50 Menschen erstickt. In einem LKW. In Österreich, auf der A4, ein paar Kilometer vor Wien. Ein paar Minuten vor dem Ziel.

Ich habe keine Luft zum Atmen, einen Stein auf meiner Brust - ich wundere mich seit Tagen - und wundere mich nicht. Ich habe keine Angst um mein Leben, meine Gesundheit, keine Angst um meine Kinder, unsere Sicherheit, es gibt keine Knappheit an Wasser, an Lebensmittel, von allem genug da. Keine Bedrohung, keine Last außer hin und wieder ein bisserl viel Arbeit.

Und dann plötzlich diese Trauer, mitten im strahlenden Sonnenlicht ein grauer Schatten über allem. Wundert es mich? Wenn in meinem Land sowas passieren kann?

Doch ich weiß: meine Tränen nützen nichts. Vielleicht hilft ein bisschen meine Spende, meine Fahrt nach Traiskirchen- , meine Bereitschaft als Künstlerin für alle möglichen NGOs und privaten Hilfsorganisationen zu spielen – ich weiß es nicht.

Ich versuche meine Aufmerksamkeit zu lenken: Da eine private Hilfe für Kriegsflüchtlinge aus Syrien, dort ein Künstler, der sich äußert, der Haltung zeigt. Aber für jede dieser Aktionen scheint es unzählige Vollkoffer zu geben, die hyperventilieren, dass ein "Asylant" ein Kaugummipapierl weggeschmissen hat! und ein Bericht, dass irgend ein "Wirtschaftsflüchtling" das Care-Paket des Roten Kreuzes nicht angenommen hat, weil es ein Kreuz drauf hat (wer bitte glaubt so einen Scheiß?)

Wie damit umgehen? Da lerne ich seit Jahren, dass diese kurzfristige Shitstorm-Aufpeitscherei in den social networks auch nix anderes ist als "Brot und Spiele für das Volk". Teile und herrsche - hetze sie wegen Kleinigkeiten, wegen völligen Nebensächlichkeiten wie die Versorgung von ein paar Tausend Menschen auf (ob wir es schaffen, wenn immer 800 Menschen zusammenlegen, je einen Flüchtling zu unterstützen?).

Und TTIP oder Urheberrechtsbestimmungen werden ganz unbehelligt durchgewunken. Entscheidungen, die unsere aller Leben ungefähr 800x so intensiv betreffen werden, wie alle Flüchtlinge zusammen.

Mein Verstand weiß das alles. Mein Herz weint und meine Seele schreit. Wie damit umgehen?

Berechtigte Sorgen der Bürger...berechtigt? Wie wäre es mit Fakten? Ach, wurscht. Zu  Fakten sagt der gelernte "Wutbürger" einfach Systempresse und Mainstream-Manipulation. Das reicht dann schon. Da braucht man dann nicht mehr darüber  nachdenken, dass uns das Hypo-Alpe-Adria-Debakel unter der brillianten Leitung von "Er hat euch nicht belogen der 1." alle Flüchtlinge von 1950 bis etwa 2070 finanziert hätte.

Und er "Er belügt euch nicht, der 2." braucht nichts mehr tun als braun gebrannt auf Ibiza abtanzen - zu Mountain-Man, wenns genehm ist, bitte - und ein Drittel der Österreicher sind bereit, ihm ihre Stimme zu geben. Nicht, weil er irgendwas besser kann, sondern weil jene, die eigentlich gerade etwas TUN sollten ganz einfach NICHTS tun (unsere Regierung, falls sich noch jemand daran erinnert, dass wir tatsächlich einen Bundeskanzler haben, und eine Innenministerin, die sich um die Sicherheit unseres Landes kümmern sollte, stattdessen die Unsicherheit mit jeder einzelnen Verlautbarung vergrößert. HCs bester Mann in der Regierung.) Nichts von dem, was von der Elite eines Landes zu erwarten wäre.

Zum Beispiel könnte der Bundeskanzler und sein Vize sich hinstellen und sagen: Liabe Leut, es gibt gerade Krieg. Es kommen Flüchtlinge. Und wir als österreichische Bundesregierung werden uns ganz klar in der EU und vor allem hier zusammen mit unseren Landeshauptleuten und Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen dafür einsetzen, dass diesen Menschen geholfen wird. Keine Sorge. Wenn der Krieg vorbei ist, wollen die allermeisten (das war nämlich immer so), wieder zurück in die Heimat. Schön, wenn sie dann die Erinnerung an unser Land mitnehmen, dass wir super sind, dass wir hilfsbereit und freundlich sind und dass sie gerne in 10 Jahren zu uns auf Urlaub kommen wollen. Und wir werden es bedauern, wenn die meisten wieder gehen, weil wir die Arbeitskräfte gut brauchen könnten.

Zum Beispiel könnten die Bürgermeister sagen: Wir sind soviele, wenn jeder ein paar unter die Arme greift, hamma das gleich gschupft. Und ehrlich: wenn die dann fast gratis unsere Gehsteige reinigen, weil  ihnen sonst so fad ist, hamma alle was davon.

Zum Beispiel könnten die Wirten sagen: Ja, super, ich wollt eh schon zusperren, weil mein Gasthaus nimmer so gut geht. Und die notwendige Modernisierung ist mir zwida, meine Kinder wollen nicht übernehmen. So kann ich mit Flüchtlingsunterkünften noch ein paar Jahre weiter machen - und in den kleinen Orten, wo jetzt eh schon alle Gasthäuser zugesperrt haben, gibts dann doch wieder ein Platzl, wo man miteinander a Bier oder einen Kaffee trinkt.

Ich bin traurig, ich bin wütend, aber beides hilft gar nichts. Ein bisschen hilft es, mir das mal von der Seele schreiben. Und wenn mein Saxophon irgendwo "We are the World" spielen soll, dann tu ich das. Und als Zugabe "What a wonderful World". Sonst halte ich das nämlich nicht aus - das schöne Wetter, das gesund und sorglos leben - und vor allem, das Sterben von Menschen in meinem Land.

Und eine Bitte noch: LASST EUCH KEINEN SCHEIß EINREDEN.Ein Mensch ist immer ein Mensch. Oder - um mit einem meiner Lieblings-"Philosophen" Forrest Gump zu enden: Gut ist, wer Gutes tut.

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