Mein letztes Gespräch mit Kurt Kuch

Es ist beschissen. Ich sitze da und heul. Jetzt ist er echt gestorben. Dabei hat er noch bei Corinna Milborn auf Sendung gesagt, dass ihn der Krebs nicht packen wird. Ich gebe zu: Ich hab's ihm nicht geglaubt. Kurt war ein außergewöhnlicher Journalist, ich schätze ihn sehr. In einer heiklen Sache, vor etwa fünf Jahren, hatten wir gemeinsam die Kacke am Dampfen. Wir saßen zusammen in einem heruntergekommen Lokal beim News Verlag und bequatschen alles. "Deine Coolness möchte ich haben", dachte ich mir damals, die ich immer schon Angst vor zornigen Kasachen und Rotlicht-Baronen hatte. Kurt aber nicht. Bewundernswert. Wir wurden abgehört, sie wussten praktisch alles, Kurt hatte die Protokolle, er las mir vor, wann ich mit wem was besprochen hatte. Er nahm alles erstaunlich locker.

Als wir für fischundfleisch den Innovationspreis bekamen, so waren mir Kurts Glückwünsche die wichtigsten, er schrieb "Bist auch innovativ wie niemand sonst in diesem Land." Danke, Kurt, ich sehe das zwar anders, aber dass du das sagst, das tut schon gut.

Ich möchte hier einen Auszug aus der letzten Facebook-Konverstation zwischen Kurt und mir veröffentlichen. Was Kurt wichtig war, waren die Roma. In seiner Seele war er selbst einer. Er schrieb an einem Buch, erzählte er mir, Thema: 20 Jahre Anschlag in Oberwart

KURT, DANKE für alles, sehr sehr schade, dass es vorbei ist. Ich werde oft an dich denken. Wir sehen uns wieder. Deine Silvia.

20 jahre anschlag in oberwart

roma attentat. ich war damals ehrenamtlicher pressesprecher des romavereins

und jeder journalist blieb bei mir picken

so wurde ich journalist

in oberwart sind die autochthon seit 400 jahren da

die güssinger holten sie als waffenschmiede

später wurden sie halt kesselflicker

die güssinger holten auch juden, gaben denen freibriefe, die (ungarischen) oberwarter Grenzwächter waren sowieso kleinadelig und von Fron und Robot befreit und schon lange vor dem Toleranzpatent Calvinisten und dann holten sie Deutsche Handwerker und nach den Entvölkerungen durch die Türken massenweise Kroaten

Und zum Schluss noch Wallachen, slawisierte Roman aus Bosnien, als Hilfspolizei, weil die anderen Volksgruppen schon zu gut miteinander gepackelt haben https://fbstatic-a.akamaihd.net/rsrc.php/v2/yg/r/N74Yz5v6w2Z.png); background-size: auto; background-position: 0px -8088px; background-repeat: no-repeat no-repeat;">

Die Siedlung hatte 96 ca 120 Einwohner, davon ca 2/3 Roma, der Rest Sozialfälle, die in diese Gemeindewohnungen zugewiesen wurden. Vor allem alte und ungebildete Leute. Jeder, der einen Lehrabschluss oder ähnliches hatte, ist halt einfach nach Wien gegangen, wo keiner fragt, ob du zigeuner bist

heute hat die siedlung noch ca 80 einwohner. zwei roma-mädchen haben den uni-abschluss gemacht. es gibt jetzt außerschulische lernbetreuung, damit ist das bildungsniveau extrem gestiegen.

ist eine lange geschichte in ow. die ursprüngliche siedlung wurde 39 von den nazis niedergebrannt, die einwohner nach lackenbach verschleppt. 13 überlebten (von ca 200) die NS-ZEit und kamen retour

dann lebten sie wieder am ortsrand. 1972 beschloss man an der stelle von deren siedlung (die standen im grundbuch) ein spital zu bauen.

also hat man noch weiter weg 12 wohnungen a 35 m2 gebaut als Gemeinde

und gesagt, da dürfts gratis rein. strom und wasser zahl ma auch

direkt bei der mülldeponie

und vor der siedlung stand die tafel "oberwart" durchgestrichen. so als würden sie nicht dazugehören...

erst nach dem anschlag kam bewegung in die sache

unvorstellbar.

heute ist dort alles asphaltiert und hergerichtet, vorher war das ja schändlich, da ist nicht mal der schuldbus hingefahren

ich bin da eher zurfällig dazugekommen. ich bin 500 meter auf der anderen seite des spitals aufgewachsen, wo halt die "besseren" ende der 70er alle ihre 350 m2-hütten hingebaut haben.

daher kannte ich sie alle. vor allem den stefan horvath, der dann beim anschlag seinen sohn verloren hat.

der war mal bundesligakicker und ist blitzgescheit

ich war damals obmann oder obmann-stv vom OHO (offenes haus oberwart) und der Roma-Verein war ein Spin-off und der Stefan war Obmann.

warum magst du die Zigeuner eigentlich so?

Menschen

Ich mag Menschen

das ist schön.

Was die sind, ist mir ziemlich wurscht

Arschlöcher gibts überall

ja, wie wahr..

damals war es vor allem die ungerechtigkeit

und die blauen

der haider hat ja behauptet, die hätten sich selbst in die luft gesprengt, der stefan horvath sei ein autoschieber etc. etc.

der war bauleiter bei kallinger

dass sie vorher im gasthaus karten gespielt hätten. nur gibts in der ganzen siedlung kein gasthaus

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Da Fraunz

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