Ein Jahr ist es her, dass ich die zu diesem Zeitpunkt noch in Kinderschuhen steckende Plattform fischundfleisch entdeckte, und baldigst einen Beitrag einstellte. Seitdem ist viel passiert. Ich war mittendrin, habe einiges erfahren, bei dem nicht selten das Entsetzen hochkam. In den ersten Wochen meines Dabei-Seins las ich zahlreiche großartige Beiträge über Themen, die meine Interessen bündelten. Erfahrungsberichte abseits des Üblichen. Die Blogger waren sichtbar, sie kamen mir als Leser sehr nahe. Ein Dialog zwischen den Autoren der Beiträge und mir als Leser entstand. Das führte dazu, dass ich Tag für Tag gespannt darauf war, was als nächstes auf mich zukommen würde.
Aber eines Tages geriet diese so wunderbar gestartete Blogger-Plattform fischundfleisch in eine Schieflage. Der auf deren Fahnen stehende Slogan Wir machen Meinungen erwies sich alsbald als Bumerang, der so manch engagiertem Blogger hart auf dem Kopf hätte treffen können, wenn er nicht rechtzeitig ausgewichen wäre. Die Diskussionen arteten immer wieder in gegenseitige Beschimpfungen und Schuldzuweisungen aus. Es bildeten sich mehrere Lager. Die Bösen, die Unwissenden, die Unfähigen waren freilich stets im anderen Lager zu finden. Da konnte dem Beobachter schon auch Hören und Sehen vergehen. Ich beschloss, mich nicht mehr in Diskussionen einzuschalten, die zu entgleisen drohten. Einige Male hatte mein versuchtes Eingreifen keine Früchte getragen, das Befetzen fand kein Ende. Immerhin eruierte ich mir gegenüber keine allzu groben Angriffe.
Das Problem, mit dem fischundfleisch nunmehr konfrontiert ist, sind Vorurteile. Diskussionen zeigen auf, wie uninformiert und einseitig nicht wenige Zeitgenossen ihre Welt zu erklären suchen. Das sind Weltbilder, die darauf aus sind, zu provozieren und irgendwelche „Feinde“ aus der Reserve zu locken. Ein unglaublich groteskes Geschehen bildet sich also ab. Wer bereit ist, sich der Diskussion zu stellen oder sogar eine „Gegenoffensive“ zu starten, kann mit heftiger „Gegenwehr“ rechnen. Ergebnis ist, dass die Vorurteile blühen und ihnen jener Boden bereitet wird, auf dem sie gut gedeihen können. Das hat sich mit der Zeit mehr und mehr verstärkt. Jeder Mensch kann seine Meinung kundtun und dies ist zweifellos sehr wichtig. Doch eine engagierte Plattform wie fischundfleisch bildet damit auch die vielen Schwachstellen und wunden Punkte ab, welche die Gesellschaft auszeichnen. Der Unsinn, somit auch das Vorurteil, nistet sich ein, und wird somit auch in diesem Kontext gesellschaftsfähig.
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Die Frage ist: Ist dies erwünscht? Oder wäre es nicht eine gute Idee, fischundfleisch in eine Plattform zu verwandeln, wo Vorurteile benannt und gegebenenfalls SELBST diskutiert werden? Solange es nur verschiedene Lager gibt, die sich gegenseitig attackieren und nur die allein seligmachende Meinung gelten lassen, wird so etwas wie ein Giftstachel die Plattform fischundfleisch durchdringen. Rühmliche Ausnahmen sind jene Blogs, die auf persönliche Erfahrungen der Blogger zurück greifen und somit Menschlichkeit sichtbar machen.
Das Mittel der Provokation führt schnell zu Shitstorms, begeisternder Zustimmung und somit jeder Menge Klicks. Mein Ding ist dies nicht. Somit geht es mir in meiner Rückschau auch nicht darum, Öl ins Feuer zu gießen, sondern meine Erfahrungen wiederzugeben, die ich im Laufe dieses Jahres, das mich mit fischundfleisch verbindet, gemacht habe. Es gilt, wachsam zu sein, und nicht nur Beliebigkeit abzubilden, wie es ohnehin in vielen anderen Formen im weltweiten Netz der Fall ist. Vorausschauend mag eintreten, dass der baldige Relaunch nicht nur technisch eine deutliche Verbesserung nach sich zieht, sondern gleichermaßen der beschriebene Giftstachel keinen zu großen Schaden mehr anrichten kann. Verschiedene, diametrale Meinungen sind wichtig! Doch wenn damit nur Vorurteile dargestellt werden, die oftmals nicht einmal ein Fünkchen Wahrheit enthalten, wird früher oder später die ursprüngliche Intention von fischundfleisch ad absurdum geführt, und wir können alle zur Tagesordnung zurück kehren. Vorurteile können zwar Platz haben, aber nicht bis zum Exzess bespielt werden. Als Abbild der Gesellschaft hat die Plattform auch eine Verantwortung, die über die Meinungsfreiheit hinausgeht.