Am 9. März war ich Teil der Delegation der österreichischen Tourismussprecher, die zur ITB, der grössten Tourismusmesse der Welt, nach Berlin gefahren sind. Der Tourismus: ein wichtiger und zentraler Arbeitgeber und Umsatzbringer unserer Wirtschaft und damit das Tourismusland Österreich standen dort im Mittelpunkt. Am selben Tag tagte in Brüssel der EU-Gipfel der Staats- und Regierungsschefs. Unter anderem wurde dort auch von unserer Regierung der Vorschlag für die Einschränkung der Personenfreizügigkeit vorgelegt. Erkennen Sie schon den Widerspruch? Nein? Ich fahre fort.

Personenfreizügigkeit = EU-Grundfreiheit

Die Europäische Union hat 4 Grundfreiheiten. Das ist eine Errungenschaft, die im 60. Jahr der römischen Verträge offensichtlich gerne wieder vergessen wird. Eine davon ist die Personenfreizügigkeit. In Zahlen: 400.000 Österreicher arbeiten im Ausland, davon 300.000 in der EU und wiederum davon 175.000 alleine in Deutschland. Die Personenfreizügigkeit macht es möglich. Aber die österreichische Regierung sieht das anders. Zum Schutz der heimischen Arbeitskraft wird auf Kosten der EU populistische Beschäftigungspolitik betrieben, die bereits im Ansatz einen Riesenfehler aufweist: sie schadet einem zentralen Wirtschaftsstandbein Österreichs, dem Tourismus.

Strukturpolitik statt Populismus

Es ist relativ leicht zu durchschauen, was die Regierung hier vorhat: indem der heimische Arbeitsmarkt vor einer „Überfremdung“ geschützt wird (und auch noch mit der Migrationsfrage sträflicherweise vermengt wird) soll die Arbeitslosigkeit bekämpft werden. Nun hier liegt ein zentraler Denkfehler: es sind nicht die 180.000 EU-Bürger_innen, die in Österreich arbeiten, „schuld“ an der Arbeitslosigkeit und den fehlenden Jobperspektiven der Österreicher_innen. Es sind die fehlenden Strukturmassnahmen, die ich seit meinem Eintritt in den Nationalrat fordere:

Senkung der Lohnnebenkosten, das heisst mehr Netto von weniger Brutto. Siehe die aktuelle Debatte um den Mindestlohn. Das wird viele KMUs wirtschaftlich herausfordern. Die Folge werden weniger statt mehr Arbeitsplätze sein

Arbeitszeitflexibilisierung: endlich einen Jahresdurchrechnungszeitraum von 365 Tagen. Damit sind besonders im Tourismus die Nebensaisonen nicht von stempelnden Saisoniers geprägt. Und wir braucht diese Flexibilisierung für die Digitalisierung

Fachkräftemangel: die Regierung nimmt zb den Koch nicht in die Liste der Mangelberufe auf, gleichzeitig finden sich immer weniger Fachkräfte auf ausgeschriebene Stellen. Besonders der Tourismus leidet unter dieser Entwicklung. Wir greifen daher auf EU-Ausländer zurück. Wenn wir das nicht machen, bricht ein Wirtschaftszweig in sich zusammen. Damit sind indirekt 600.000 Arbeitsplätze gefährdet. Ist das der Sinn dieser Aktion?

Mit der Einschränkung der Personenfreizügigkeit stellt die österreichische Regierung nicht nur das Projekt EU in Frage, sie gefährdet nachweislich Arbeitsplätze anstatt welche durch strukturelle Massnahmen zu schaffen. Sie gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs, obwohl wir laut einer jüngsten Analyse der EU-Kommission hier im oberen Drittel innerhalb der EU rangieren.

Daher mehr Europa und weniger Protektionismus. Mehr strukturelle Massnahmen und weniger Populismus. Das bringt mehr Freiheit, Wohlstand und Selbstbestimmung.

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hagerhard

hagerhard bewertete diesen Eintrag 24.03.2017 16:40:32

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