzen können wir nicht“, wagte ein Mutiger. „Dann wird es Zeit, dass ihr es lernt“, antwortete der Kapitän ganz ruhig und freundlich und dann kommandierte er: „alle Mann an die Eimer und Scheuern los!“
Es muss komisch ausgesehen haben von der Pier aus, als wir alle durcheinander gelaufen sind und uns bemüht haben mit den vielen Kübeln und Schrubbern nicht übereinander zu fallen.
Doch dem Kapitän war es erst. Wir sollten das Schiff putzen - jetzt.
Die Merry Lou liegt nun im Hafen und wir putzen den scheiß Kahn und pinseln ihn an, denn sie soll ein Nobelkreuzer werden, mit auf Hochglanz polierten Planken mit Bordbar und Tanzsalon und solchen Sachen.
Und irgendwann kommt der Tag, an dem wir mit den noblen Touristen, die ganz viel Geld dafür bezahlen, rausfahren werden. Vielleicht wird es Spaß machen.
Und irgendwann kommt der Tag, an dem holen sie den Kapitän ab. Manche werden sagen, sie haben ihn standrechtlich erschossen, mache werden sagen, sie haben ihn nur unehrenhaft entlassen, weil er den falschen Kurs eingeschlagen hat. Wir werden es nicht wissen.
Und dann wird der neue Kapitän kommen. „Ein Sanierer“, wird der Admiral ganz stolz verkünden, und wir werden ehrfürchtig salutierend an Deck stehen und noch immer nicht verstehen, wie das Gute besser werden soll. Und der neue Kapitän wird befehlen und es wird lustig aussehen, von der Pier aus.
Und wahrscheinlich werden wir alle bleiben, freiwillig, wir, die Crew der Merry Lou.
Vielleicht ist es ja falsch gewesen, dass es die Natur eines Segelschiffes sei zu segeln. Wir haben es halt geglaubt, weil es irgendwann angefangen hat Spaß zu machen, das Fliegen über die offene See.
Leicht wird es nicht sein, dieses Gefühl aus unseren Köpfen und Herzen zu bekommen.