Im dt. Bundestag wollte die Fraktion Die Linke Daten zu rechten Straftaten gegen Flüchtlinge und -unterkünfte im 1. Halbjahr 2023 haben. Hier der Text der Anfrage.
Und hier die Antwort der Bundesregierung. Auf den PDF-Seiten 12-16 findet man insgesamt 80 Vorfälle der Kategorie Angriffsziel „Asylunterkunft“, von denen 74 dem Täterspektrum "rechts" zugeordnet werden.
Seit den Wahlerfolgen der AfD sind Angriffe gegen Asylunterkünfte meistens für einen prominenten Platz in den Mainstream-News gut. Denn damit kann regelmäßig die Demokratiegefährdung durch Rechtsextremisten thematisiert werden, was wiederum ganz zufällig der AfD eher schaden als nutzen dürfte.
Aber kann sich jemand für das 1. Halbjahr 2023 an Mainstream-Berichte in einer Größenordnung von 80 verschiedenen Straftaten gegen Asylunterkünfte erinnern?
Ich nicht mal ansatzweise, obwohl ich immer noch fast täglich die 20-Uhr-Tagesschau ansehe.
Das wunderte wohl auch die Macher der Nachrichtenseite Njus, aber die waren fleißiger als ich und haben bei den Strafverfolgungsbehörden und Polizeien aller Tatorte die Sachverhalte genauer recherchiert. Die Ergebnisse findet Ihr hier, hier und hier.
Meine persönliche Kurzfassung in Zitaten: In nur einem von 80 Fällen gab es einen Angriff auf ein bewohntes Flüchtlingsheim, der rechten Tätern direkt zugeordnet werden kann... In sechs von 80 Fällen gab es Angriffe auf bewohnte Asylunterkünfte, bei denen es keinen Tatverdächtigen gibt. Alle Straftaten werden jedoch in der Statistik rechten Tätern zugeordnet... Bei weiteren sieben Attacken auf unbewohnte Flüchtlingsheime kann kein Tatverdächtiger gefunden werden. Trotzdem werden alle Straftaten in der Statistik einem rechten Täter zugeordnet... In fast der Hälfte der Geschichten spielt ein Flüchtlingsheim überhaupt keine Rolle. 38 der insgesamt 80 Delikte fanden nicht an oder in einer Asylunterkunft statt. Die Liste der Absurditäten ist lang: Mal landen Streitigkeiten aus einer Kneipe in der Statistik. An anderer Stelle wird der Diebstahl einer Regenbogenflagge vor einer „Internationalen Begegnungsstätte“ als Angriff auf ein Flüchtlingsheim bewertet. Mitunter gibt es die aufgelistete Straftat überhaupt nicht, und weder Polizei noch Staatsanwaltschaft können auf Anfrage von NIUS entsprechende Daten finden... Insgesamt kann man nur in 17 Fällen von einem Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft sprechen, wobei in neun dieser Fälle kein Asylbewerber in der Unterkunft wohnte, da sich diese gerade erst in Planung befand. Ende der Zitate.
Auf Nachfrage von Njus sieht das Innenministerium keine Veranlassung, die freischwebend gelogenen Daten nochmal überprüfen zu lassen, um anschließend eine realistische Antwort auf die Anfrage der Linken vorlegen zu können.
Ich könnte mich jetzt in Folgerungen wie "Faser und SPD verarschen den Bundestag mit grotesken Lügen über rechte Angriffe auf Asylheime" hochziehen, aber das kann Julian Reichelt viel besser und pointierter:
Auch wenn Njus vermutlich keine allzugroße Reichweite hat: Ich vermute, daß die AfD mit Hilfe solcher Regierungsmärchen nicht kleingehalten wird, sondern ihr Aufstieg in den Umfragen eher noch beschleunigt wird.