Keine Nachrichten mehr gesehen, schon vier Tage lang. Und das mir, die ich meinen Kindern beibrachte: "Mindestens einmal am Tag ..."
Weil ich dachte, dass es wichtig ist zu wissen, was passiert. Weil ich meinte, nur so könnten kluge und informierte Menschen sich ein Urteil bilden.
Ich war davon überzeugt.
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Danke!
Und dann haben sie mich doch gekriegt. Mich hartnäckigen Handy-Verweigerer, Netz-Vorsichtling, mich Gehirn-Schiss-Verweigerer (Ich bin doch nicht blöd!).
Sie kriegen uns alle. Wir alle haben unseren Schwachpunkt, unsere Sucht-Schwelle, unseren Umfall-Faktor.
Meiner war diese Fernseh-Sache: Du schaltest den Fernseher ein und stellst fest, die Sender sind weg. Und bist froh, dass du vor Jahren schon die Entscheidung für Digital getroffen hast. Aber da fehlen einige, die nun nicht mehr greifbar sind. Und - wie man dir per Mail ein paar Tage später mitteilt - für zusätzliches Geld gekauft werden wollen. Und dann fällt dir ein, dass die ja eigentlich doof waren. Du hasstest diese Werbung alle paar Minuten schon immer. (Und wieder: Nein, ich bin nicht doch blöd!)
Zwischenzeitlich hattest du dich nach Alternativen umgeschaut und welche gefunden. Die zwar auch nicht kostenfrei waren, aber sehr viel mehr Spaß verhießen und die Möglichkeit, das Krams mit auf den Balkon oder ins Bett zu nehmen (o.k. ich sollte über meinen Schlaf nachdenken). Das alles vollkommen ohne (na, fast) Werbung.
Haben Sie bei einer Ihrer Lieblingsserien schon einmal gedacht: "Mist, gerade jetzt, ich will wissen, wie es weitergeht: JETZT!". All das ist jetzt möglich.
Und was möglich ist, testet frau (mann auch) aus.
Zwei Mal drei Staffeln (mehr gabs nicht umsonst) und einmal fünf(!). Pro Staffel ca. 20 Folgen a 45 Minuten. Ein hübsches Stückchen Zeit. Lebenszeit, die einem verloren geht, wessen man sich erst hinterher bewusst wird. Währenddessen ist der Touch(!) - weil: wir drücken nicht mehr auf Knöpfe; wir berühren Screens - nur allzu leicht. Wir wollen, schnell, nur noch das wissen und jenes. Und ehe wir es uns versehen, ist es schon wieder nach Mitternacht und der Wecker klingelt viel zu früh ...
In wenigen lichten Momenten (während der wenigen Werbung vielleicht) kommt dir die Erkenntnis: Es ist wie beim Stricken, alles gleich, alles nur rechte und linke Maschen, wenn auch in unterschiedlicher Anordnung. Aber letztlich läuft alles auf das Gleiche hinaus. Ein Bösewicht (denn so viel verschiedene Geschichten kann man nicht ausdenken), der da heißt RED JOHN, Moriarty oder wie auch immer. Oder die DIE BEOBACHTER oder welche Fremden auch immer. Nine-eleven hat es nicht besser gemacht, denn - ich vergaß - meistens sind es amerikanische Serien, die ihre Bevölkerung auf Kampf und Krieg einstimmen wollen. Immer. Böse Zungen behaupten, dass das Verteidigungsministerium viel von diesem Zeugs finanziert.
Und während der amerikanische Durchschnittsmensch in Iowa sich sagt: "Wenn es darauf ankommt, wirst du dein Land, deine Freiheit etc. verteidigen.", frage ich mich: "Für wie bescheuert halten die uns eigentlich?"
Und ich wache auf. Langsam zwar, aber ich tue es.
Ich war nicht dabei in Hamburg. Ich war nicht einmal bei der Berichterstattung dabei. Ich weiß folglich nicht so viel. Aber ich habe so ein Gefühl.
Langsam schäle ich mich aus diesem übermenschlich großen Ei heraus, das ich aus einer utopischen Erzählung in Erinnerung habe (es ließ die Menschen ihre reale Umwelt vergessen und spielte ihnen eine Welt in der Virtualität vor). Und ich schaue wieder nach draußen. Einen Moment lang fühle ich mich leer, weil ich die Helden der Serie verlor. Und dann erinnere ich mich: Da ist noch ein wahres Leben.
Und ich bin froh, das nicht vergessen zu haben.