Damit war nicht unbedingt zu rechnen. Die Prognosen deuteten Chancengleichheit an. Wenn über etwas Bedeutendes entschieden werden muss, das die Welt aus dem Gleichgewicht bringen kann, ist jede einzelne Stimme wichtig. Die Protagonisten waren nervös. Die Abstimmung rückte näher und näher und dann gab es kein Entkommen mehr.
Wie viele Menschen haben es vorher schon gewusst? Ich informierte mich so gut es ging, beschäftige mich das halbe Wochenende damit, Hintergründe auszuleuchten. Um die Mittagsstunde dieses 5. Juli 2015 schaute ich via Mobiltelefon im altmodischen Teletext nach, wie es ausgegangen ist: Nora Gomringer wurde der Bachmann-Preis 2015 zuerkannt. Die Lyrikerin aus deutschen Landen bezauberte mit einem Text, der sanft dahin zu gleiten scheint, und gleichermaßen eine dramatische Geschichte erzählt. Lyrik spielt auch eine Rolle, jedoch nicht die Entscheidende. Es ist dieser besondere Klang, den die Autorin bei ihrer Lesung erzeugt hat, von dem nicht nur die Zuhörer, sondern mehr noch die Jury bezaubert war. Zweifellos ein nicht unverdienter Sieger-Text.
10 Frauen und nur 4 Männer bestritten den Kampf um den Bachmann-Preis. Meine Favoritin, und zwar vor Nora Gomringer und Dana Grigorcea, war Teresa Präauer, die mit ihrem tragikomischen Oh Schimmi für viele Lacher sorgte. Es ist fast absurd, dass sie nicht einmal einen der anderen Preise gewinnen konnte. In der Stichwahl um den Bachmann-Preis unterlag sie knapp, hernach passierte selbiges bei den anderen Preisvergaben. Schade, wie ich finde. Ich habe selten eine so lebendige Lese-Performance gesehen. Nora Gomringer überzeugte zwar ebenso mit einer nuanciert vorgetragenen Darbietung, wirkte dabei aber nicht so authentisch wie die Österreicherin Teresa Präauer.
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Der 5. Juli 2015 wird als großer Tag für die Frauen in die Geschichte des Bachmann-Wettbewerbes eingehen. Die vier Männer waren von vornherein chancenlos. Valerie Fritsch krallte sich neben dem KELAG-Preis auch den Publikumspreis. Sie gilt als eine Art große Zukunftshoffnung der österreichischen Literatur. Mit Mitte 20 bei Suhrkamp veröffentlicht zu werden ist allemal erstaunlich. Dennoch fand ich den Text von Dana Grigorcea um einiges stärker. Sie wurde in Bukarest geboren, und hat ihren Lebensmittelpunkt nach Zürich verlegt. Die Auseinandersetzung mit der jüngeren rumänischen Geschichte zieht durch die Mehrdimensionaliät in Bann. Die Schilderung eines mittels vorgezogener Folie zum Farbfernseher auffrisierten schwarz-weiß-Geräts sowie eines Michael Jackson – Konzerts erfreute neben den tragischen Elementen mein Herz.
1995 bin ich durch Zufall erstmals in den Genuss einer Lesung des Wettbewerbs gekommen, der schon damals von 3SAT übertragen worden ist. Ursprünglich hatte ich vor, einen Radausflug zu machen, doch die Gangschaltung machte mir einen Strich durch die Rechnung. Also kam ich viel früher als erwartet zurück, gerade rechtzeitig zur Lesung von Franzobel, den ich gar nicht so viel später in seinem damaligen Stammlokal interviewte. Er trug seine Krautflut auf eine Weise vor, die mir unglaublich imponierte. Ohne die anderen Teilnehmer gehört zu haben, machte ich ihn zu meinem absoluten Favoriten und ich hatte mich nicht getäuscht. In gewisser Weise ähnelte der Vortrag von Teresa Präauer durch seine authentische Dynamik und Wortakrobatik ein ganz klein bisschen jenem von Franzobel. Mit dem wesentlichen Unterschied, dass Teresa Präauer während der Lesung überhaupt nichts trank, Franzobel aber durch ein paar Bier angeregt so richtig in Schwung kam.
So schließt sich irgendwie der Kreis zwischen 1995 und jetzt. Dazwischen gab es einigen Leerlauf und doch auch ausgezeichnete Autoren als Preisträger, allen voran Peter Wawerzinek und Sibylle Lewitscharoff. Damit sei dem Bachmann-Wettbewerb für dieses Jahr ausreichend Reflexion gewidmet. Die preisgekrönten Autorinnen feiern währenddessen vielleicht noch ausgelassen in Klagenfurt oder schon anderswo.