7. Mai, Krakau: Mein schönster Tag 2014

Es gab Jahre, da wüsste ich im Rückblick nicht, welches mein schönster Tag gewesen ist. Ist auch nicht so einfach, einen Tag hervorzuheben. Schließlich passiert in so einem Jahr unglaublich viel. Das Leben ist abwechslungsreich, bietet Hochs und Tiefs, es gibt Augenblicke großer Freude und tiefster Bitterkeit. Doch für 2014 fällt es mir leicht, den schönsten Tag zu benennen. Es ist der Tag, an dem ich mich in Krakau verliebte.

Ein mit Wien verbundener und in Krakau lebender Priester ermöglichte es meiner Lebensgefährtin und mir, so viel wie möglich von dieser Stadt an einem einzigen Tag kennen zu lernen. Standesgemäß zeigte er uns zuerst das noch nicht ganz fertig gestellte Papst-Zentrum. Es ist Johannes Paul II. gewidmet, der vor seinem Wirken als Oberhaupt der katholischen Kirche ab 1958 als Weihbischof, schließlich ab 1964 als Erzbischof von Krakau fungiert hatte. Das Heiligtum entstand im Laufe von nur fünf Jahren und wurde im Jahre 2013 offiziell eröffnet. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Heiligtum der Göttlichen Barmherzigkeit, dessen Basilika Johannes Paul II. im Jahre 2002 weihte.

Nach einem ausgiebigen Mittagessen machten wir uns auf in das Zentrum von Krakau. Wir hatten das Vergnügen, Fahrgäste eines Melex-Elektroautos zu sein. Dies ist eine besondere Art der Stadtführung, weil der Fahrer einen speziellen Audioführer zum Einsatz bringt. Gut zweieinhalb Stunden begaben wir uns auf die Reise, machten uns mit der Verkehrssituation vertraut, und ließen es uns bei angenehmen Wetter gutgehen.

Entzückt zeigte ich mich, als wir die Möglichkeit beim Schopfe packten, und beim Hauptplatz bzw. Marktplatz Station machten. Der Platz ist sehr weiträumig angelegt, und auf ihm befinden sich mit der Marienkirche und den Tuchhallen zwei besondere Sehenswürdigkeiten Krakaus. Überall möglich auf dem Platz tummeln sich Tauben, bei denen es sich der Legende nach um verzauberte Ritter handelt, die somit nicht vertrieben werden dürfen.

Bei einem kleinen Spaziergang durch die Tuchhallen entschied ich schnell, mir ein besonderes Plüschtier zuzulegen, nämlich einen Drachen. Drachen begegnen einem in Krakau fast überall. Ob klein, ob groß, ob schön, ob hässlich. Schließlich war der Drache wiederum der Legende nach einst ein schrecklicher Geselle, dem Jungfrauen geopfert wurden, ehe ein Schuster mit einer List dem grausamen Treiben ein Ende machte. Er lockte den Drachen mit einem Schaf, das mit Schwefel, Pech und Pfeffer gefüllt war. Freilich verdarb sich der Drache an diesem Mahl den Magen, soff dann in seiner Not so lange aus der Weichsel, bis er platzte.

Der Hauptplatz von Krakau besticht durch die Lebendigkeit, die von ihm ausgeht. Und er lässt an Wien denken. Immerhin sind hier auch Fiaker unterwegs, wobei die Pferde sehr schön geschmückt sind. Selbst eine Wiener Konditorei darf offenbar nicht fehlen. Ich fühlte mich innerhalb weniger Minuten zu diesem Platz zugehörig, als wäre er mir seit Jahren vertraut. Ich muss zugestehen, dass dies allerdings nicht mit der kleinen Annäherung an Wien zu tun hat. So eine lebendige Atmosphäre ist am Stephansplatz unvorstellbar. Der Besuch der Marienkirche mit dem berühmten Veit Stoss Altar bildete den Abschluss des glücklicherweise etwas längeren Marktplatz-Abstechers.

Hernach konnte kurz die ehemalige Schindler-Fabrik in Augenschein genommen werden. Und der Platz, wo sich einst das Krakauer Ghetto befunden hat, ist nun im Sinne eines Mahnmals von scheinbar leeren Sesseln bestimmt. Irgendwie ein gespenstischer Anblick.

Schließlich hielt das Melex-Elektroauto im Stadtteil Kazimierz. Hier sollten wir noch unvergessliche Stunden verbringen.

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