... diesen etwas befremdlichen Satz habe ich auf meiner letzten Reise kennengelernt - nach Thailand, Vietnam und Kambodscha hat es mich zuletzt einige Wochen verschlagen.

Werbetafeln auf Bangkoks Autobahnen - Buddha is not for decoration or tattoos. Wundere mich. Der gleiche Anblick in Tempelanlagen. Unmissverständlich wird darauf hingewiesen. Etwas verwunderlich, dass es dann doch Verkaufsstände en masse gibt, um eben genau diese Artikel anzubieten für die breite Touristenmasse. Ich glaube nicht, dass der gläubige Buddhist hier Souvenirs einkaufen geht, aber das lasse ich nun einmal dahingestellt. Etwas schwieriger gestaltet sich da mein "Problem" - DARF ich denn nun hier etwas kaufen? Denken dann alle, ich sei nur eine weitere westliche Touristin, die sich mit Buddhas Weisheiten schmückt, weil es gerade trendy ist? Würde mich am liebsten rechtfertigen und vorab klarstellen, welchen Stellenwert Buddhas Lehre in meinem Leben hat. Tue ich aber nicht und laufe an den Ständen vorbei, unverrichteter Dinge obwohl es einer meiner Wünsche bereits vor Reiseantritt gewesen ist, mir ein Armband als Zeichen meines Glaubens zu gönnen - wo, wenn nicht original aus einem Tempel vor Ort sollte ich es mir besorgen?

Wieso ich eines möchte? Seit Längerem bereits beschäftige ich mich mit Buddhas Lehren. Mal mehr, mal weniger intensiv, wie es für mich ebeng erade gepasst hat. Kein Zwang, kein Dogma. Mein eigenes Tempo zum Herausfinden meiner Werte. Denn im Christentum, in das ich hineingeboren worden bin, habe ich meine Überzeugung nicht finden können. Im Sinne der Achtsamkeit habe ich meine innere Mitte gefunden, verloren, wieder gefunden, am Wegrand wieder aufgepickt.. u know what I mean.

Wie bei allem bedarf es Übung, sich inmitten des hektischen Alltags mit neuen Philosophien zu beschäftigen und diese auf Kompatibilität mit dem eigenen Leben zu überprüfen - und Zeit, das weiß ja mittlerweile jedes Kind, haben wir prinzipiell zu wenig und die, die uns eigen wird, werden wir doch nicht egoistisch dazu verwenden, faul auf einem bequemen Kissen mit verschränkten Beinen am Boden herumzusitzen, an nichts zu denken und auf erleuchtung zu warten - wo kämen wir denn da bitteschön noch hin, wenn das jeder machen würde? Rebellisch, wie ich bin, stelle ich mich diesem Wagnis vor etwa anderthalb Jahren dann doch das erste Mal. Wer mich kennt, weiß, dass Stillsitz nicht gerade meine Stärke ist. Bewegungsneurotiker, der keine zwei Minuten am gleichen Fleck aushält ist wohl die treffendere Bezeichnung, mit der man mich beschreiben könnte. Egal - challenge accepted.

Sitze also da und denke an nichts- hat das schon mal wer gemacht? MAn kann stundenlang über das NICHTS nachdenken. Woher kommt es, wie fühlt es sich an, was tut es, wenn es das NICHTS gibt, ist es dann wirklich nichts, denn wenn etwas existiert, ist es doch per se? Was passiert, wenn da wirklich nichts mehr ist. Nichts und Niemand. okay ich gebe zu, ich glaube nicht, dass das der Sinn der Meditation war, ich war danach richtiggehend erschöpft von meinen sich selbst zerdenkenden Gedanken. Buddha musste ein anderes Nichts gemeint haben. Eines, über dessen Beschaffenheit man nicht stundenlang sinnieren sollte. Meditationserstversuch - fail.

