Froschregen von 1355, unbekannter Künstler (Abbildung in einer Chronik von 1557)

Die Apokalypse hat einen Namen:

Trump.

So zeigt der „Spiegel“ auf seinem abstrusen Cover, wie der Meteorit in Form von Trumps Konterfei auf die Erde zurast.

So kann es sich aber auch anhören, wenn man an einem Samstag-Morgen unschuldig SWR2 „Treffpunkt Klassik“ anmacht( 1 ).

Da wird der Komponist und Geiger Gregor Hübner vorgestellt in Musikpassagen und längeren Intervieweinschüben.

Weil es so schön repräsentativ ist für diejenigen, die sich eher schwer vorstellen können, dass sich die Welt nach/mit Trump weiterdreht:

Ab Minute 30 wird es interessant.

Er habe für seinen jüngsten musikalisch-kompositorischen Auftrag den 2. Satz des 8. Streichquartetts von Schostakowitsch verwendet, „das Quartett, wo der die Eindrücke aus dem Krieg irgendwie beschreibt…“.

(Tatsächlich verstand Schostakowitsch besagtes Werk als „Requiem für sich selbst“. Die Widmung „Im Gedenken an die Opfer des Faschismus und des Krieges“ wurde von „oben“ erst nachträglich hinzugefügt.( 2 ))

Hübner weiter: „So“(wie nach dem Krieg also) „kam`s mir vor nach der Wahl.“

„….in diesem Stück ist die ganze Gesellschaftskritik der Zeit mit drin nach dem Krieg, und dann ist da Stalinismus, und….“

Nach dem launischen Einschub der Moderatorin dazu „Ihm ging`s ja ziemlich dreckig in der Zeit“ (tatsächlich verlief Schostakowitschs ganzes Leben zwischen der Angst vor Vereinnahmung und offizieller Belobigung — ein solches Prädikat wäre ihm wie die Bescheinigung für das Scheitern seiner künstlerischen Intention vorgekommen* — und der Angst vor Marginalisierung durch Ausschluss aus dem Kulturbetrieb, durchaus bis hin zur Panik vor der physischen Liquidierung, also Todesangst):

„Ich hoffe nicht, dass das so jetzt wiederkommt, wie das in der Zeit war; aber man sagt, die Geschichte wiederholt sich.“

Trump also der, der als Wiedergänger Stalins als apokalyptischer Reiter ante portas steht. Drunter geht`s anscheinend nicht…

Auf die Frage der Moderatorin „Ist das, was jetzt passiert ist, nicht auch `ne Frage von nicht vorhandener Bildung?“ dann die Antwort:

„Ich bin vor 13 Jahren nach Harlem gezogen…., aber zu der Zeit gab es keine gescheiten, guten Schulen“(für die beiden Kinder).

„Aus der Zone rauszukommen, ist ein Kampf“(Wer denkt da nicht an das Berliner „milieu juste“, das Himmel und Hölle in Bewegung setzt, bis hin zur offiziellen Verlegung des Wohnsitzes in ein „gutes“ Quartier, damit seine Kinder ausserhalb des bisherigen Viertels an eine „gute Schule“ kommen?).

Letztlich „rettete“ die Sonderbegabung des Sohnes seine Kinder vor dem „no go“, in Harlem in die Schule gehen zu müssen…Und weiter:

„…es sind ja alles arme Menschen irgendwie, da kann man die Bildung wahrscheinlich vergessen.“

Nun werden die allermeisten Leute in Harlem sich nicht qua Sonderbegabung vor den dortigen schlechten Schulen haben retten können. Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob „das, was jetzt passiert ist, nicht auch `ne Frage nicht vorhandener Bildung ist“ lohnt der Blick auf die Ergebnisse der primaries im 13. Distrikt(Harlem ist traditionell „black“, die grösste Bevölkerungsgruppe sind inzwischen aber hispanics, und im Rahmen der Gentrifizierung sind Weisse mit inzwischen 14% der am raschsten wachsende Bevölkerunganteil…( 3 )):

Trump erhielt bei den Republikanern 1.285 Stimmen, Clinton bei den DemoKraten 65.873…( 4 )

Oops: Hätte das nach der aufgestellten These von der „Unterbelichtung“ als Ursache von Trump-Affinität nicht gerade andersrum sein müssen? Läuft das tatsächlich oder angeblich ungebildete Volk also wirklich Gefahr, zwingend als dumpfe, tumbe trumpistas zu enden?

Als Kontrapunkt zur alarmistisch-apokalyptischen „Deutung“ des Phänomens Trump als Rückkehr von Stalinismus und Krieg und der Kategorisierung seiner Wählerschaft als eine tendenziell ungebildete lohnt der Blick in den Bericht des Journalisten Jason Riley, der kurz nach der Wahl in Harlem war( 5 ):

„I took a stroll around NY City`s Harlem neighborhood and asked a couple of dozen black residents to respond to the election and subsequent protests. I didn´t come across any Trump voters — or at least any who admitted it — but many told me they had expected Hillary Clinton`s defeat…No one thought it was the end of the world.“

Und auf die Frage, ob Trump in Zukunft vielleicht sogar überzeugen könne, die Antwort: “He said he’d protect Medicare. I can go along with that. He said he’d get rid of the Bloods and the Crips and the gangs—get them out of here. I like that. If he does those two things, he’s my man.”

Ist es tatsächlich die strotzende Doofheit vorgeblich ungebildeter Leute, die aus dieser zwar besorgten, letztlich aber pragmatischen Einschätzung der Situation nach der Wahl spricht?

