Fast 22 Jahre alt wagte ich den Flug gen Griechenland. Den Urlaub hatte ich mir redlich verdient, aber dafür gab ich auch mehr als genug Geld aus. 1992 war Karpathos noch ein Geheimziel. Die Insel wurde von den Einheimischen dominiert, was mich überhaupt nicht störte. Jeden Tag erklomm ich einen Berg, wurde einmal sogar von einem riesigen Hund verfolgt, der eine gute Stunde lang nicht von meiner Seite wich. Ich aß drei Mal am Tag ausgiebig. Am Strand streckte ich mich nur ein, zwei Stunden pro Tag aus. Meine ersten ausufernden Gedichte entstanden auf dem kleinen Balkon, wo ich mich abends gerne aufhielt. Insgesamt verbrachte ich vier Wochen auf der Insel, machte zahlreiche Ausflüge, schwamm ausgiebig im Meer. Und ich lernte einen einheimischen Maler kennen. Wir unterhielten uns mit Händen und Füßen und teilweise auf englisch. Ich erwarb ein wunderschönes Bild, das ich seitdem Tag für Tag aufs Neue betrachte.
Zur täglichen Routine wurde es, den kleinen Friedhof zu besuchen. Ich schaute mir die wunderschönen Gräber an, konnte mich manchmal eine Stunde nicht von dort wegbewegen. In unmittelbarer Nähe des Friedhofs grasten mit Vorliebe Ziegen und Schafe, die mich im Laufe der vier Wochen als selbstverständlichen Besuch akzeptiert haben mochten. Als ich schließlich wieder daheim in Wien war, fühlte ich mich wie ein Fremder und dachte intensiv und mit Wehmut an Berg, Schafe, Ziegen und den Friedhof zurück.