Ich dachte, dieses unsägliche Kleidungsstück wäre Schnee von gestern.
Und doch trägt der da hinten ein solches Stück. Wer weiß, wo er es aufgetan oder ausgegraben hat. Es wird dadurch nicht besser.
Schon früher mochte ich Windjacken nicht, obwohl ich zugebe, einstmals auch selbst welche getragen zu haben. Die eine gab es sogar passend zum Rock. Den Rock mochte ich. Aber die Jacke blähte sich bei jedem Windhauch so sehr auf, dass es schlichtweg blöd aussah.
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Danke!
Mit Windjacken aus Kunstleder passierte das zwar nicht, aber das machte sie nicht besser. In ihre Schnitte waren, ebenso wie in die aus Echtleder, der "Wind" schon irgendwie eingearbeitet. Schmalbrüstige Männer schunden so den Eindruck eines kräftig trainierten Brustkorbes, den sie zu erhalten trachteten, indem sie die Jacken, natürlich ungeöffnet, auch in öffentlichen Innenräumen (Gaststätten usf.) an behielten. Was zuweilen zu Gerüchen führte.
Später dann, als Windjacken aus mancherlei Gründen "out" waren, hielt sich nur eine ganz kleine Garde Unverbesserlicher, die weiterhin Windjacken trugen, gerne ältere Herren und gerne in braun-beige.
Wenn ich heute braun-beige Kunstleder-Windjacken sehe, dann ahne ich schon, welcher Typ Mann darin steckt. Jedenfalls kein junger, denn denen käme so ein Kleidungsstück nicht in den Sinn, schon gar nicht in dieser Farbe. Und dann, obwohl ich diese Vorstellung nur im Einzelnen verifizieren kann, kombiniere ich mit braun-beigen Kunstleder-Windjacken immer verbissene, kleine, zu kurz gekommene Männer, die über die Jahre aus ihrer Ödnis eine Tugend gemacht haben und jedem sagen, wie MAN sich zu benehmen hat.
Und während ich so diese Betrachtungen anstelle, kommt Windjacke auf mich zu. Was ja erst einmal nichts Besonderes ist, denn hier am Gradierwerk gibts ja nur diesen einen Weg.
Vor mir jedoch bleibt er stehen und mäkelt, dass es "schön" sei, wenn man in der gesunden Luft vorm Gradierwerk eine Zigarette rauche. Ich mache mir nicht die Mühe, voll zu ihm aufzuschauen, denn das wäre zu viel der Beachtung, und sage nur: "Ich wusste, dass Sie irgend so etwas Supergescheites sagen würden. Manchen Leuten sieht man es an."
Er ist sichtlich verwirrt, weil nicht gewöhnt, dass seine grundlose Attacke, die ja zweifellos nicht nur mir gilt, sondern jederman treffen könnte, offenbar vorausgesehen wurde. (Ihm war nicht klar, zu einer von aussen erkennbaren Sorte Mensch zu gehören.) Und so gerät sein nächster Satz sehr viel weniger euphemistisch, obwohl er das "schön" noch einmal aufgreift (Sicherlich ist er sonst, wenn er unerwartet aus der Deckung springt, sehr viel wortgewandter.) und dann weitergeht. Mehr so vor mich hin, aber natürlich weiss ich, dass er auf meine Antwort lauscht, sage ich, wie "schön" ich es finde, wenn manche Leuten anderen stets erklären müssen, was sie für richtig halten.
Sein Schritt beschleunigt sich. Er dreht sich auch nicht noch einmal um.
Und ich, die ich es nicht drauf angelegt habe, immer Recht zu haben, mache meine Zigarette aus. Manchmal wärs mir lieber, würde ich mich in solchen Sachen täuschen. Bei dem Einen oder Anderen könnte so eine braun-beige Windjacke ja vielleicht ganz flott aussehen ...