Getreu meinem Motto „anders als die anderen“ suche ich besonders beim Reisen das Andere. Das Andere muss aber nicht immer das unbekannte Neue sein, sondern durchaus das Neue im Vertrauten. Fotos DI Peter Hofbauer.
Ich bin Istrien-Expertin. So steht es zumindest im Katalog meines Reisebüros, für das ich im Frühjahr und Herbst in Istrien Wanderreisen begleite. Aber wann ist man eigentlich Expertin? Istrien im Frühjahr und Herbst zum Wandern und Radfahren, im Sommer an den Küsten zum Baden ist hinlänglich bekannt und verkommt leider zum Massentourismus. Warum nicht Istrien im Winter? Warum nicht das Neue im Vertrauten finden? 2017 fuhr ich zweimal im Winter nach Istrien. Einmal Anfang März und einmal im Dezember.
(Blick auf Roc)
Da zu diesen Zeiten die meisten Hotels geschlossen haben, buchten wir, meine zwei Begleiter und ich im Dezember ein privates Quartier im Zentrum von Opatija. Mit Blick auf die weihnachtlich geschmückte Hauptstraße, auf die Berge hinter Rijeka und die Kvarnerbucht. Die Wohnung im zweiten Stock einer Villa entsprach ganz unseren Bedürfnissen.
„Es ist dieses besondere Gefühl dazuzugehören, wenn man privat wohnt.“
Der erste Tag in Opatija gehörte dem Lungomare. Es regnete und es stürmte. Die „aufgebrachte“ Adria warf ihre Wogen an die Küste und Fontänen spritzten nur so über die Kaiser-Franz-Josef Promenade hinweg. Außer uns drei wetterfesten Steirern war niemand unterwegs.
Das Ziel war Volosko, die kleine und weniger beachtete Nachbarin Opatijas. Volosko hat jedoch durchaus Interessantes zu bieten. "Hier wurde der Wissenschaftler Dr. Andrija Mohorovičić, kurz Moho, geboren wurde. Nach ihm wurde sogar ein Asteroid benannt. Andrija Mohorovičić war Meteorologe und Geophysiker. Ihm gelang 1909 erstmals, mit Bebenwellen die Trennfläche zwischen Erdkruste und Mantel zu erfassen." Das Reiseleiter-Gen hatte mich wieder einmal gepackt.
Nach dieser Einleitung meinerseits bogen wir um die Ecke und standen im Hafen von Volosko. Verlockend eine der Bars an der Hafenpromenade mit Blick auf die Adria, jedoch lohnt es sich, die Stufen in den, an den Hang geschmiegten Ort hinaufzusteigen, um plötzlich vor der Pastisserie Kaokakao an der Hauptstraße zu stehen. Es war ja auch schon Zeit für einen Cafe‘ fanden wir.
Draußen strömender Regen und im verspielten Inneren des Lokals der sprichwörtliche Wohlfühlmoment, nicht bei einem bekannten Möbelhaus, sondern bei einem Cappuccino und einer „Millefoglio“. Sturm und Regen hinderten uns im Anschluss nicht daran, weiter den Ort zu erkunden und plötzlich standen wir vor der hölzernen Eingangstür der urigen Konoba „Tramerka“, die gerade aufsperrte.
Natürlich wollten wir dieses urige Lokal von innen sehen und da es 13 Uhr war, stand einem Imbiss, bestehend aus Schinken, Käse und Oliven mit einem Glas Malvazija, nichts mehr im Wege. Zum Restaurantgeschehen sei darüber hinaus erwähnt, dass das Fischrestaurant Plavi Podrum im Hafen von Volosko besten Ruf genießt.
Diesmal fuhren wir jedoch ins Bergdorf Mošćenice, um nach einem stillen Rundgang durch die abendliche Altstadt im Restaurant „Perun“ zu essen. Im Sommer ist die Terrasse des Perun ein beliebter Treffpunkt, ein absolutes Highlight mit Blick auf die Kvarnerbucht und die Insel Cres. Dieses Mal saßen wir am offenen, beheizten Kamin im Gastzimmer.