Oder setzt sich in der Simplizität vulgär-soziologischer „Erklärungen“ und der bizarren, ahistorischen Gleichsetzung eines Trump mit einem Stalin(an dieser Stelle darf man auch über die Gefahren des allgegenwärtigen „aus der Geschichte lernen-müssens“ nachdenken…) nicht vielmehr die durch von ideologisch grundiertem Furor gespeiste Arroganz des „milieu juste“ gegenüber den „fly over states“ fort? Sei das „fly over“ nun auf die Geographie oder ein (tatsächliches oder behauptetes) Bildungsgefälle bezogen?

Und kann man diesen ideologisch grundierten Furor vielleicht auch „sehen“? Möglicherweise ist es ein nur oberflächlicher, erster Eindruck, aber:

Erscheinen die Ergebnisse für Bilder, die man in der weltgrössten Suchmaschine auf der Suche nach „Trump not my president“ oder „Trump victory protest“ eingibt, nicht doch ziemlich „weiss“?

Nur stellvertretend:

— https://pajamasmed.hs.llnwd.net/e1/parenting/user-content/48/files/2016/11/Berkeley-High-Student-Walkout.sized-770x415xt.jpg

— http://www.theindianpanorama.news/unitedstates/thousands-march-protest-trump-victory-76862/

— http://media.salon.com/2016/11/election-protests-new-york.jpeg-1280x960.jpg

Und, zum Schluss, gibt`s sowas wie tumbe trumpistas tatsächlich nur in Amerika? Also ein aufatmendes „Deutschland, Du hast es besser…“, in Umwandlung von Goethes Seufzer?

Dieser Tage erschien der bedenkenswerte Beitrag „Der Sport ist schuld an Donald Trump“ von Wolfram Eilenberger.

Über die ungebrochene Huldigung des Mackertums und die Sehnsucht der Fans nach scheinbar Authentischem im Sport wie jetzt auch in der Politik darf man durchaus nachdenken:

„…ist die Sehnsucht des glühenden Bayern-Fans nach einer Rückkehr von Uli Hoeneß nicht klar vom gleichen Geist getragen wie die Sehnsucht des gemeinen Trump-Wählers in den USA? Daddy mag charakterlich nicht einwandfrei sein und Hunderte Millionen an Steuern hinterziehen, aber Daddy ist dafür eben authentisch! Vor allem aber weiß er, wie das Business wirklich läuft. Nicht zuletzt ist er einer von uns. Weil wir nämlich auch gerne so wären wie er!“( 6 )

Weswegen es im Sport wie bei einem Trump eher selten um Tatsachen geht, sondern um das, was man gerne hört. Vor diesem Hintergrund wirkt Trumps Äusserung, er könne ohne Einbussen in der Wählergunst jemandem am hellichten Tage erschiessen, durchaus weniger bizzar. Allerdings hat er noch niemanden erschossen…

Ein Uli Hoeness hat nie mit Vergleichbarem wie Trump geprahlt.

Er hat allerdings gestanden, sogar über die festgestellten knapp 30 Millionen hinaus Steuern hinterzogen zu haben. Nach Umwandlung des 2. Teils seiner Haftzeit in eine dreijährige Bewährungszeit wurde er dieser Tage mit 98,5% der Stimmen — im Vergleich dazu mutet das Ergebnis für Trump doch ziemlich mickrig an — der Vereinsmitglieder des FC Bayern als dessen Präsident (wieder-)gewählt. Also bei noch laufender Bewährung.

Tatsächlich „Nur in Amerika“?

Generell ist man hierzulande in Sachen „Bonität grosser Namen“ eh nicht so zimperlich: Es gibt wohl kein anderes Land in dieser Welt, was seine Massnahmen zur Domestizierung derer, die nicht gebraucht werden, mit dem Namen eines rechtskräftig wegen Untreue Verurteilten** „labelt“:

Hartz IV.

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* Wolf Biermann hat die Angst des Künstlers vor dem "Todeskuss" durch die Obrigkeit in seiner "Populär-Ballade" so beschrieben:

"Wenn ihr mich wirklich schaffen wollt

Ihr Herren hoch da droben

Dann müßt ihr mich ganz öffentlich

Nur Loben Loben Loben

Ihr seid im Volk ja so beliebt

Ein Kuß von eurem Munde

Macht den Geküßten todeskrank" (Strophe 6)

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** VW-Vorstandsmitglied Peter Hartz bestach den Betriebsratschef Volkert mit mehreren Millionen, liess sich aber auch „seine“ Mädchen aus der Firmenkasse bezahlen.( 7,8 )

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Quellen:

( 1 ) www.swr.de/swr2/programm/sendungen/treffpunkt-klassik/geiger-gregor-huebner/-/id=660614/did=18548430/nid=660614/1dbzysm/index.html

( 2 ) www.schostakowitsch-tage.de/schostakowitsch/streichquartett-nr-8/

( 3 ) www.dailykos.com/story/2015/12/30/1461752/-The-Most-District-What-s-America-s-smallest-congressional-district-New-York-s-13th

( 4 ) www.dnainfo.com/new-york/20160419/washington-heights/live-results-heres-how-upper-manhattan-voted-presidential-primary

( 5 ) www.wsj.com/articles/harlem-gives-president-trump-a-chance-1479254314

( 6 ) www.zeit.de/sport/2016-11/donald-trump-uli-hoeness-eilenberger-sport/komplettansicht

( 7 ) www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/vw-affaere-prostituierte-fuer-hartz-beim-treffen-des-weltbetriebsrats-1250735.html

( 8 ) www.stern.de/wirtschaft/news/vw-affaere-die-44-suenden-des-dr--hartz-3359572.html

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