Nunmehr haben mich vier JournalistInnen um Stellungnahmen zu „Fifty shades of grey“ gebeten und ich habe mich jedes Mal verweigert und an von mir ausgebildete Sexualberaterinnen weiter verwiesen.
Ich habe die Bücher nicht gelesen – mir haben die paar Auszüge in der Tagespresse gereicht: Die Story kitschig wie einstmals Gartenlaube, die Sprache Aufsatzniveau 2. Leistungsgruppe Pflichtschule, der Sexfaktor dürftig – außer man/frau hatte bisher keine Ahnung von der SM-Szene…
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Auch in meinem Klienten- und Bekanntenkreis hatte niemand die Bücher gelesen, ich hatte auch keine Klientin mit derartigen Erfahrungen (außer professionelle Dominas, die wiederum das, was ihre Kunden erzählten, quasi supervidieren ließen, ich habe ja meine Wiener Praxis nächst dem Babylon…) und die paar Männer, die mir berichteten, dass ihnen Frauen devote Unterwerfung angeboten hatten, waren davon abgestoßen. Sie erwarteten „echten“, das heißt in eine emotionale Beziehung eingebetteten Sex ohne „Krücken“. Sado-Maso-Inszenierungen sind ja solche: Sie sollen helfen, in einer abgestumpften Gefühlslandschaft einen Gipfel aufzubauen… Das Problem ist aber die Abgestumpftheit – seltener das Machtsterben: Wie weit kann ich jemand bringen…
Im Märchen läuft das unter „Einer der auszog das Gruseln zu lernen“. Da reicht dann ein unerwarteter Wasserguss samt glitschigen Fischen…
Der italienische Soziologieprofessor und Zeitungskolumnist Francesco Alberoni hat schon in den späten 1980er-Jahren in seinem Buch „Erotik“ darauf hingewiesen: Männer suchten in harter Pornographie Bestätigung ihrer Dominanzsehnsüchte – aus psychoanalytischem Blickwinkel: Identifikationsmöglichkeiten für ein schwaches Selbstbewusstsein. Frauen hingegen bevorzugten Soft Pornos in Hefterlromanen oder TV-Schnulzen und träumten sich schlussendlich einen errettenden Prinzen – egal, welche Bestie er zuvor war, die Heldin wird ihn zähmen. Auch ein Märchenklischee: Die Schöne und das Biest.
Mir geht diese enorme PR-Maschinerie auf den Geist: Dieser fehlt nämlich in diesen Produkten aus Omas Mottenkiste. So ein bisserl Ironie, das wäre reizvoll…
In einer lebendigen Beziehung genügt ein Blick in die Augen des begehrenden Anderen, um von seiner/ihrer Erotik „angesteckt“ – angeturnt – zu werden, aber dazu muss man Zeit haben und halbwegs vital, also ausgeschlafen sein – beides heute eher Seltenheit.