Ich habe eine Blog-Reihe angefangen, in der es mir darum geht zu schildern, warum das Kopftuch für mich keine Kopfbedeckung wie jede andere ist. Ich möchte hier meine Gedankengänge, die oft als Vorurteile abgetan werden preisgeben, erklären wie sie entstehen und hinterfragen, ob es Vorurteile sind.
Bei "Hart aber Fair" wurde getestet, ob eine Deutsche eher als eine Türkin eingestellt wird. Und ob eine Türkin ohne Kopftuch eher eingestellt wird, als eine mit Kopftuch. Man verschickte Bewerbungen, so sagte man in der Sendung, mit gleicher Qualifikation an 1500 Unternehmen. Man änderte die Namen von Sandra Bauer in Meryem Öztürk und hat einmal ein Bewerbungsfoto von Öztürk mit Kopftuch und einmal ohne abgeschickt. Sandra Bauer bekam von 19% der Unternehmen eine positive Rückmeldung. Meryem Öztürk ohne Kopftuch bekam 14%. Wenn man will, kann man jetzt bei diesen 5% Unterschied von einer Diskriminierung ausgehen. Ich bin der Meinung, dass es immer eine gewisse Variable bei unterschiedlichen Namen geben würde. Wie viele positive Rückmeldungen eine Mandy Jacqueline Bauer oder eine Gudrun von Boedeneck bekommen hätte, erfährt man nicht. Spannend ist jedoch, dass Meryem Öztürk mit Kopftuch auf 4% kommt.
Wenn man die Sache einseitig betrachtet, ist das diskriminierend.
Aber betrachten wir es mal aus der Sicht eines Menschen, der Verantwortung für sein Unternehmen hat, mit dem Wissen, dass nicht der Name, sondern das Kopftuch den großen Unterschied machte. Da hat man eine Bewerbung einer Frau auf dem Tisch, die nicht einmal für ein Foto bereit dazu ist, sich und ihre Ansichten zurück zu nehmen und neutral aufzutreten. Ich würde auch niemanden einstellen, der auf dem Bewerbungsfoto ein fettes Holzkreuz sichtbar, eine Kippa, ein Bayern München oder BVB-Cap oder Sombrero trägt. Die Religion, Herkunft oder die Vorlieben und privaten Zugehörigkeiten, sollten auf der Arbeit nicht wichtig sein. Das ist doch eigentlich auch das, worauf ich mich mit progressiven Linken einigen kann. Zudem sind aus meiner Erfahrung Menschen, die sich inszenieren und ihre Anschauungen stark und häufig nach außen tragen, oftmals schwer teamfähig. Warum sollte es also beim Kopftuch anders sein.
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Aber jetzt kommt noch die andere Komponente. Ich sehe also eine Frau, die deutlich zur Schau stellt, dass sie Muslima ist und anscheinend in so eine Richtung gläubig, dass sie es für das Foto nicht abnehmen kann, was selbstverständlich auch ihr Recht ist. So ist es aber auch das Recht des Chefs zu fragen, ob sie einem Mann die Hand geben würde oder ob sie die Kantine umstrukturieren möchte, oder nicht nur ihrem Gott, sondern auch ihrer Familie oder ihrer Community gegenüber Verpflichtungen hat, die ihr das Arbeiten erschweren könnten. Vielleicht sind im Unternehmen schon liberale Muslimas ohne Kopftuch oder Ex-Muslime, Juden und Kopten im Betrieb und man würde mit der Einstellung Spannungen provozieren. Wird sich diese Frau nach der Probezeit nochmal verändern? Sie ist höchstwahrscheinlich eine gute und nette Mitarbeiterin, jedoch stammen diese Fragen aus einer realen Welt.
Ich kenne einen Fall aus einem Krankenhaus bei welchem eine Praktikantin ein Kopftuch tragen wollte, was ihr unter der Bedingung, dass es weiß sein sollte, erlaubt wurde. Statt auf den Kompromiss einzugehen, hat sie sich u.a. bei Facebook darüber beschwert und verlangte, dass man ihr zeige, wo weiße Kopftücher vorgeschrieben werden. Das lief natürlich ins Leere, da es im Krankenhaus sinnvoller Weise eine Vorschrift für helle Kleidung gibt. Aber diese Frau hat sich als kleines Problemchen inszeniert. Hat man da als Chef Bock drauf und versucht man nicht, die Wahrscheinlichkeit für solche Fälle so gut es geht zu minimieren? Man könnte die Bewerberin ja einladen und offen über diese Dinge reden und sie fragen, ob sie Probleme hätte Männern die Hand zu geben oder sich generell in die Firmenordnung einzufügen, ob sie bereit wäre, Meinungsverschiedenheiten selbständig und ohne zur Hilfenahme dritter zu begegnen und keine Spezialbehandlung möchte. Aber das könnte natürlich erst recht in die Hose gehen. Also entscheidet man sich als Chef, mit dem gleichen Recht mit dem sich die Frau für das Kopftuch entschieden hat, gegen das Kopftuch auf der Arbeit.