Wie viel Liebe braucht ein Hund.....? Teil I: Auch Einschränkung ist Liebe

Ich vermute mal, dass es zu dieser Frage so viele Antworten gibt, wie Hunde auf diesem Planeten existieren...

Ich war im Rahmen meiner Tätigkeit als Dogcoach jüngstens bei einem Hausbesuch, der mir als "Notfall" gemeldet wurde. "Notfall" heißt für mich meistens: Es ist "fünf nach zwölf". Der Hund ist außer Rand und Band, unkontrollierbar, die Besitzer (Familie) sind am Verzweifeln und knapp davor, den Hund abzugeben, wenn nicht schnell eine Lösung gefunden wird.

Die "Wurzel des Übels" ist sechzehn Monate alt, Rüde, hyperaktiv, springt alles an, was nicht bei "drei" auf den Bäumen ist, zwickt Familienmitglieder, beißt in die Leine beim Gassi gehen, zieht natürlich wie verrückt, kommt nicht, wenn man ihn ruft, stiehlt alles Essbare, das in seiner Reichweite ist und hat auch sonst alles zu bieten, was man sich von einem Hund NICHT wünscht. Vor allem aber hat er keinen RESPEKT.

Beim Vorgespräch erfuhr ich dann, dass der Hund, der aus der Nothilfe kam, wohl eine Welpenschule absolvierte, die er - gerade mal so mit "ausreichend" bestand, danach wurde aber nichts mehr gemacht. Er durfte sich in Haus und Garten frei bewegen (es gibt eine Hundeklappe mit Sensor), hatte Futter zur freien Verfügung und - weil er ja abgöttisch geliebt wird, bekam er auch Streicheleinheiten, wann immer ER sie einforderte. ("Wissens, wenn er mich so mit seinen treuherzigen Augen so ansieht, dann KANN ich ihm einfach nicht böse sein!")

Soweit, sogut. Ich besah mir also das "normale" Verhalten des Hundes, der - nicht faul und ganz in seinem Element  - auch gleich an mir hochsprang, mich zwickte und an meinen Hosenbeinen zerrte und erklärte den Besitzern etwas, das anfänglich für erstauntes Kopfschütteln (bei einigen Familienmitgliedern auch für Missfallen) sorgte: "Der Hund hat zu viel Freiraum; er hat SIE, das Haus UND den Garten komplett in Besitz genommen - in seinem Verstnändnis ist alles hier sein Reich und sie sein untergebenes Rudel." Und als bräuchte es diesbezüglich nur eine Bestätigung meiner Erklärung, markierte der ansonsten stubenreine Hund in einen Raum, in dem er sich normalerweise nie aufhält, was bei den Besitzern konsternierte "Ohhh!"- und "Hey!"-Rufe auslöste. "Sie müssen den Hund einschränken", führte ich weiter aus, "um ihm begreiflich zu machen, dass alles, was in seinem Leben passiert, nur mit IHRER Zustimmung erfolgen darf. Das betrifft das Füttern genauso (Futter ist "Beute";), wie den Gang nach draußen in den Garten, den Spaziergang, die Begrüßung des "Rudels" (=Familie), das Spielzeug (Spielzeug ist "Beute";) und die Streicheleinheiten, deren Einforderung sich der Hund nicht herausnehmen darf."

Es folgte betretenes Schweigen und ich schlug vor, ihnen ein paar einfache Übungen zu zeigen, um zu demonstrieren, WAS mit dem Wort "Einschränkung" gemeint ist. Ich verwendete dafür eine Leine ohne Schlaufe - eine sogenannte "Hausleine" - die für die Zeit des Trainings ständig am Halsband des Hundes befestigt blieb - der Hund sollte so lernen, dass künftig ohne seine Rudelführer nichts mehr geht. Die Übungen beinhalteten das Aushalten im Liegen auf einem beliebigen Platz, Blickaufmerksamkeit, Beutekontrolle und die Kontrolle von Zuneigung. Danach machten wir - ebenfalls an der Hausleine - einen kurzen Spaziergang durch den Garten.

Der Hund begriff schnell, die Besitzer weniger und so gestaltete sich das Training dann doch ein wenig schwierig. Vor allem das Herrchen wollte nicht wirklich einsehen, dass er den Hund einschränken musste und das zeigte er auch deutlich. Nach drei Stunden aber, führten die Übungen zu ersten sichtbaren Erfolgen: Der Hund war konzentrierter, ruhiger, aufmerksamer und weniger dominant, ließ sich streicheln, ohne zu "knabbern" und stellte das Hochspringen ein. Nun waren beide Besitzer sichtlich stolz auf ihr Bemühen, und der Hund dankte ihnen das Training mit einem Lecken der Hand. Beide wollten das Trainig unbedingt fortsetzen und schon nach einigen Tagen bekam ich eine positive Meldung von Herrchen: "Ich wollte ihnen danken, dass sie uns so geholfen haben. Der Hund ist toll - ruhig, gehorsam, und springt niemanden mehr an! Wir werden auf jeden Fall weiter trainieren!..."

Wieviel Liebe braucht ein Hund? So viel, wie er nur bekommen kann! Und doch: Auch Einschränkung ist Liebe und die wichtigste Voraussetzung für ein glückliches Hundeleben...

(Das Foto zeigt mich beim Welpentrainig mit einem fünf Monate alten Schäferhund. Gut zu erkennen: Die im Beitrag erwähnte "Hausleine";)

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Daniela Noitz

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Darpan

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