Bereits in der Antike schien der Hund als treuer Gefährte von Blinden gedient zu haben, doch eher als Begleiter denn als Führhund im heutigen Sinn. Wandmalereien aus Herculaneum aus dem 1.Jh. n. Chr. bestätigen dies. Auch aus Fernost gibt es bereits ein frühes Zeugnis: auf einem Seidenteppich aus dem 13. Jahrhundert ist ein Mann mit Stock und Hund abgebildet.
Erstmals wurden Hunde für Blinde um 1780 systematisch ausgebildet - von den Bewohnern des Pariser Blindenhospitals "Les Quinze-Vingts".
Pionier aus Wien
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Der erste echte Pionier kam aus Wien: der blinde Siebmacher Josef Reisinger richtete 1788 einen Spitz so gut ab, dass seine Zeitgenossen seine Blindheit sehr oft bezweifelten. Der Gründer des Wiener Blinden-Erziehungs-Institutes Johann Wilhelm Klein erwähnte 1819 in seinem "Lehrbuch zum Unterricht der Blinden" den Blindenführhund und gab auch einige wertvolle Hinweise zur Abrichtung. Es gibt aber keine Berichte darüber, ob Hunde in der Wiener Blindenanstalt tatsächlich abgerichtet wurden.
In der Schweiz richtete Jakob Birrer ebenfalls einen Spitz zum Führhund ab, der ihm 5 Jahre lang als treuer Begleiter diente. Er berichtete darüber in seinem Buch "Erinnerungen, besondere Lebensfahrten und Ansichten des Jakob Birrer", (erschienen 1847).
Der Wiener Arzt Senfelder griff den Gedanken des Blindenführhundes nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges neu auf, aber leider fand sein Forderung, dass man den im Krieg erblindeten Männern einen Führhund an die Seite stellen sollte, in Österreich kein Gehör.
Deutscher Verein für Sanitätshunde
Im August 1916 gründete Geheimrat Stalling, Vorsitzender des "Deutschen Vereins für Sanitätshunde" mit Unterstützung des Kriegsministeriums die erste Blindenführhundschule der Welt in Oldenburg, BRD.
Bereits im Oktober 1916 wurde der erste Blindenführhund übergeben. Diese Führhunde versahen ursprünglich ihren Dienst als Verwundetensuchhunde und wurden als Blindenführhunde "umgeschult". Die kostenlose Abgabe erfolge zunächst nur an Kriegsblinde. 1919 wurden 539 Kriegsblinde mit Führhunden versorgt und am 1920 waren 867 Hunde im Einsatz. Die Oldenburger Führhundschule unterhielt im Laufe der nächsten Jahre 9 Filialbetriebe (in Bonn, Breslau, Dresden, Essen, Freiburg, Hamburg, Magdeburg, Münster und Hannover) und bildete jährlich bis zu 600 Führhunde aus. Nicht nur deutsche Kriegs- und Zivilblinde erhielten diese Hunde, sondern auch Blinde in England, Frankreich, Spanien, Italien, Amerika, Kanada und Russland wurden mit Führhunden versorgt. Leider musste das Unternehmen 1926 seinen Betrieb einstellen.
Es entstand jedoch eine zweite Führhundeschule in Potsdam, die bahnbrechende Erfolge lieferte und das Mekka der Führhundeausbildung wurde. Bis 1941 hatte die Schule über 2500 Hunde abgegeben, von denen nur 6% aufgrund mangelnder Ausbildung zurückgenommen werden mussten. 1952 fand diese Schule durch das DDR-Regime ihr jähes Ende.
Internationale Entwicklung
Die Erfolge der Potsdamer Schule wurden im In- und Ausland mit Interesse verfolgt und die Amerikanerin Harrison-Eustis, später Mitbegründerin der Schule "The Seeing Eye" in Morristown/New Jersey, arbeitete 1927 mehrere Monate unbezahlt mit, um die Methodik dieser Schule zu studieren.
1928 eröffnete eine Schule für Führhundausbildner in der Schweiz, die in Folge ihrerseits wieder Schulen in ihren Heimatländern eröffneten.
Der Schwerpunkt verlagerte sich nach 1945 in die USA, wo sich große Schulen entwickelten.
Erst im Jahre 1949 kam es zur Neugründung von Blindenführhundschulen in der BRD, diesmal jedoch vorwiegend auf privater Basis.
