Meine Mutter, dermaleinst, sah sich bei meinen um etliche Jahre älteren Geschwistern gelegentlich konfrontiert mit der Frage: "Kann der/die ... bei uns schlafen?"
Was sie nie vollkommen unkritisch hinnahm. Denn es war die Zeit der Geschlechtertrennung und diesseits der Pille. Und sie selbst konnte ihr erklecklich Teil dazu liefern, was dieses "schlafen" gelegentlich nach sich zog.
So antwortete sie also regelmäßig: "Wenn ihr nur SCHLAFEN würdet!"
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Und sie wusste ziemlich genau, dass selbst Geschlechtertrennung nichts half.
Ich selbst, noch kindlichen Gemüts, fand mich in einer dieser Nächte der geschlechtergetrennten Gemeinschaftsunterkunft ZU DRITT im Bett mit meiner Schwester und dem späteren Schwager wieder. WAS der wohl wollte???
Kurzum: Lange vor der Zeit lernte ich, ohne den Begriff zu kennen, die Bedeutung des Wortes EUPHEMISMUS. Etwas sagen, das harmlos klingt, und etwas ganz anderes meinen. Also.
Dieser Euphemismus machte mich lange vor der sonst üblichen Zeit, noch zu Kindheitstagen, zur Tante.
Worüber ich mir damals keine Gedanken machte.
Ich fand Babys gleichermaßen süß und beängstigend. Und ich fand es nicht schön, dass sie, nächtens zu mir gelegt, sich so unverschämt breit machten.
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Später sah ich fern, also in diese viereckige Kiste, die uns Information versprach.
Und ich lernte Worthülsen kennen.
Keine Euphemismen, sondern Worthülsen.
Menschen, die berichten mussten, obschon sich jeglicher Bericht von selbst verbot.
Die erfanden Sätze wie: "Was bleibt, ist Sprachlosigkeit."
Darüber musste ich ein wenig nachdenken.
Sprachlosigkeit.
Es zerrann mir auf der Zunge.
Sprache findet in Wort und Schrift statt.
Findet sie nicht statt, wird es ruhig und das Papier bleibt leer.
Stattdessen:
Menschen mit Mikrophonen ERKLÄRTEN ihre Sprachlosigkeit.
Und fanden Nachahmer.
Nicht mehr die Menschen, die betreten, mit-leidend, unglücklich abwinkten, sobald sich eine Kamera gepaart mit einem Puschelmikrophon ihnen näherte, kamen ins Fernsehen, sondern jene mit der erklärten Sprachlosigkeit. Und merkten nicht den Widersinn, sondern fanden es richtig und angebracht angesichts der Tatsache, dass diese wichtigen Menschen im Fernsehen doch vielfach genau das gesagt hatten:
"Was bleibt, ist Sprachlosigkeit."
Ja,Himmel!, merkt ihr nicht,wie total verblödet es ist, Sprachlosigkeit AUSZUSPRECHEN. Es ist falsch und dumm und auf Effekt ausgerichtet.
Und wird nur übertroffen von jenen Betroffenheitsheimern, die jederzeit und überall bereit sind, ihre Betroffenheit zu erklären, sobald nur ein Mikro und eine Kamera in Sicht sind.
Sie sind total betroffen.
Es spielt keine Rolle, dass sie zuweilen keine Ahnung haben, worum es geht und ob es stimmt.
Betroffenheit kommt immer gut und schadet nicht.
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Wenn sie nur schlafen würden ...