"Ich bin nach 1945 geboren. Ich bin der Welt gar nichts schuldig." Hab ich heute auf Facebook gefunden. Interessante Blickweise. Ich bin der Welt gar nichts schuldig. Aber ist sie  mir etwas schuldig? Dieselben, die sowas begeistert teilen, finden nämlich schon, dass die Welt ihnen einen Gratisparkplatz schuldig ist. Sind wir irgendetwas schuldig?

Die Globalisierung und der Kapitalismus werden ja für alles Mögliche hergehalten - aber solange ICH ganz persönlich davon profitiere, ist das ja kein besonderes Problem. Alle zwei Jahre das neueste Handy ist ja kein Problem, super, zu 0,- (und 3 Jahre Vertragsbindung) und T-Shirts um 3,- beim Kik und Konsorten. Wenn es das schon gibt, warum sollte ich mehr dafür ausgeben? Wir müssen selber schauen, wo wir bleiben. Wie bitte? Die Rohstoffe werden in den 3.-Weltländer abgebaut? Die internationalen Konzerne gehen nicht immer ganz sauber vor? Reißen sich Land unter den Nagel? Verjagen Einheimische? Benutzen sie als Billigstarbeitskräfte? Ja, was können wir denn da dafür! Da sind die Afrikaner doch selber schuld, mit ihren Diktatoren und überhaupt, die haben ja von Wirtschaft keine Ahnung. So ist es halt mit denen, das liegt halt in den Genen (wie Christoph und Lollo brilliant am Heldenplatz gesungen haben.)

...hat ganz gut funktioniert, solange Afrika so weit weg war. Die dort unten. Ziegenhirten und so. Aber jetzt läuft was aus dem Ruder. Die bleiben einfach nicht in den Elendsvierteln (-lager), die erdulden nicht einfach, was das Schicksal ihnen zumutet. Erst lehnen sie sich gegen ihre Diktatoren auf, dann ist Krieg, dann flüchten sie in die umliegenden Länder und weil kein Ende in Sicht, kommen die zu uns, stehen vor unseren Türen, in unseren Parks, wollen an unseren ach so wohl verdienten Reichtum mitnaschen. Der natürlich nur uns zu steht. Aber doch nicht denen. Wie kommen wir dazu, denen helfen zu müssen?

Ich bin wütend. Wütend über diese kurzsichtigen, engstirnigen, hartherzigen Menschen, die dieZukunft unserer Kinder lieber ruinieren wollen, als Zukunft mit anderen gemeinsam zu ermöglichen. Wütend über Menschen, die finden, sie sind der Welt gar nichts schuldig, aber die Welt schuldet ihnen eine anständige (Früh-)Pension, Gratisparkplätze und Schnitzel und Zigarettenrauch, wo immer sie wollen.

Oh ich habe Verständnis für Menschen, die Angst haben. Angst vor Veränderung. Mir ist auch mulmig, wenn ich um 2 in der Früh beim Flex vorbei gehe. Ist auch nicht mehr meine Generation, nicht mehr meine Lebenswahrheit. Und würde ich um 2 in der Früh im Geriatriezentrum Lainz rumlaufen und dort dunklen Gestalten begegnen, würde ich mich auch unwohl fühlen. In Traiskirchen hab ich mich auch bedrängt gefühlt von den vielen Händen- aber die Ängste, von denen mir die meisten Menschen erzählen, sind gar nicht die von selbst erlebten Situationen. Die Leute fürchten sich, weil sie etwas gelesen haben, im Internet ein Video gesehen haben, gehört haben von jemand, der gehört hat, dass...

Jene, die selber hingehen und schauen, zuhören, mithelfen..., die fürchten sich auch. Aber eher davor, dass sie imStich gelassen werden, dass sie gar nicht mehr normal leben können, weil dieoffiziellen Stellen offenbar sehr zufrieden damit sind, den Pav. 10, 12 und 6 in Lainz (und alle anderen Überbrückungszentren) der Zivilgesellschaft und den NGOszu überlassen. Ich bin wütend auf die offiziellen Stellen, die jene Menschen, die ihre freie Zeit mit Freude und Hilfsbereitschaft zur Verfügung stellen, so schmählich im Stich lassen. Und damit den Hetzern und Hassern noch mehr Menschen zutreiben.

Zäune kosten eine Menge Geld. Soldaten kosten eine Menge Geld. Waffen kosten eine Menge Geld. Krieg kostet einen Menge Geld. Frieden gibt‘s aber auch nicht gratis.Darf Frieden etwas kosten? Ist jeder von uns bereit, ein bisserl von seiner Bequemlichkeit abzugeben, um Frieden zu bewahren? Oder ist jeder nur dann bereit, zu zahlen, wenn es um Kriegsanleihen geht, um das Heimatland zu schützen. Um unsere Söhne in Uniformen zu stecken und ehrenvoll in den Tod zu schicken. Oder zumindest in die Situation, anderen Menschen töten zu müssen, um zu überleben und traumatisiert zurückzukehren?

Naiv und Gutmensch - spart euch diese Worte. Ich bin gerne naiv im Sinne von unvoreingenommen. Schaut euch Zahlen an. Wie viel Geld haben wir in dieser Welt für Waffen? Und was darf uns Friede kosten? Und Menschen, die glauben Gutmensch wäre ein Schimpfwort, können mir sowieso schön langsam gestohlen bleiben. Die sitzen nämlich normalerweise hinter dem Computer und verwenden ihre ganze Kraft darauf Hass und Angst-Postings zu verbreiten. Und Helfer lächerlich zu machen. Wisst ihr was: Wie wäre es damit, eure Kraft mal in eine gemeinsame Hilfsaktion zu stecken? Und gerne bitte Obdachlosen und österreichischen Mindestsicherungsbeziehern. Die waren zwar vor kurzem noch euer Lieblingsfeindbild, aber wenn ihr jetzt wenigstens denen helft, dann schaut die Welt doch gleich wieder besser aus.

Herzlichst

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fischundfleisch

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