Die amerikanischen Schulen wie "The Seeing Eye" und "Guide Dogs for the Blind" finanzieren sich aus Spenden und Stiftungen und können ihre Hunde gegen einen symbolischen Betrag abgeben. Die Hunde kommen meist aus der schuleigenen Zucht und stehen unter laufender tierärztlicher Kontrolle. Die Aufzucht wird von Pateneltern übernommen, die dem Hund auch eine Grunderziehung vermitteln. Die Qualität einer Führhundschule zeigt sich aber nicht nur in der Ausbildung der Führhunde und der Zusammenschulung des Führgespannes, sondern auch in der Nachbetreuung. So hat "Guide Dogs For The Blind" einen Sozialdienst aufgebaut, der sich ständig um die Nachbetreuung der Führgespanne kümmert.
Auch in Großbritannien ist die Organisation "Guide Dogs For The Blind" federführend.
Derzeitige Situation
In Österreich existieren derzeit vier Schulen wo Führhunde ausgebildet werden.
In Deutschland und Österreich gibt es noch keine geregelte Nachbetreuung, sondern es bleibt der Führhundschule und auch dem Führhundhalter nach bestandener Prüfung überlassen, ob und in welchem Umfang eventuell weitere Ausbildungen absolviert werden.
Weiteres wird im Rahmen dieses Artikels nur ein kurzer historischer Rückblick auf die Geschichte der Nutzung des Blindenführhundes als Mobilitätshilfe erfolgen.
STORK weist darauf hin, dass schon in der Antike ca. im 1. Jahrhundert n. Chr. bildliche Darstellungen existierten, die einen Blinden in Begleitung eines Hundes darstellen. Für das ausgehende Mittelalter ist ein Holzschnitt belegt, der einen von einem mittelgroßen Hund an der Leine geführten Blinden und einen „Lahmen“ zeigen. STORK betont, dass die Interpretationen dieser Darstellungen allerdings einen schlüssigen Beweis für die Existenz von Blindenführhunden in Antike und Mittelalter nicht zulassen. (vgl. Stork 1988, S. 13 - 19) REHMANN verweist auf wissenschaftliche Untersuchungen von HÄNNESTRAND und spricht von einem deutlichen Hinweis auf die Verwendung eines Hundes als Hilfsmittel für einen Blinden im Westeuropa des 13. Jahrhunderts n. Chr. sowie auf eine chinesische Seidenmalerei aus der Ming-Dynastie (1368 – 1644 n. Chr.) als Quelle für den östlichen Orient. (vgl. Rehmann 2000, S. 2)
Für die Neuzeit gibt es eine Reihe von Abbildungen, die Blinde mit Hunden darstellen,
wobei davon ausgegangen werden kann, dass die Betroffenen sich ihre Hunde selbst ausbildeten wie der Österreicher Josef Reisinger (um 1780) und Mitte des 19. Jahrhunderts Jacob Birrer in Zürich (vgl. Rupp 1987, S. 19; Riederle 1991 S. 118 - 119).
Die Idee, Blindenführhunde zielgerichtet durch Sehende ausbilden zu lassen und mit dem Blinden zu schulen, stammt wohl vom Direktor des Wiener k. u. k. Blinden-Erziehungs- Instituts Klein (1819). KLEIN schreibt in seinem Lehrbuch: „Bey einer Anstalt für Blinde können auch Hunde abgerichtet werden, um einzelnen (aus der Anstalt) austretenden Blinden als Führer zu dienen. Hierzu sind die Pudel und die Schäferhunde die tauglichsten. Von dem Halsbande des Hundes geht entweder ein Band oder ein Stab an die linke Hand des Blinden, welcher in der Rechten einen Stock hat. … Das Abrichten des Hundes muss, wenigstens anfänglich, durch einen Sehenden geschehen. …“. (Klein in Deutsche Arbeitsgemeinschaft zur Beschaffung von Führhunden für Blinde (Hrsg.) 1926, S.7)
Die systematische Blindenführhundausbildung begann während des Ersten Weltkrieges im
Jahre 1916 durch den „Deutschen Verein für Sanitätshunde“. Von wie viel Skepsis die Anfänge der Blindenführhundausbildung begleitet waren, zeigen folgende Bemerkungen eines zivilblinden Zeitgenossen: „In der Großstadt … ist es schon fraglich, ob der Hund den Blinden sicher über belebte Plätze und Verkehrsadern bringen wird. … Vor allem ist zu fürchten, dass die bei Späterblindeten oft stark vorhandene Neigung zur Unselbständigkeit durch den Führhund noch gefördert wird.“ (o. Angabe des Autors, Der Kriegsblindenhund, in: Die Blindenwelt 4(1916), S. 183) Bis 1922 wurden ausschließlich Kriegsblinde mit einem Führhund versorgt. (vgl. Rehmann 2000, S. 4) Bereits 1930 vertrauten sich von 2160 Zivilblinden immerhin 13% einem Führhund an. 1935 waren in Deutschland 3000 Blindenführhunde im Einsatz. (vgl. Riederle 1991, S. 120)
Beeindruckt von der Arbeit der Blindenführhundschule in Potsdam etablierte die Amerikanerin Dorothy Harrison-Eustis zusammen mit dem ersten amerikanischen Führhundhalter Morris Frank und seiner Deutschen Schäferhündin „Buddy“ die Idee der Ausbildung von Blindenführhunden weltweit.
