Meine Frau ist nach Hause gekommen. Sie hat mir ein Designer-Schulheft gekauft. A4, türkis mit rosa und orangen Schmetterlingen drauf. Die sind so erhöht, zartes Relief, so glitzernd. Man will drüberstreichen, drüberstreicheln. Das Heft ist liniert und gerahmt. Vorname, Nachname, Adresse, Klasse, Thema. Zwölf Schmetterlinge, vier große, acht kleine. Zuvor hatte sie mich vom Parkplatz unten angerufen, ich solle ihr beim Tragen helfen. Sie arbeitet morgen zu Hause und hat ihren schweren Laptop, das ist wirklich ein Riesentrumm, und viele Akten mit. Und ein 20 kg Hofersackerl. Ich also lauf, okay, also geh schnell, runter.

Unten steht neben der Sonne meine schöne Frau und lacht mich an. „So, Schatzi, schau, das hab ich dir gekauft, ein Designerheft, schön, gell?!“ Ich freu mich wie deppert. Dann hängt sie mir, links und rechts, Computer und Hofer um und sagt: „Wart, das Designerheft nehm ich dir ab, sonst wird’s dir zu schwer.“ Dann lacht sie mit ihrem Mund und ihren Augen, und die Sonne schiebt noch zwei Wolken weg.

Schmetterlinge sind sehr zart, die spüren alles. Einen kalten Kaffee in der Dose hat sie mir auch gekauft. „Da, schau, das trinkst eh so gern!“, sagt meine Frau zwischen Stiegenhaus und wedelndem Hund. Dann stellt sie die schöne, schwarzgoldene Dose in den Kühlschrank. Cool presso, so heißt der, ich hol ihn mir gleich wieder aus dem Kühlschrank raus, und meine Frau sagt: „Ja, tu ihn nur schön trinken, der ist gut, wirst sehen.“ „Der schmeckt mir sehr gut, wie Eiskaffee!“ „Na freilich, sonst wär er ja nicht cool!“, sagt meine Frau und salzt ganz große Hendlhaxerl. Also solche mit Kniekehle und Oberschenkel und Unterschenkel, so gut zum Reinbeißen. Als Beilage macht sie Schwammerlsauce mit Semmelknödel, und ein Apfelstrudel ist auch im Rohr. Das ist jetzt kein Schmäh.

Meine Frau hat mit dem ‚einen Tag essen, einen Tag nichts essen', wieder aufgehört. Seit unserem Urlaub eigentlich. Wenn meine Frau isst, kann ich schreiben. Wenn meine Frau nichts isst, esse ich das Doppelte. Meine Frau schneidet die Schwammerl: „Die waren heute so schön, so frisch, alles weiß, das kannst dir nicht vorstellen, so, jetzt haben wir nur mehr zwei Ziebeln, na ja, das hab ich nicht gesehen, macht nix, das geht sich schon aus.“ Dann hör ich nur mehr ihr Schwammerlschneiden, ganz leise, mit dem kleinen Messer, tak, tak, tak.

Die Geräusche meiner Frau in der Küche, ihr Knicksen und Knacksen, ihr Umrühren im Topf und in den Dingen. Links der Kater auf dem Klavier. Vor mir am Sofa der Hund, die Kimi. Sie fängt Fliegen und versucht, den Kater zu beeindrucken. Er beobachtet sie auch, aber wenn sie wirklich eine fängt, schaut er weg. Der Tommy.

„Schatziii!“, schreit meine Frau. Der alte Herd löst sich auf, die glühenden Stäbe kommen runter. Ich soll sie wieder raufstecken. Da kann ein Geschirrtuch noch so feucht sein, das ist ziemlich heiß. „Wah, heast!“, schrei ich auf und hau mir das zuvor hinter mir abgelegte Apfelstrudelblech ins Kreuz. Das tut sehr weh. „Gott, pass doch auf, der Strudel wär schon gleich runtergefallen!“, sagt meine Frau. „Ja, warum legst auch … wah!“, steck ich patschert die Stäbe, dieses heiße Gitter aus Stäben, dieses depperte, wieder irgendwie rauf, so irgendwie. „Na, steck‘s rauf, so irgendwie halt!“, meine Frau. Ja, ja eh.

Jetzt würzt sie die Schwammerl. Nur beim Würzen wird meine Frau mit dem Kochlöffel lauter. Warum das so ist, weiß ich nicht, es ist so. „Aaah! Gott im Himmel, ich werd narrisch, alles angespritzt, na wurscht, kann man alles wieder waschen, so, bitteschön.“ Meine Frau und der Kühlschrank. Irgendwas schraubt sie jetzt zu, Plastik auf Glas. „Ah so, wart…“ Meine Frau und der Petersil. Meine Frau hat jetzt - das Knie leicht abgewinkelt - ihren rechten Fuß aufgestellt, so ruhend auf den Zehen, wie eine wartende Balletttänzerin.

„So, Mimmu, du kriegst jetzt sofort, reizende Mummu, die Mimmi und die Mammi haben dich lieb, die reizende Mihimiii, die reizende Muhumuuu, komm, wir drehen uns jetzt das perfekte Dinner auf.“, sagt meine Frau zum Hund. Ja, ‚Mimmi‘, mit allen nur erdenklichen Vokalen, ist unsere Kimi, „die Blunzn“. Der Tommy ist der Tommy oder „der Süße“ oder „der Trottel“. Einmal habe ich gefragt, warum sie zur Kimi ‚Mimmi‘ oder ‚Mummu‘ sage. „Ja, weil sie die Mimmi und die Mummu ist!“, lachte meine Frau und wischte mit der Hand über den Tisch. Dann schaute sie zum Fenster raus, schüttelte den kleinen Teppich ein Mal durch und schob mit dem Fuß die Stehlampe zwei Zentimeter weiter nach links, Richtung Holzkatze.

Meine Frau macht mich manchmal wahnsinnig mit ihrem Teppichausschütteln. Einmal hab ich ihre Lieblingspeitsche, den Vorzimmerteppich, in den Keller geräumt. Am nächsten Tag stand ich alleine im Vorzimmer mit einem Gesicht wie in der Erstversorgung im Krankenhaus. Als würde man in einem Orchester die lauten Blechbläser wegtun, so still war es auf einmal. Und gleichzeitig so laut. Merkwürdig. Dann ging ich in den Keller, holte den Teppich und legte ihn wieder auf.

Und jetzt wurde es laut zwischen meiner Frau und mir. Hab mich in meinem Zimmer eingesperrt. Wenn meine Frau und ich laut werden, wird es wirklich laut. Zuerst. Dann wird meine Frau immer leiser - und ich immer lauter. Sie dreht mich wie ein Formel-Eins-Auto bis auf 16.000 Touren, macht ihren Mädi-Blick und: lässt die Kupplung schnalzen. Dann sagt sie: „Die Nachbarn werden sich ja was Schönes denken, wenn du so schreist.“ „Dann sei endlich einmal still und lass mich ausreden!“ „Ich bin still.“ „Bist du nicht!“

Wenn meine Frau viel kocht, bringt sie mich vor dem Essen zum Schreien. Dann ist mein schlechtes Gewissen noch größer. Die Raffinesse. Dann sage ich, dass es mir leid tut. „Wenn du nicht herumschreien würdest, bräuchte es dir nachher nicht leid tun.“, sagt meine Frau dann meistens und schnalzt kräftig mit dem Vorzimmerteppich. Auf unserer Eingangstüre steht ‚Willkommen‘. Auf meiner Stereoanlage steht ‚Philips‘. Auf meiner Füllfeder steht ‚online‘. Na gut.

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Roul Starka

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