Die Top 5 Facebook-Argumente gegen Asylwerber

Nachdem ich so einiges Erschreckendes auf Facebook lesen und mehrere (unter 25-jährige) Facebook-Freunde von meiner Freundesliste entfernen musste, ist es für mich Zeit, für ein Ranking der Kategorie "Die Top 5 Facebook-Argumente gegen Asylwerber". Denn ich kann nicht glauben, was junge Österreicher in meinem Alter von sich geben. Es stimmt mich traurig, wütend und sehr frustriert, soviel Unwissen und Hass mitzuerleben. Auf Kommentare dieser Art zu antworten, nützt leider kaum etwas. Man hat das Gefühl, gegen eine Wand zu reden. Trotzdem will ich darauf antworten.

5. "Dort drüber würden sie doch auch am Boden schlafen."

Ja, mag sein. "Dort drüben" herrscht aber auch Krieg. In Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, herrscht weder Krieg noch Armut. Es gibt kein Argument, das derartige Zustände in Österreich rechtfertigen könnte. Keines.

4. "Im zweiten Weltkrieg ist auch keiner geflüchtet, sie haben Österreich wieder aufgebaut."

"Von März bis November 1938 gelang legal und illegal 130.000 Menschen die Ausreise." (Quelle Wikipedia, ich weiß, nicht immer verlässlich, aber leider findet man dazu wenige Zahlen). Unabhängig davon, wie viele österreichische Flüchtlinge es im Zweiten Weltkrieg gegeben hat, es hat sie sehr wohl gegeben! So wie es in jedem Krieg Flüchtlinge gibt. Davon abgesehen, wurde Österreich NACH dem Krieg wiederaufgebaut. NACH dem Krieg. Wer mit dem Argument "die Männer sollen in der Heimat bleiben und ihr Land wieder aufbauen" ankommt, soll mir bitte erklären, wie man ein Land wieder aufbaut, während es noch zerstört wird.

3. "Was ist mit 'unseren' Obdachlosen? Interessiert sich für die keiner?"

Mal abgesehen davon, dass die eine Problematik mit der anderen nichts zu tun hat (das Geld für die Asylpolitik wird mit Sicherheit nicht von einem speziellen Obdachlosen-Konto geschöpft), ist dieser Vergleich einfach in jeder Hinsicht sinnlos. Natürlich steckt hinter jedem Obdachlosen eine Geschichte, die oft mit schweren Schicksalsschlägen zu tun hat. Aber so ein Schicksal kann man trotzdem nicht mit dem Schicksal eines Kriegsflüchtlings vergleichen. Einfach, weil es zwei komplett unterschiedliche Leidenswege sind. Mir stellen sich in diesem Zusammenhang aber ein paar wichtige Fragen: Warum wird der Österreicher automatisch über den "Ausländer" gestellt? Warum haben nur wir das Recht auf ein schönes Leben? Was macht uns zu "höheren" Menschen? Und vor allem: Seit wann interessiert sich jeder ausländerfeindliche Österreicher für Obdachlose??

2. "Es kommen nur junge Männer her, die ihre Familien und ihr Land im Stich lassen."

An dieser Stelle fragt man sich doch, wie sich manche Menschen so eine Flucht vorstellen. Ist nicht mal ein paar Monate her, aber vermutlich zu weit weg um uns zu interessieren? Naja, wie auch immer. Eine Flucht aus einem Kriegsgebiet ist keine Fahrt im klimatisierten Railjet mit gratis W-Lan und einem Speisewagen. Die Flucht ist gefährlich, strapaziös, lebensgefährlich, ... Wenn ich also die Wahl habe: a) Ich trete mitsamt Frau, Eltern, Kindern und meinen gesamten Besitztümern eine lebensgefährliche Flucht an und riskiere dabei das die Familie sich verliert oder am Weg stirbt. b) Ich gebe mich meinem Schicksal hin und bleibe mitsamt Familie ohne Hoffnung in einem Land in dem ich nicht sicher sein kann. Oder c) Ich versuche alleine die Flucht, auch wenn ich meine Familie zurücklassen muss, mit der Hoffnung, dass ich die Flucht überlebe, möglichst schnell einen positiven Asylbescheid bekomme und meine Familie auf einem sichereren Weg nachholen kann. Mich wundert es nicht, dass sich viele Männer für den dritten, hoffnungsvollsten Weg entscheiden.

1. "Nimm sie doch alle bei dir auf!"

Ich könnte an dieser Stelle einen Aufsatz darüber schreiben, dass es momentan sogar kompliziert ist einen Flüchtling auf eigene Kosten aufzunehmen, geschweige denn mit der Unterstützung die dafür vorgesehen wäre. Dass man (meines Wissens nach) nicht einmal in jedem Bundesland jemanden privat bei sich aufnehmen darf. Und, dass es Aufgabe der Politik ist, eine Lösung zu finden die funktioniert und menschenwürdig ist. Aber ich kenne mich selbst auf diesen Gebieten nicht perfekt aus und möchte nichts schreiben, dessen ich mir nicht sicher bin. Die traurige Wahrheit ist, dass nichts was ich sagen könnte was ändern würde. Junge Menschen die in Österreich leben, alles haben was man sich wünschen kann, privilegierter aufwachsen als jeder andere werden aufgehetzt gegen alles Fremde. Der Hass und die Verachtung gegenüber „Asylanten“ ist erschreckend. Dabei haben wir nichts zu befürchten, keiner will uns unseren Lebensstandard wegnehmen. Das Einzige das wir verlieren, sind Mitleid und Menschlichkeit.

Abschließend will ich noch sagen, dass ich mich keineswegs angegriffen fühle, wenn ich bei jedem positiven Kommentar meinerseits von allen Seiten als "Gutmensch" bezeichnet werde. Find ich jetzt eigentlich echt nicht schlimm. Lieber Gutmensch als Unmensch.

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VolkerAusLübeck

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