In der Nacht hatte es geschneit. Die Berge hinter der Stadt Rijeka begrüßten uns im weißen Kleid. Am Programm stand ein Ausflug in das Herz Istriens. Die Gegend um das Mirnatal war unser Ziel. Winterliche Pracht, verschneite Landschaft auf den Bergen und unten das Meer. Dieser einzigartige Anblick war uns auf der Fahrt zum Uckatunnel beschert. Roc, die kleine Stadt auf einem Hügel, war tief verschneit.
Ein kurzer Zwischenstopp in der Destilleria „Aura“ in Buzet mit einer exklusiven Führung verleitete uns zu den ersten Weihnachtseinkäufen. Die Zutaten für Biska, Gin und andere Kräuterschnäpse werden in der Ćićarija gesammelt und hier verbrannt.
Weiter ging es nach Motovun. Im Sommer meist total überfüllt, präsentierte sich das Zentrum der Trüffel diesmal wie ausgestorben. Der einzigartige Blick von der Stadtmauer in das Mirnatal und auf die verschneiten Hügel gegenüber lösen eine wahre „Fotografierwut“ aus.
Nachdem wir uns mit kulinarischen Köstlichkeiten in einem Laden eingedeckt hatten, fuhren wir über Livade die Serpentinen hoch nach Zrenj.
Ich konnte es kaum erwarten, meinem Bruder und meiner Freundin den Agriturismo „Tončić“ in Zrenj zu zeigen. Sandras Fuzi mit Trüffel haben es zu mancher Erwähnung in mehreren Istrienführern gebracht. Ein mit italienischen Suv’s überfüllter Parkplatz versprach nichts Gutes und tatsächlich, dem erfreuten „Servas“ vom bereits leicht gestresst wirkenden Sandro, dem Ehemann von Sandra, im überfüllten und lauten Lokal folgte ein entschuldigendes „Leider kein Platz mehr“. Leicht enttäuscht fuhren wir zurück nach Oprtalj, um ein mir noch unbekanntes Lokal in Augenschein zu nehmen- die „Konoba Oprtalj“. Wie in den meisten Konobas in Istrien war auch hier der riesige offene Kamin in Betrieb und wohlige Wärme durchströmte den Raum. Die Fuzi mit Trüffel überraschten uns positiv, ebenso der Wein aus der hauseigenen Kellerei.
Bei Dunkelheit traten wir die Rückreise nach Opatija an. Opatija ohne Schokolade geht gar nicht. Die Schokomanufaktur Milenij im Hotel Continental mit Schokomuseum im Keller lockte. Meine Freundin schwebte, angesichts der dargebotenen Süßigkeiten, im siebten Himmel. Bei Livemusik und heißer Schokolade ließen wir den Tag ausklingen.
Es war deutlich spürbar, dass Opatija sich nicht für die TouristInnen, sondern für die EinwohnerInnen der Stadt und die BesucherInnen aus Istrien herausgeputzt hatte. Von unserer Wohnung konnten wir ein Open-Air-Konzert mitverfolgen. Viele junge Menschen waren unterwegs.
Fröhlich und ausgelassen, so präsentierte sich für uns die Vorweihnachtszeit in Opatija
Der letzte Tag und herrlich mildes Wetter präsentierte sich uns.In diesen drei Tagen erlebten wir alle vier Jahreszeiten. Kälte, Nebel, Regen, Schnee, Sonnenschein und milde Temperaturen. Unseren Abschiedsspaziergang entlang des Lungomare eröffneten wir mit einem letzten Besuch bei der Jungfrau mit der Möwe und einem Rundgang im Angiolina Park. Wir lustwandelten wie einst die Kurgäste der K&K Zeit nach Lovran. Der Weg nach Volosko ist eindeutig der attraktivere, weil hier kaum Betonscheußlichkeiten an Hotels zu sehen sind, sondern altehrwürdige Villen und Hotels, wie das Miramar und das Kvarner. In Lovran angekommen, führte uns der Hunger in das einzige offene Fischrestaurant, das „Knezgrad“, in welchem wir diese vorweihnachtliche Winterreise bei einem guten Fischmenü ausklingen ließen.
Copyright Fotos DI Peter Hofbauer