Wer diese Überschrift versteht, hat entweder sehr viel Phantasie oder aber ist nicht mehr ganz so jung.

Ich jedenfalls wüsste nicht Bescheid, wenn meine Mutter nicht so begeistert vom BdM (Bund deutscher Mädchen) geredet hätte, wo sie ihre schönsten Zeiten erlebte.

Ich gehöre nicht zu jenen, die erwarten, dass eine Frau, die heuer 96 wäre, in Sack und Asche zu gehen hatte, nur weil ihre Jugend in eine Zeit fiel, in der der Gröfaz Schlimmes im Sinn trug. Ich gehörte auch nicht zu jenen, die zu irgendeinem DDR-sozialistischen Funktionär gerannt wären, weil meine Mutter an guten Tagen Volkslieder schmetterte, die zu meiner Zeit schon als nazistisches Liedgut galten.

Im Rückblick denke ich zweierlei:

Erstens hat jede Jugend dieser Welt, trotz aller politischen Widrigkeiten, das Recht, sich gut, verrückt und jung zu fühlen und im Rückblick als älterer Mensch die Teile seiner vielleicht gar nicht so guten Jugend schön zu finden, die es eben waren. Seien es so wenig wie auch immer.

Zweitens ist nicht wirklich klar, was von all dem wirklich nazistisch war und was sich die Naziführer als zu ihnen passend einverleibt haben.

Und eigentlich frage ich mich, drittens, auch: Wie viel von dem, was heute als zweifellos NAZI gilt, schon früher existierte und eine ganz andere Bedeutung hatte. Und dabei rede ich nicht von "Schwarzbraun ist die Haselnuss", das als Motiv bereits im 16. Jahrhundert existierte, im 18. Jahrhundert populär wurde, als Gospelsong gesungen wird und gleichermaßen im Liederbuch der Hitlerjugend wie auch dem Liederbuch der Bundeswehr auftaucht.

Ich rede auch nicht vom Hakenkreuz, das als Swastika schon sehr viel länger existiert als Gröfazens schwer verkürztes Tausendjähriges Reich. Es bedeutete schon immer "Heil ..." was auch immer und passte gut in das, was Gröfaz seinen Untertanen vermitteln wollte: Wir sind die Besten und überhaupt.

Gemeint hat es das aber nicht. Es passte nur.

Was all das mit KdF (Kraft durch Freude) zu tun hatte?

Na, aber bitte!, jede Menge.

In den Zwanzigern, in denen man (man ahnte noch nichts von der Weltwirtschaftskrise) erst einmal froh war über das Ende des WW1, schwankten jene, die es sich leisten konnten, zwischen Lebensgenuss bis zum Exzess

und Mens sana in corpore.

Beides, so ahnten die bereits in den Startlöchern sitzenden Nazis, käme ihnen gelegen, weil das Eine wie das Andere eine Abwendung von Gott bedeutete. Gott hatte keinen Platz mehr in einer aufkommenden Gesellschaft, die entweder den Führer oder gar niemanden anbeten (und gefälligst verrecken) sollte.

Gottgefälliges Leben, zum Beispiel das Kindergebären nur und ausschließlich als anständige Ehefrau, war nebensächlich, sobald es um die Schaffung von Soldaten reinen Herzens und reinen arischen Blutes ging. Da spielte der Familienstand keine Rolle, und Lebensborn tat sein Übriges. Lebensborn ermöglichte die sorgenfreie Schwangerschaft meiner Mutter (bis zur Übernahme Thüringens durch die Amerikaner) und erzog meinen Schwiegervater, einen Kriegswaisen, bis zum Fall Berlins.

Darüber, dass Kraft durch Freude nicht nur zufällig auf der gleichen Welle schwamm wie jene Künstler und Freigeister, die sich zu befreien suchten im Sinne von Verbindung des unbedeckten Körpers mit der ungeschönten Natur, redet heute niemand mehr. Dennoch sind diese künstlerischen und freigeistigen Bewegungen der Ursprung von KdF. Menschen, die nicht nur mental, sondern auch nach außen frei sein wollten, ihr Mensch-sein neu begreifen, Schönheit des Natürlichen und Gesundheit in Einklang bringen. Vielleicht waren sie die Vorläufer der grünen Bewegung. Ganz sicher die der FKK. Und vielleicht ahnten sie, wie die Erfinder der KdF auch, dass Menschen Erholung, Bildung und Gemeinschaft brauchen, wenn man ihnen viel abverlangen will.

Von all dem freilich ahnte meine Mutter nichts. Sie dachte nicht über Folgerichtigkeiten nach, nicht über das Geschick, sich Fremdes einzuverleiben, wenn es denn ins eigene Konzept passt. Sie erinnerte sich, gelegentlich, an eine Jugend, die so schwer nicht war, wie man es ihr hernach hat weismachen wollen. Und sie trug einen Teil dieser vage empfundenen temporären Unbeschwerheit in das Leben ihrer Kinder.

Ich denke, sie war eine kluge Frau. So sehr ihr das der Eine oder Andere auch verübeln wollen wird.

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