Die Tatsache, dass wir Heutigen, mindestens in der westlichen Welt, durchschnittlich besser gebildet sind und durch das Netz Zugang zu allerhand Wissen und Informationen haben, verleitet eine nicht geringe Anzahl von uns zu der Annahme, klug zu sein.
Was ja doch relativ ist.
Nach altgriechischem Vorbild ist Klugheit, um es kurz zu machen, die Fähigkeit zu angemessenem Handeln auf Grund gewonnener Erkenntnisse. Womit das Problem schon ziemlich deutlich wird: Die Masse der uns zu Verfügung stehenden Informationen vermittelt nicht immer (Er-)Kenntnisse, die uns angemessen handeln lassen. Wobei hier Eines das Andere gibt: Was, zum Teufel!, ist denn nun wieder angemessen? Wenn Sie das googeln, erscheint allsogleich der Begriff der Verhältnismäßigkeit, der stark juristisch angehaucht ist und den Normalverbraucher sofort an Notwehr denken lässt: Die Verhältnismäßigkeit der Gegenwehr im Falle des Angriffes. Kommen wir damit zu weit vom Thema ab?
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Danke!
Seien wir großzügig und behaupten: NEIN. Verhältnismäßigkeit ist in allem Tun, das (s.o.) Resultat unseres Denkens ist, Gradmesser unserer Zivilisation. Ist unser Handeln Resultat eines Denkprozesses, sollte es Ergebnisse nach sich ziehen, die Spiegel unserer Erkenntnisse sind. Wir haben, und das unterscheidet uns von anderen Tieren, dank unseres Intellekts die Wahl. Wir haben auch die Wahl, unseren Instinkten (die allein bestimmen das Handeln unserer tierischen Geschwister) nicht zu folgen, Ereignisse rational einzuordnen usf.
Und wir haben die Wahl zu dem Bekenntnis, dass Dinge so komplex sind, dass wir sie nicht verstehen. Kluges Handeln wird dann schwierig und es wäre unklug, Erkenntnisse vorzugeben, wo der Überblick fehlt. Noch unklüger ist es, in jeder Situation einem festen Plan zu folgen. Weil das den Rückschluss zulässt, dass eben nicht Erkenntnisse Ursprung unseres Handelns sind, sondern fixe Verhaltensregeln, die nicht grundsätzlich überdacht, sondern schematisch angewandt werden.
Ich sehe schon, all das ist zu viel, führt zu weit und sagt nur wenig über das aus, was ich gerade sagen wollte.
In der zehnten Staffel "Bones" (Die Knochenjägerin) angekommen, fällt mir auf, dass die hochintelligente, zuweilen bis zum Brechreiz selbstbewusste, aber grundehrliche (vielleicht ein wenig autistische) Protagonistin keine Scheu hat zu bekennen: "Ich weiß nicht, was das bedeuten soll.". Ganz entschieden hat Temperance Brennan kein Problem damit, ihre Unkenntnis zuzugeben, wo sie eben da ist. Und das, obwohl sie sehr genau weiß, wie klug sie ist.
Eine Kollegin heute, die mir von einem Gespräch berichtete, in dem jemand zugab, keine Ahnung von was auch immer zu haben (obwohl man diese Ahnung hätte unterstellen müssen), brachte mich darauf:
Unter all den (vermeintlich) klugen Menschen stechen neuerdings die hervor, die kein Problem damit haben, ihre Unkenntnis und ihr Unverständnis offen zu bekennen.
Wo frage ich mich, sind wir hin gekommen, wenn wir vergessen haben, was schon seit vielen, vielen Jahren Bestandteil unserer aller Bildung ist?: Ich weiß, dass ich nichts weiß.
Bei Cicero erstmals dokumentiert, Sokrates zugeschrieben, ist dies ein Bekenntnis, dass niemand alles wissen und alles beurteilen kann, dass Menschen unwissend von Natur und klug nur in Teilen sind.
Und warum, verdammt, ist es heute so schwierig zuzugeben: "Davon habe ich ganz und gar keine Ahnung."?
Auch wenn es für viele Menschen in sehr vielen Bereichen zutrifft.