Beschäftige mich mit den buddhistischen Lehren, versuche, diese in mienen Alltag bestmöglichst zu integrieren, hinterfrage, verwerfe, zweifle, kratze an der Oberfläche und komme zu dem Schluss, hier meine Lebensphilosophie gefunden zu haben. Müsste ich mich für eine Religion entscheiden- am Papier bin ich seit einiger Zeit ohne Bekenntnis-, ich würde den Buddhismus wählen, wenn gleich dieser selbst sich nicht als Religion versteht. Nicht, weil es seit einiger Zeit hip ist, sich Buddha Figuren in den Vogarten zu stellen, da diese sich im gepflegten Vorgarten gut machen und auch nicht, weil ich weise Zitate auf meiner Facebook Pinnwand poste um erleuchtet zu wirken ohne mich um Hintergründe zu kümmern. Nein, so etwas liegt mir fern.

Als ich die Souvenirstände betrachte kommt mir die Frage in den Sinn, ob wir das gleiche mit Jesus (oder welchem Gott, Propheten,...auch immer) ebenso machen würden. Ich komme zu dem Schluss, noch keinen gekreuzigten Jesus in einem Vorgarten entdeckt zu werden, dieser Punkt geht an den dicken, sympathisch lachenden Buddha.

Aber wieso erfährt dieser in unserer westlichen Welt seit einigen Jahren solch große Popularität? Spiegelt sich darin der Wunsch, uns zu finden, jenseits der hektischen, leistungsbezogenen Welt? Unsere Sehnsüchte nach mehr Frieden und Geduld miteinander? Der Wunsch nach mehr Tiefgang, Muße und Befreiung von allzu starker Profitgier? Wollen wir insgeheim ausbrechen aus dieser Gesellschaft, um uns etwas achtsamer um uns und unsere Mitmenschen zu kümmern, respektvoll miteinander umzugehen?

Wir alle wollen ankommen, niemand jedoch nimmt sich die Zeit dafür, herauszufinden, wie der Weg dahin geht. Es soll nur bitte möglichst rasch und ohne viel Umweg vonstatten gehen. Beschließen, ankommen zu wollen und wähnen uns damit bereits am Ziel, bevor wir den rsten Schritt getan haben.

Wir sind es gwwohnt, nach Dogmen zu leben, wollen frei sein, aber brauchen Regeln, Gesetze, Gebote und Verbote, auf die wir uns berufen können, meist ohne diese großartig zu hinterfragen. Und wenden uns einem Glauben zu, der sich selbst als Lebensphilosophie sieht denn als Religion. Eine Lebensphilosophie, bei der der "Meister himself" dazu aufruft, seine Worte zu hinterfragen, anzuzweifeln, kritisch zu denken um sich selbst seine Überzeugung zu bilden und zu festigen - vertragen wir so viel Eigenverantwortung? Eigenständigkeit? Der Mensch soll für seine Worte und Taten selbst verantwortlich sein - keine Ausreden mehr auf das Schicksal - können wir das ertragen, ist uns so viel zumutbar? Es bedarf viel Mut und (Selbst-)Reflexion, sich dem zu stellen. Mich hat mein eigener Lebens-und mitunter Leidensweg zu diesen Lehren gebracht. .Ich habe hier mein spirituelles Zuhause gefunden. Ich lebe diese Werte in meinem Alltag, ohne groß davon zu erzählen. Rühme mich nicht damit, Buddhistin zu sein. In meinem Haus stehen keine Deko-BUddhas herum, ich habe meine Wände nicht mit weisen Sprüchen tapeziert. Ich zolle dem neuen Konsumgut "Buddhismus" kein Tribut. Ich muss nicht laut glauben, es reicht, wenn ich selbst meine Überzeugungen kenne und danach lebe. Muss kein Teil der lautstarken "Ich bin michd ann aml selbst suchen"-Gesellschaft sein.

Mein einziges Erkennungszeichen seit meiner Rückkehr? mein zweireihiges, geflochtenes rotes Bändchen, das mein Handgelenk ziert. Ich habe mich nämlich in Kambodscha während meines Besuchs in Angkor Wat dann doch entschlossen, mir mein von einem Mönch für mich und meine Lieben gesegneten Bändchen umknüpfen zu lassen - als Zeichen des Respekts und als Erinnerung an meine Werte, wenn der hektische Alltag es mich mitunter schon mal vergessen lässt - not for decoration.

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robby

robby bewertete diesen Eintrag 08.10.2017 19:40:25

Claudia56

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Liliane Licht

Liliane Licht bewertete diesen Eintrag 08.10.2017 13:48:24

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