Eben las ich in einem Blog: Ich sehe ... blabla ..., aber "unsere Kultur ist einfach besser" ...

Aha, denke ich mir. So einfach kann man es sich auch machen. Und habe im Hinterkopf diesen wunderschönen Freitagnachmittag vor Augen. An dem ich mit einer Freundin erst essen war und dann einen Abstecher zur Eisdiele gemacht hatte. Während wir vor diesem Riesensortiment standen und unsere Wahl treffen mussten, sagte meine Freundin auch so etwas wie "Schokoeis ist einfach besser." Was ich kommentarlos hinnahm.

Natürlich weiß jeder, was gemeint ist. Es ist FÜR SIE besser. Aus mancherlei mir nicht bekannten Gründen. Weil sie Schokogeschmack mag, weil sie in ihrer Kindheit nicht so viel Schokolade bekam wie die heutigen, weil irgendwelche Erinnerungen damit verbunden sind, weil sie nicht sonderlich experimentierfreudig ist ...

So oder so ist klar: Schokoladeneis ist nicht objektiv besser, sondern IHR schmeckt es besser. Und vielleicht erfüllt sie das Bekannte, Erwartbare auch mit einer gewissen Befriedigung.

Auch ich bin in diesem Sektor nicht scharf auf allzu abwegige Experimente. Ich hörte von jungen Konditoren, die Bratwurst- und Sardelleneis machen. Und muss das gar nicht erst probieren. Weil ... Eis muss (für mich) wenigstens in Ansätzen süße oder fruchtige Komponenten haben. Wenn ich Lust auf Bratwurstgeschmack habe, dann kaufe ich mir eine richtige Bratwurst.

Aber ich schweife ab.

Bleibt die Frage, ob die schlichte Behauptung, dass unsere Kultur "einfach besser" ist, jemals zu einem Konsens mit Menschen aus anderen Kulturen führen kann. Steckt da nicht, zumindest in Ansätzen, diese Herrenmensch-/ Kolonialherrenmentalität drin? Diese Leute in den verschiedensten Zeitepochen schlugen auch immer irgendwo auf, begriffen nicht, was sie vorfanden und quäkten: "Unseres ist einfach besser und deswegen müsst ihr das jetzt alles so machen wie wir."

Natürlich weiß jeder, wohin das geführt hat. In regelmäßigen Abständen hat es gehörig gewummst, weil - und jetzt kommts! - die anderen ja auch dachten, ihres sei besser als unseres.

Wenn "besser" also lediglich eine sehr subjektive Wahrnehmung von Dingen ist, die wir (aber auch nur wir) über die Jahrhunderte für gut und richtig befunden, auf die wir unser Leben und unsere Gesetzgebung sowie gesellschaftliche Struktur ausgerichtet haben, ist "besser" dann richtiger oder eben einfach nur anders? Und: Bleibt in einer Gesellschaft, die sich SO entschieden hat, Raum für anderes oder eben nicht?

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Ortswechsel:

Ich sah einen Bericht über Türken in Deutschland. Menschen, die hier seit Jahrzehnten leben, ihre Kinder hier bekamen und mit der Zeit alles ziemlich genau so gemacht hatten wie die Hiesigen.

Einer von ihnen, inzwischen Rentner, ehemals Bergarbeiter, Gewerkschafter, SPD-Mitglied, hatte sich auf seine alten Tage entschieden, den türkischen gegen den deutschen Pass einzutauschen. Im Amt traf er auf einen Bekannten, der angesichts des Stapels von Papieren fragte: "Und? Was, meinst du, wird sich dadurch ändern?"

Und er erkannte, dass sich eben gar nichts ändern würde. Dass er alles so gemacht hatte wie die Deutschen, machte ihn – obwohl er einen Anspruch drauf hatte – am Ende doch nicht zum Deutschen. Er würde immer "der Türke" bleiben. So sehr er sich auch angestrengt hatte.

Ein anderer, jüngerer, hier aufgewachsen, brachte es auf den Punkt. Natürlich könne er die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Aber sein Name und sein Aussehen und seine Religion markierten ihn dann immer noch als "den Türken". Warum also sollte er dieses endgültige Bekenntnis zu diesem seinem Heimatland leisten, wenn das Land seine wirkliche Heimat nicht sein wollte?

Es gab noch mehr von diesen Geschichten, die letztlich alle auf das Gleiche hinausliefen: Wir fühlen uns hier zu Hause, haben uns angepasst und werden eben doch nie einer von euch sein.

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Wir wundern uns, wenn da immer wieder Menschen durchdrehen, sich radikalisieren, hier womöglich auch in der dritten Generation noch nicht ankommen ...

Und, ja, da sind sicherlich jetzt viele, die eine Hülsa oder einen Ali kennen, mit denen sie in der Schule/ Ausbildung/ Arbeit waren. Die waren doch "ganz normal". Hat sich mal jemand gefragt, wie es Hülsa oder Ali geht, wenn sie die Schule, den Ausbildungsplatz etc. wechseln? Müssen sie nicht jedes Mal ganz von vorn anfangen? Nicht so wie wir, die wir uns auch erst einmal vertraut machen und die neuen Menschen in unserer Umgebung kennenlernen müssen. Sondern auf eine Art, die ihnen immerfort Bekenntnis und Beweis abverlangt, dass sie unser Land und unsere Kultur ganz toll finden und "eigentlich" genau so sind wie wir.

Bekenntnisse und Beweise, die wir Hiesigen zu erbringen nicht zwingend nötig haben, weil "Wir SIND ja schon deutsch."

Und was sind Hülsa und Ali?

Wenn sie die Oma in der Türkei besuchen, nennt man sie "die Deutschen".

ARD Youtube Screenshot – "einmal Türke, immer Türke? Warum die Integration scheitert."

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