. Monolog des Vorarbeiters.

Also, sagte er, da hat ein Jeder einen Korb, jeder einen Besen, der Kurze dort kriegt einen kleinen Besen für die Sitze. Unterschreibt’s da und dann gehen wir zu den Waggons. Also nicht, dass ihr glaubt, ihr könnt da rasten, euch billig zwei Hunderter verdienen, ihr werdet schon schauen. Euch wird nicht fad, zum Hackeln gibt es genug.

Los geht’s. Dort die Waggons, die zwei Gleise voll mit den Waggons gehören euch. Mistkübel in den Abteilen und auch die im Wagengang ausleeren, der Kurze kehrt dann die Bänke ab und der Lange mit dem Besen kehrt die Abteile aus. Nicht umgekehrt, immer die Reihenfolge einhalten, Mistkübel, Bänke, Boden, ist das im Hirn?

Also einsteigen die Herrschaften. Ihr seid noch Lehrlinge, na ja, wir sollten euch gar nicht nehmen, aber die Jugo wollen nicht, die brauchen immer eine Pause, stellt’s euch das vor, die brauchen eine Pause. Wovon bitte, die zahn do nur owe, die schwitzen nicht. Die haben doch in ihren Hütten in Jugoslawien genug Pause gemacht. Ach vergesst es.

Wenn so ein Überzug an den Kopfstützen, schief sitzt, müsst ihr ihn richten, klar? Und wenn ein Überzug dreckig ist, fahren ja doch mehr Schweinderln herum als man glaubt, dann holt ihr euch einen frischen Überzug dort drüben in der Hütte. Und du, ja du, ohne Besen, du leerst die Körbe dort in den Wagen. Nein, du brichst schon nicht zusammen, das machen auch die Jugofrauen, also kannst es auch.

Glaubt nicht, dass ich euch nicht sehe, ich sehe euch arbeiten und herumstehen und ich mache euch Füße, ich bin für die Arbeit verantwortlich, ich, ja schau mich nicht so blöd an, ich bin Vorarbeiter bei der Wagenreinigung. Ich habe nichts lernen können so wie ihr, aus der Schule raus zum Kohletragen, zum Hilfsarbeiter geboren, ohne Zukunft schon im Geburtskanal, ein Armutschkerl, aber was versteht ihr denn schon. Was wisst ihr schon von Gestern.

Warum seid ihr da, wegen der vierhundert Schillinge für die zwei Tage, wozu braucht ihr das Geld, ha, zum verjuxen. Ich habe zwei Kinder zuhause, eine Frau und eine zu kleine Wohnung und mein Lohn, ja ich bin nochLohnbediensteter, ist noch kleiner als die Wohnung, darum bin ich auch hier. Sieben Tage die Woche, nur einmal an einen Samstag nehme ich frei, einmal im Monat. Glaubt mir, ich würde gerne meine Beine unter den Küchentisch stellen, die Füße in ein Wandl und die Zeitung lesen, aber dann ist am Zwanzigsten Sense mit dem Geld.

Schau mich nicht so an, die zehn Rollen Klopapier gehen niemand ab und ich brauche keines kaufen, ich mag nicht mehr mit der Zeitung wischen, verstehst? Aber was wisst ihr, wer von euch hat den noch mit dem Zeitungspapier seinen Arsch gewischt? Die Druckerschwärze zwischen den Backen, in der Unterhose, zum Grausen.

Das ist schon gut so, Langer. Ein bisserl mehr Tempo und pass auf die Körbe auf, handgeflochten, aber was weißt denn du von handgeflochten. Ich war im Krieg, ja schau nicht so, ich war im Krieg und sah den Russinnen beim Flechten zu, eine Hundsarbeit sage ich euch. Die hatten ihre Hände zerstochen, den Rücken gekrümmt und ein schwarzes SS-Arschloch hat sie geprügelt. Ich mag nicht zurückdenken.

Schlosser lernt ihr, Maschinenschlosser, ja die Besseren von morgen leeren heute den Mist aus, kehren die Bänke ab, in fünf Jahren seht ihr einen wie mich gar nicht mehr, geht an mir vorbei als gäbe es mich nicht. Beutel nicht den Kopf, es ist so, es wird so sein und stellt euch vor, es macht mir gar nichts aus.

Bei den Übergängen kehrt den Dreck einfach in den Spalt, er fällt runter und auf dem Gleis ist das wurscht, da liegt soviel herum an Mist, niemand stört es. Ich hab es mal gemeldet, der Einteiler hat gesagt, ja ja ist schon gut Anton. Ich heiß Anton, habe ich das schon gesagt, nein, auch egal.

Pause ihr Chorknaben. Hat wer Zigaretten? Komm gib mir eine. Eine Dreier, gehst deswegen putzen, damit du Smart rauchen kannst? Die Dames mag ich nicht, die sind so süß. Warum sagst du, bist du da beim Mist?

Deine Mutter hat einen Kredit wollen und jetzt muss sie Strafe zahlen weil sie die Schulden beim Greißler nicht gesagt hat, ja das sind Lumpen in den Kreditbüros. Aber warum habt’s ihr Schulden? Deine Mutter sauft, mein Gott, mein Vater hat auch gesoffen und wegen ihm bin ich da im Dreck gelandet. Pass auf, dass du nicht auch hierher kommst, wenn du nämlich hier bist, kommst nicht mehr weg und alles was du von Jugoslawien kennen wirst ist der riesige Arsch der Jelena.

Weiter geht’s, auf, auf, nur keine Müdigkeit vortäuschen.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 20.09.2016 00:07:44

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