Noch ist gar nicht viel passiert, und schon spüre ich, wie es sich auf die Lebensqualität schlägt. Grad vorhin beim Spar, all die Eiligen, die nach Feierabend noch schnell etwas einkaufen, der ältere Herr, das junge Paar und all die anderen… und in mir erhebt sich schon wieder dieses nagende, mulmige Gefühl. Wie fast immer in letzter Zeit, wenn ich unter vielen Menschen bin. Kann es wirklich sein? Hat wirklich ein Drittel all dieser harmlos aussehenden Leute diese unsäglichen, grauenhaften Rechtsradikalen gewählt? Diese Lügner und Hetzer, die drauf und dran sind, unser Land – meine Heimat! – zugrunde zu richten? Ein ganzes Drittel? Kann das sein? So dumm? Und man sieht es ihnen nicht einmal an. Sind sicher ganz Liebe dabei, freundlich, hilfsbereit, tierliebend, angenehme Nachbarn. Die nette Kassiererin, noch am Ende eines Arbeitstages gut aufgelegt, die eben noch so lustig mit mir geflirtet und gescherzt hat – wo hat die wohl ihr Kreuzerl gemacht? Wurscht. Ein Drittel ist viel. Zu viel. Auch sie ist verdächtig.

So fängt es an. Wo endet es? Misstrauen, Furcht, Paranoia.

In Zeiten wie diesen, wo man sich nicht einmal mehr im Freundeskreis hundertprozentig sicher fühlen kann. Wo man sich entspannt unter Gleichgesinnten wähnt und plötzlich aus heiterem Nachmittagshimmel irgendjemand in der Runde sagt: „Aber er macht schon auch gute Sachen, der Strache. Die ist nicht so schlecht, die FPÖ.“ Und wo dir dann eigentlich nur eine wilde, zornige Antwort einfällt: Ja genau, und unterm Hitler war auch nicht alles schlecht, gell. Du sagst es nicht, schluckst es runter, mit Rücksicht auf die anderen, die Gastgeber. Aber es tut weh, und du fühlst dich auch in dieser Runde nicht mehr ganz sicher.

Und das ist es, was ich ihnen wirklich ankreide: Dass sie mit ihren Lügen und ihrer Hetze imstande sind, das Schlechteste in vielen Menschen aufzuwecken, die ansonsten vielleicht so schlecht nicht wären. Und dass sie in mir eben das aufwecken: Misstrauen, Furcht, Paranoia. Die schaffen das. Und so fängt es an.