Und wer noch?
Demokratie ist eine feine Sache. Da in ihr Macht und Regierung vom Volke ausgehen, beinhaltet sie auch das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit. Schließlich muss ein (mit)bestimmendes Volk auch das Recht und die Möglichkeit haben, sich die Meinungen zu bilden, die zu seiner Entscheidungsfindung führen.
Dass die Medien dabei eine durchaus nicht zu unterschätzende Macht haben, die zu anderen Zeiten und an anderen Orten zur "Gleichschaltung" führt(e), weiß jederman*, der sich nur einen Hauch von Meinung leisten möchte. Ein Blick über den Tellerrand, historisch und geografisch, gehört da einfach dazu. Und nicht wenige mutmaßen inzwischen auch hier "staatliches verordnetes Liniendenken". Der Begriff "Lügenpresse" macht die Runde. Und Journalisten sind in zunehmendem Maße verärgert, was sie zum Kampf in eigener Sache bringt.
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Aber inzwischen gibt es auch das Netz, das jeden mit irgendeiner Art Sendungsbewusstsein dazu befähigt, nicht nur seine Meinung darzustellen, sondern auch Meinungen zu bilden.
Jeder Blogger spürt den Journalisten in sich und jeder Diskutant in sozialen Medien die politische Kompetenz.
Die Einen bewegen sich in Kreisen, in denen der Eindruck entsteht, jeder Andere wäre auch ihrer Meinung. Die Anderen suchen die Konfrontation und begeben sich ins Getümmel derer, die anders denken. Irgendwer muss denen doch sagen, wie falsch sie liegen.
Die Wahrheit liegt irgendwo mittendrin und manchmal auch ganz woanders. Und jeder kann nur mit den Informationen hantieren, die er hat. Die können sich aus der einen oder anderen Sicht aber sehr anders darstellen. Und manchmal auch einfach nur falsch sein.
Und dazwischen all jene, denen bei Informationen nur das Offenkundige interessant ist. Möglicherweise nicht einmal, weil es sie interessiert, sondern damit man mitreden und an der Wahlurne eine dem Anschein nach vernünftige Entscheidung treffen kann.
Dass Wiederholung der gewünschten Wahrheit durchaus hilfreich ist, erkannten Menschen verschiedener Couleur.
"Wenn man eine große Lüge erzählt und sie oft genug wiederholt, dann werden die Leute sie am Ende glauben. Man kann die Lüge so lange behaupten, wie es dem Staat gelingt, die Menschen von den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Konsequenzen der Lüge abzuschirmen. Deshalb ist es von lebenswichtiger Bedeutung für den Staat, seine gesamte Macht für die Unterdrückung abweichender Meinungen einzusetzen. Die Wahrheit ist der Todfeind der Lüge, und daher ist die Wahrheit der größte Feind des Staates." (Joseph Goebbels)
"Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist." (Alfred Polgar)
Wenn J.W.v.Goethe die Wiederholung auch der Wahrheit fordert, ist die Verwirrung komplett:
"Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse, in Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten. Überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist."
Folglich ist das wache Hören auf stete Wiederholung mitnichten ein Rezept, weil alle Seiten es tun.
Das Beharren auf der eigenen Auffassung ist Programm, weil es die Hoffnung in sich birgt, man könne mit der eigenen Wahrheit doch noch den Sieg davon tragen. Und eigentlich ist es dann, wenn man sein Ziel erreicht hat, egal, ob das im Goebbelschen oder Goetheschen Sinn passiert ist.
Es zählt nur, dass Meinungssieg auch Macht bedeutet. Auf die eine oder andere Weise.
Kein Wunder, dass so eifernd diskutiert und, wenn das nicht hilft, der Ton immer rauer wird. Denn beinahe scheint der eigene Meinungssieg, auch weit jenseits der großen Politik, gewichtiger als es der Wahrheit zukäme. Bloß nicht falsch liegen, bloß nicht das eigene Unwissen, die eigene Verblendetheit zugeben. Egal, ob die eigene Auffassung durch ausgedachte, vermeintlich selbst erlebte, Geschichten oder (und sei es auch nur der Herkunft und dem Kontext nach) falsches Bildmaterial unterfüttert wird.
Da muss der gemeine Informationskonsument schon gut wach sein und darf sich nicht von seinen eigenen Gefühlen dahin spülen lassen, wo er sich am Wohlsten fühlt.
Nicht immer sind Lügen so leicht erkennbar wie hier:
The Announcer
(Main image: Getty; Photo illustration: Esther Werdiger)
Es sei denn natürlich, ihm ist die Behaglichkeit der eigenen falschen Meinung wichtiger als die wirkliche Wahrheit.
Und: Wenn Ihnen in den sozialen Medien wieder einmal ein ganz empörendes Bild mit einer furchtbaren Geschichte begegnet, machen Sie sich nicht zum Werkzeug, wenn Sie keins sein wollen.
*gegendert wird bei mir nicht