pixabay
Wir schreiben den 15. Dezember. Nun sind es noch 9 Tage bis Weihnachten. Nur noch 9 mal schlafen.... Ein Hauch von Dringlichkeit und Hektik liegt in der Luft, der mit jedem Tag spürbar stärker zu werden scheint. Ich stehe abseits dieses pulsierenden Geschehens, gleichsam meinem Körper entflohen; beobachtend.....lauschend.....fühlend.....
An mir vorbei toben Verkehr und Menschenmassen; die Blicke sind leer, wie entseelt - man eilt von einem Ort zum nächsten, bepackt mit unzähligen Einkaufstaschen, randvoll mit Geschenken, unter deren Last man zusammenbrechen möchte. Von irgenwoher bebrüllt eine Werbe-Stimme die allerletzten Prozentsenkungen irgendwelcher "Must-Haves" und das Geiz geil und man doch nicht blöd sei.
In der Nähe kreischt eine Frau in ein förmlich an ihrem Ohr klebenden Smartphone, dass sie den Stress bald nicht mehr aushalte, ja, die Geschenke hätte sie schon fast alle, es würden nur noch die Ohrringe für die Mutter fehlen und der Congnac für den Großvater. Ihr Gesicht ist gerötet, während sie sich hektisch den Weg über die Straße bahnt - ungeachtet des fließenden Verkehrs. Wütendes Hupen ist die Folge, die Geduld der gestressten Autofahrer hält sich in Grenzen.
Im Schaufenster eines großen Medienmarktes stehen Fernsehgeräte und die Bilder zeigen frierende Menschen auf der Flucht vor dem Krieg und Auffanglager, in denen Menschen weinend vom Verlust ihrer Lieben erzählen und ihrer Furcht vor Kälte, Terror und Hunger.
Eine abgekämpfte Mutter zerrt ihre zwei schreienden Kinder hinter sich her und sagt, sie habe ihnen nun schon"1000 Mal" erklärt, sie habe noch "1000 Besorgungen" zu machen und sie weiß nicht, ob sich das alles bis Weihnachten ausgehen würde, wie sie das nur schaffen solle, aber JA, sie könnten NATÜRLICH noch zum Weihnachtsmann und zur Krippe gehen, aber NICHT JETZT! Sie hetzt an einem Plakat vorbei, auf dem zu Spenden für Menschen ohne Obdach aufgerufen wird, ohne es eines Blickes zu würdigen.
Der Geruch von Punsch liegt in der Luft und zwei Männer singen - leicht schwankend - mit weinseliger Stimme "Stille Nacht". Da ihnen der größte Teil des Textes entfallen zu sein scheint, wird das Lied zu einer Endlosschleife mit nur einer Strophe.
Die Werbestimme wünscht nun allen Bankkunden ein besinnliches Weihnachtsfest und empfiehlt gleichzeitig, dass man sich den Weihnachtszinssatz nur ja nicht entgehen lassen solle, denn am 32. Dezember wäre es zu spät. Danach erzählt die Stimme etwas vom "Weihnachtspreiskrieg", der ein "Hammer" sein soll.
An der Ecke spielt ein Mann Gitarre. Seine Kleidung ist viel zu dünn für diese Jahreszeit und sein Gesicht sieht müde und abgehärmt auss. Neben ihm sitzt ein kleiner Hund, der seinen Herrn mit abgöttischer Liebe betrachtet und ihn nicht aus den Augen läßt. Im Gitarrenkoffer liegen ein paar Münzen; vielleicht geht sich ja damit eine warme Mahlzeit für die Beiden aus.
Ich werde diesen Ort nun verlassen und heimkehren. Nachdenklichkeit macht sich in meinem Inneren breit und ich mache mir darüber Gedanken, wie unterschiedlich die Weihnachtsleiden dieser Welt doch sind.......
Wie jedes Jahr, werde ich auch die diesjährige Weihnachtszeit gänzlich frei von Stress und Hektik verbringen, da es mir schon sehr lange ein Gräuel ist, eine von Profitgier durchdrungene und aufgezwungene Ideologie ausleben zu "MÜSSEN", die keinen Bezug mehr zum tatsächlichen Sinn und Geist der Weihnacht hat. In meiner Welt existiert das MUSS des Schenkens nicht, schon aus dem Grund, weil Jeder in meiner Familie schon die schlimmsten Zeiten zu überstehen hatte und wir froh waren und sind, dass wir einander haben. Und mehr braucht es eigentlich auch nicht. Obwohl ich überzeugter Atheist bin, habe ich manchmal das Gefühl, dass ich die Botschaft der Weihnacht eher zu begreifen vermag, als so manch "frommer" Christ, der mir erklärt: "Froh bin i, waunn Weihnochtn endlich vurbei is!" Na dann....
In diesem Sinne wünsche ich all meinen Freunden, Mitfischen und dem Team von fischundfleisch eine tatsächlich BESINNLICHE Weihnachtszeit! Möge es euch Allen wohlergehen!