Verborgene Schätze in der Oststeiermark

Wenn ich durch meine heimatlichen Gegenden wandere, da bin ich ganz ich. Da fühle ich eine ungelöste Einheit zwischen mir und den Bergen, Matten, Wäldern und Bächen, die um mich sind, eine Einheit, die mein Lebtag so war und sein muss, die meine volle Ganzheit ausmacht, in der ich mich ausfülle, kurz, in der ich bin - ich kann's nicht anders sagen."

(Peter Rosegger 1843-1918)

Ingeborg Berta Hofbauer Wanderführerin schreibt...

Ich sitze mit meinem Laptop vor meinem Büro in Rosegg bei Anger in der Sonne und surfe mit Glasfaser-Internet. Am Hang gegenüber schnauft dampfend und pfeifend die Feistristritztalbahn in Richtung Birkfeld. Diesen Geräuschen zuhörend,reise ich in meinen Gedanken 70 Jahre zurück.

Ende des Sommers 1946 fuhr eine frischgebackene Lehrerin mit der Feistritztalbahn von Weiz kommend, hier entlang nach Waisenegg, das an der damaligen Bahnstrecke zwischen Birkfeld nach Ratten lag.In eine vom Krieg schwer angeschlagene, ärmliche, vorwiegend von Bauern besiedelte Region. Die Schule in Waisenegg war im Krieg abgebrannt und die Lehrerin, meine spätere Mutter, musste zunächst in einer Notschule, die in einem Dachboden untergebracht war, unterrichten. Der Liebreiz der Landschaft auf 700 m Meereshöhe hatte die gebürtige Gleisdorferin bald in seinen Bann gezogen und die Liebe zu einem jungen Mann, meinem späteren Vater, tat das Übrige dazu, um ein ganzes Leben hier zu bleiben.

Meine Mutter ist inzwischen 91 Jahre alt und lebt noch immer glücklich hier im oberen Feistritztal in der Oststeiermark.

Der offizielle Betrieb der Feistritztalbahn wurde bald nach Ankunft der jungen Lehrerin eingestellt. Die Gleise zwischen Birkfeld und Ratten abgetragen und dieser Streckenabschnitt viele Jahre später in einen Rad-Wanderweg umfunktioniert. Einige wenige Idealisten gründeten einen Interessensverein. Damit konnte diese historisch wertvolle Schmalspurbahn als Bummel-Tourismuszug zwischen Weiz und Birkfeld weitergeführt werden.

Inzwischen ist die Feistritztalbahn eine nicht mehr wegzudenkende Tourismusattraktion, die jährlich viele BesucherInnen aus nah und fern anzieht. Eine Fahrt mit der Feistritztalbahn kommt einer Zeitreise, die 100 Jahre zurückführt, gleich. Landschaftlich hat sich, aufgrund der topografischen Verhältnisse, kaum etwas verändert. Der Bahnhof Birkfeld ist noch derselbe wie zu Roseggers Zeiten. Durch das enge Feistritztal nach Anger kämpft sich die Dampflok mit ihren grünen Waggons durch Tunnels, über Viadukte und hält das erste Mal am Bahnhof Koglhof, am Fuße des Schlosses Frondsberg. Aber hin und wieder kann es durchaus vorkommen, dass sie auf der Strecke einen Zwischenstopp einlegt, weil ein Fahrgast sein Handy beim Fotografieren verloren hat. Dann suchen Schaffner und Gäste danach, bis das Verlorene unter großem „Hallo“ wiedergefunden wird.

Im Salonwagen werden regionale Produkte verkostet und mitunter spielt ein mitreisender Musikant auf seiner „Steirischen Knopfharmonika“.

Zeit bekommt eine neue Dimension bei einer Fahrt mit der Feistritztalbahn und diese kostbare Erfahrung kommt dem Gefühl nahe, man sei in einer Parallelwelt gelandet. Die Langsamkeit hat die Herrschaft übernommen, der Rauch, das durchdringende Geräusch, wenn Eisen auf Eisen trifft, das Pfeifen, wenn der Zugführer „Signal“ gibt, sind ihre Diener.

Die Menschen hier wissen um ihre schöne Heimat und nur wenige wollen weggehen. Um nicht weggehen zu müssen, haben sich viele Bauern umgestellt und betreiben Biodiversität. Nirgendwo in Österreich gibt es eine solche Dichte an gehobener Gastronomie. Allein im Umkreis meines Wohnortes gibt es fünf HaubenköchInnen. Angeboten und verarbeitet wird, was die Bauern produzieren. Das hat der Oststeiermark den Ruf des „Gartens Österreichs“ eingebracht.

Touristisch ist die Oststeiermark nach wie vor ein Geheimtipp. Es ist ein Wanderparadies und eine Genussregion. Diese Landschaft wurde bereits von frühen Kulturen besiedelt. Kultplätze, Lochsteine und unterirdische Gänge zeugen noch heute davon.

Schluchten, Höhlen, Wiesen, Almen, Flüsse und Berge lassen das Wanderherz höher schlagen. Vor 15 Jahren habe ich begonnen, die Oststeiermark zu erwandern und ich habe noch längst nicht alle Schätze entdeckt, die dieser Landstrich zwischen Feistritz und Raab, zwischen Teichalm und Wechsel, zwischen Joglland und Vulkanland zu bieten hat.

Ab 2017 werde ich meine Oststeiermark den Gästen, die zu uns kommen, gerne zeigen.

Mehr darüber: Wanderwoche 20.- 25. August 2017

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