In den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden unter anderem Blindenführhund- schulen in den USA und Großbritannien.
In Deutschland entwickelten Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts am Institut für Umweltforschung in Hamburg der Umweltpsychologe Jacob von Uexküll und
sein Assistent Emanuel Georg Sarris eine wissenschaftliche Ausbildungsmethode für die Führhundausbildung. VON UEXKÜLL schreibt zum neuen Ansatz in der Blindenführhundausbildung: „SARRIS hat die Forderung aufgestellt, die Führhundausbildung auf eine ganz neue Basis zu stellen und an Stelle der Dressur die Erfahrung zu setzen. … Er (Sarris) will den Hund zu einem zwar im Interesse des Blinden handelnden aber durchaus selbständigen Wesen erziehen, das den Umbau seiner Welt sich selbst verdankt und nicht dem Stock des Dresseurs. Nur wenn er ohne fremden Zwang die neuen Hindernisse und Hemmnisse in seine Umwelt selbst geschaffen hat, wird er frei von jeder Abhängigkeit seinem blinden Herrn ebenso dienen wie seinem sehenden Lehrmeister.“ (von Uexküll 1933, S. 51–52)
Im von Sarris und von Uexküll konstruierten so genannten „Uexküll-Ausbildungswagen“,
auch „Phantom“ oder „künstlicher Mensch“ genannt, lernt der Hund durch eigene Erfahrung selbständig zu führen, seinen Erlebnisraum dem des Menschen anzupassen und Seiten-, Höhen- und Bodenhindernisse im nötigen Abstand zu umgehen. Heinz Brüll hat die Methode in den 40-er und 50-er Jahren weiterentwickelt. Sie wird bis heute von Blindenführhundtrainern in Thüringen erfolgreich eingesetzt.
War der Blindenführhund in Deutschland bereits in den 70-er Jahren als Rehabilitations- Hilfsmittel eingestuft, ist er nach einer kurzen Unterbrechung seit 1981 als einziges „lebendiges Hilfsmittel“ auf Rezept erhältlich. (vgl. Rehmann 2000, S. 6) Seit 1993 wird der Blindenführhund im Hilfsmittelverzeichnis der deutschen Krankenkassen geführt. Die Richtlinien für das Training, die Schulung und die Nachbetreuung der Führhunde und Führhundgespanne sind durch die „Qualitätskriterien zur Auswahl, Ausbildung und Kostenübernahme für Blindenführhunde“, Bundesanzeiger v. 29. Juni 1993, geregelt. In Österreich ist Hund nur ein richtiger Blindenführhund, wenn er nach den
R I C H T L I N I E N
für die Beurteilung von Blindenführhunden
gemäß § 39a Abs. 4 des Bundesbehindertengesetzes (BBG)
GZ 44301/0027-IV/7/2010 geprüft wurde.
Antonio Cruz/Abr http://agenciabrasil.ebc.com.br/media/imagens/2006/09/24/1000AC001.jpg/view –– https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Caoguia2006.jpg
Quelle:
Artikel: Ausgesucht und geschrieben von den Helfenden Engeln in Kooperation mit dem UBV
Der Unabhängige Blindenführhunde Verein ( UBV ) aus der Schweiz bildet Blindenführhunde für
Österreich nach den R I C H T L I N I E N
für die Beurteilung von Blindenführhunden
gemäß § 39a Abs. 4 des Bundesbehindertengesetzes (BBG)
GZ 44301/0027-IV/7/2010 aus.
Bei ordnungsgemäßer Durchführung der Beurteilungen gem. den Richtlinien nach § 39 a BBG, das heißt auch positiver Teambeurteilung, ist eine Förderung eines Blindenführhundes durch das Bundessozialamt möglich. Wie bisher ist kein Rechtsanspruch mit einer Förderung verbunden.
Durch eine bestandene Teamprüfung ergeben sich Vorteile: Eintragung in den Behindertenpass, Befreiung von der Hundesteuer, kostenlose Mitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln, Zutrittserlaubnis in Lebensmittelgeschäften usw.
Nachzulesen im Info-Blatt Assistenzhunde/Blindenführhund, das auf der Webseite des Bundessozialamtes beim Thema Behindertenpass veröffentlicht wurde.
Information und Beratung : Waltraud Palank-Ennsmann Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Abteilung IV/7 Tel. +43 1 711 00 6538 Fax +43 1 711 00 16332 E-Mail: waltraud.palank-ennsmann@bmask.gv.at