Und sie marschieren wieder. #pegida

Fortsetzung von unserer Exklusiv-Geschichte über die bevorstehende Pegida-Demo am 29. März in Graz

Eines vorweg: Ich habe selbst Migrationshintergrund. Darum bin ich vielleicht die falsche, um die ganze Diskussion sachlich beurteilen zu können.

Als ich in der Volksschule war, gab es dieses Geschwisterpaar, Oliver und Gerald R. Ich erinnere mich noch bestens an die beiden, an ihre Beleidigungen, an die gelegentlichen Stöße, die sie mir mit den Worten "Du Ausländerin!" verpassten. Sie waren dumm, fand ich damals, und sind es vielleicht heute noch. Gelegentlich schimpften sie mich sogar eine "Inländerin", weil sie den Unterschied nicht kannten. Klar, wir waren Kinder, vielleicht sind die beiden heute anders, hoffentlich, trotzdem sitzt der Schmerz, fast 30 Jahre später, noch immer tief. Ja, ich weiß, dass mag lächerlich klingen, aber wenn ich an die beiden denke, dann scheint es, als wäre es gestern gewesen.

Wenn Menschen ihre Heimat verlassen, dann hat das immer einen triftigen Grund. Bei meinen Eltern war es der Kommunismus, die Hoffnung auf ein besseres, freies Leben. In Österreich hatten sie wirtschaftlichen Erfolg und fanden ihr Glück, längst sind sie Österreicher, auch im Herzen. Beide können sich eine Rückkehr nach Kroatien, einem von Korruption und Vetternwirtschaft dominierten Land, nicht mehr vorstellen. Doch sie hatten es in Österreich nicht leicht. Ich weiß noch, wie sich meine Mutter schämte, als man sie im Bus schief anschaute, weil sie eine andere Sprache – damals "jugoslawisch" – sprach. Und automatisch schämte auch ich mich, ein Gefühl, das ich nie wieder haben möchte. Pegida? Ich kann nicht mitmarschieren. Aber das ist meine ganz persönliche Geschichte.

Dennoch: Viele, die bei Pegida mitmarschieren, sind nicht ausländerfeindlich oder irgendwelche hirnlosen Nazis (spart Euch das Kopfschütteln an dieser Stelle). Ich habe im Zuge meiner Recherchen rund um die Pegida-Bewegung solche und solche kennengelernt, darunter Susanne M., Mutter von drei Kindern. Ich habe sie gefragt, warum sie mitgeht. "Weil ich Angst habe", erzählte sie mir, "ich wohne in einem Bezirk, wo muslimische Banden Schrecken verbreiten. Gespräche mit der Polizei haben nichts gebracht." Und, was sagen wir ihr? "Musst halt wegziehen?"

Was sie erzählt, ist furchtbar, ihre Kinder werden bedroht und gedemütigt, Gewalt ist an der Tagesordnung. Sie muss wegziehen, hat mittlerweile keine andere Wahl. Doch leider auch kein Geld um in einen Bezirk zu ziehen, der sicherer ist.

Ich habe Hintergrundgespräche mit Polizisten und Detektiven geführt, vor Jahren schon. Sie sprechen von "Problembezirken" in Wien, wo sich in manchen Grätzln davon sogar die Exekutive heraushält. Es scheint, es gäbe es Kleinstaaten in einem Staat. Wir haben ein Problem. Ein größer werdendes Problem. Das ist Fakt. Es zu leugnen, wird schlimme Folgen haben. Die Integrationspolitik ist gescheitert. Minister Sebastian Kurz weiß vom Problem (er schreibt nächste Woche bei uns zum Thema) und es werden bereits gute Maßnahmen gesetzt. Doch scheinbar ist die Bevölkerung dermaßen verunsichtert – und verängstigt – dass man sich auf die Regierung nicht mehr verlassen möchte. Die Antwort ist Pegida. Das Problem an der Bewegung ist, dass so viele rechte Recken dabei sind. Das Problem hat die FPÖ allerdings auch, eine Partei, die letzten Umfragen zufolge bei mehr als 25 Prozent der Wählerstimmen liegt. Was sagt uns das?

Das würde ich gerne von Euch wissen.

Sagt hier offen,

1. wie ihr zu Pegida steht, ohne bitte in Ausländerfeindlichkeit abzudriften. Würdet ihr mitmarschieren? Wenn ja, warum? Warum nicht?

2. Leute, die bei Pegida sind, verlieren ihren Job. Werden gefeuert. Auch wenn sie so wie Susanne M. keine Nazis sind, sondern einfach besorgte Bürger. Wie ist Eure Meinung dazu?

Danke! Ich freu mich sehr auf Eure Kommentare in den nächsten Tagen!

WICHTIG: AUF TWITTER WIRD MIR BEREITS EINE UNKRITISCHE HALTUNG ZU PEGIDA VORGEWORFEN. ICH WEIß NICHT, WIE DEUTLICH ICH NOCH SEIN MUSS (WIR HABEN ES SCHON MEHRFACH GESCHRIEBEN). GERNE NOCH MAL. MEINER MEINUNG NACH KANN MAN PEGIDA NICHT UNTERSTÜTZEN, WEIL DER ANTEIL AN "RECHTEN RECKEN" VIEL ZU HOCH IST. NEIN ZU PEGIDA! DAS IST AUCH DIE MEINUNG DER REDAKTION. ABER (!) WIR WOLLEN HIER AUF FISCHUNDFLEISCH ZUR DISKUSSION EINLADEN. DIE LEUTE SOLLEN ÜBER IHRE ÄNGSTE UND IHRE EINSTELLUNG ZU PEGIDA REDEN DÜRFEN – SOFERN SACHLICH UND NICHT AUSLÄNDERFEINDLICH!

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