Die Wiener Kunstschule schließt bald ihre Pforten. Ohne dementsprechende Fördergelder lässt sich eine Ausbildungsstätte nun mal nicht erhalten. Sehr schade, dass die Kunst nicht mehr in der Nobilegasse 23 im 15. Wiener Gemeindebezirk beheimatet sein wird. Vom 28. November bis zum 7. Dezember konnte sich der Zaungast noch einmal davon überzeugen, welch große Talente aus der Kunstschule hervorgegangen sind. Ein Rundgang erlaubt einen Einblick in erstaunliche Kunst-Welten, die einen prägenden Eindruck hinterlassen.

Besonders hervorzuheben ist die Comic-Klasse. Comic ist, auch wenn das in den Schulen nicht gelehrt werden mag, ein eigenes literarisches Genre. Und es ist mehrdimensional, weil es sowohl um literarische als auch bildnerische Akzente geht. Comic hatte in Wien eine kleine Insel, wo sich talentierte Künstler die Klinke geben konnten. Mit der Schließung der Kunstschule geht die einmalige Comic-Kunst verloren und muss nun eigene Wege gehen. Den Höhepunkt meines Rundgangs stellte der begehbare Comic von Sonja Getzinger dar. Allein schon die Idee, einen Comic aus zwei verschiedenen Perspektiven erleben zu können, ist einmalig. Einerseits die jedem Rezipienten zugängliche Dimension, andererseits die Konzentration aus Sicht einer der Hauptfiguren, die blind zu sein scheint, und doch mehr zu sehen imstande ist als die Sehenden. Letzteres wird durch Lichteffekte ermöglicht. Sonja Getzinger schafft hiermit eine eigene Welt, an der sich die Geister scheiden können, und deren Faszination ich mich unmöglich entziehen konnte.

Freilich gab es noch einige andere Arbeiten von Comic-Künstlern zu bestaunen, doch der begehbare Comic hatte einfach das gewisse Etwas.

Dass es nun im 60. Jahr ihres Bestehens mit der Kunstschule vorbei sein soll, ist ein Trauerspiel. Soll es wirklich keine Klassen mehr für Animation und Experimentalfilm, Grafik oder Comic abseits vom akademisierten Einheitsbrei mehr geben? Eine baldige Nachfolgerin der Wiener Kunstschule wäre wünschenswert.