An der Esoterik scheinen sich die Geister zu scheiden. Dieser Begriff taucht überall und nirgends auf. Es handelt sich wohl um eine Bewegung, bei der die „Sinnsuche“ im Mittelpunkt steht. Dabei wissen wahrscheinlich die wenigsten der esoterisch dahinwandelnden Menschen, worum es sich überhaupt handelt, wenn sie großspurig oder auch zurück gezogen die Beschäftigung damit suchen.

Das Wort Esoterik leitet sich aus dem altgriechischen ab, und birgt im Gegensatz zur Exoterik ein Erfahrungspotenzial in sich, das nicht verallgemeinert werden kann. Ob es sich tatsächlich um ein „geheimes Wissen“ handelt, sei dahingestellt. Wenn ein „geheimes Wissen“ propagiert und damit aus Sicht der Proponenten viel Geld gescheffelt wird, stellt sich die Frage, was denn genau hinter dieser Sache steckt.

Esoterik ist an und für sich nichts, das großartig viel Staub aufwirbeln sollte. Doch die Probleme, wie sie sich in der heutigen Zeit präsentieren, die Orientierungslosigkeit vieler Menschen, treibt diese in die Hände oft fragwürdiger „Persönlichkeiten“, die nicht selten vorgeben, die Weisheit buchstäblich mit dem Löffel gefressen zu  haben. Es wäre gut, Aufklärungsarbeit im weitläufigen Gelände der Esoterik zu leisten, und dies ließe sich als „Esoterik für Anfänger“ gut propagieren, ohne dass dafür auch nur annähernd so viel Geld ausgegeben wird wie für die absurdesten „esoterischen“ Spezialitäten.

Im Grunde gibt es Tausende von Feldern, in denen Esoterik zum Einsatz kommt. Genau dies ist auch das Problem. Bei all dem „Angebot“ verliert der Interessierte schnell den Überblick, und die Chance, dass er mit plumpen Unsinn konfrontiert wird, ist sehr groß. Esoterik kann, grob skizziert, eine Vorstufe zu Mystik und Spiritualität sein. Allerdings ist das „Warenhaus Esoterik“ dermaßen enorm, dass es ein Ding der Unmöglichkeit sein mag, dort überhaupt wieder hinaus zu finden und den Weg in tiefgründigere Dimensionen anzustreben.

David Steindl-Rast ist ein glänzendes Beispiel für einen Mystiker. Und er ist absolut zurecht der Auffassung, dass jeder Mensch Mystiker sein kann. Mystik ist nicht erlernbar oder in irgendein System zu integrieren. Mystik ist persönliche, einzigartige Erfahrung, welche die Grenzen des Üblichen sprengt. Es nähert sich oder durchbricht die absolute Wirklichkeit, entspricht einer ganz persönlichen Gotteserfahrung. Wer sich ausschließlich in esoterischen Kreisen aufhält, der wird den Weg hin zu mystischer Erfahrung nie machen können. Spiritualität, also transzendente Erfahrungen, bleiben diesen Menschen ebenso verschlossen, weil die Esoterik, wie sie sich heute „verkauft“, leider nur sehr bruchstückhaft auch nur eine Brücke hin zu Spiritualität und Mystik vermittelt.

Wer sich mit Esoterik nicht nur auseinander setzt, sondern daraus einen persönlichen Gewinn im Sinne eines „höheren Bewusstseins“ gewinnen will, sollte bereit sein, die Mystik und Spiritualität nicht auszuklammern. Das Festhalten an irgendwelchen „Erkenntnissen“ oder Riten, wie sie von „esoterischen Meistern“ weiter gegeben werden, führt nur zu dem berühmten Brett vor dem Kopf, das jede andere Perspektive verunmöglicht.

Die Diskussion rund um die Esoterik heutiger Ausprägung zeigt allzu deutlich, wie sehr sich Menschen entweder nach einer „anderen Welt“ sehnen oder aber diese oft vorgegaukelte Welt ablehnen, ja attackieren. Doch sowohl „praktizierende Esoteriker“ als auch Gegner sind dazu aufgerufen, den Stellenwert der Esoterik nicht über zu bewerten. Profis im Sinne der Esoterik, wie sie sich in diesen Zeiten darstellt, können gar nicht anders, als darüber hinaus zu wachsen. Denn Esoterik ist auf alle Fälle kein Endpunkt, sondern kann nur der Beginn eines langen Weges sein, der vielleicht gar nicht so selten in spirituelle und mystische Erfahrungen münden kann.

Völlig abseitig ist es, wenn sich selbsternannte Esoteriker und Gegner in die Haare kriegen, einander beschimpfen und den eigenen Standpunkt verbissen verteidigen. Dieses angeblich „geheime Wissen“ ist so geheim, dass es überall Ausprägung erfährt. Wer spirituelle und mystische Erfahrungen macht, wird damit nicht hausieren gehen. Warum gerade Esoteriker nicht selten ihr „Wissen“ als allgemein gültig weiter zu geben bestrebt sind, ist mir schleierhaft. Das ist sicher nicht im Sinne der Esoterik, wie sie sich vor vielen Jahrhunderten entwickelt hat.

6
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Bluesanne

Bluesanne bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:11

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:11

Darpan

Darpan bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:11

liberty

liberty bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:11

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:11

Das B

Das B bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:11

18 Kommentare

Mehr von Jürgen Heimlich