2012 dachte ich, mein Leben würde sich ändern. Ich machte eine Ausbildung zum – genau genommen – Senioren-Creativanimateur. Diese Ausbildung war im Rahmen eines Vortrages empfohlen worden. Jobmöglichkeiten sollte es genügend geben. Langsam gäbe es ein Umdenken der Verantwortlichen, in die Seniorenanimation würde mehr investiert. Somit war ich hochmotiviert, diese Ausbildung zu machen, die mir viel abverlangte. Ich durfte basteln, zeichnen, Gymnastik machen, tanzen, spielen und schreiben. Und noch vieles mehr. Alle angehenden Seniorenanimateure waren begeistert und freuten sich offensichtlich darauf, bald in diesem Kontext ihr Können zu zeigen.
In den Wochen und Monaten nach der Ausbildung erfolgte die Ernüchterung: Außer sehr schlecht bezahlter „Angebote“ gab es keine Chance, als Seniorenanimateur wo auch immer einzusteigen. Ich telefonierte viel, hatte Vorstellungsgespräche. Das Budget für Animateure sei quasi nicht vorhanden, das hörte ich auf Nachfrage einige Male.
Das Praktikum zeigte mir, wie schnell alte Menschen aufblühen, wenn sie Vertrauen fassen und von ihren Erinnerungen erzählen. Ich konzentrierte mich auf Biographiearbeit. Gemeinsam mit einer Kollegin und einem professionellen Kameramann brachte ich Seniorinnen und Senioren ins Bild. Der Kurzdokumentarfilm ist ganz großartig geworden, die Akteure waren ja wunderbar! Es fand schließlich eine Aufführung des Films im Beisein der Beteiligten statt, die guten Anklang fand. Wie ist es diesen Menschen seitdem ergangen? Keine Ahnung. Eine einzige Animateurin ist für gut 300 alte Menschen zuständig und Ansprechpartnerin. Es versteht sich von selbst, dass sich diese sehr engagierte Frau unmöglich um alle ihr anvertrauten alten Menschen kümmern kann. Die Seniorenheime müssen sparen und somit gilt der Fokus der Pflege. Animation ist da buchstäblich nur ein „Nebenschauplatz“.
Die zweifellos schöne Vorstellung, Seniorenanimateur sei ein Beruf mit Zukunft, ist der Realität gewichen. Klar, es KÖNNTE ein Beruf mit Zukunft sein, nur müsste das Budget zur Verfügung stehen, damit alte Menschen motiviert werden, den Spätherbst und Winter ihres Lebens mit viel Freude zu verbringen. Ich habe zu viele alte Menschen dahinsiechen sehen, zum Teil mit Tabletten ruhiggestellt. Was soll das für ein Leben sein? Wer will so enden? Ältere und alte Menschen gehören auf kein Abstellgleis, sondern mitten unter uns noch etwas vitalere Menschen. Ich hätte mich gerne mit deren Leben auseinander gesetzt, sie durch ihr So-Sein ermutigt, vielleicht noch einmal neue Seiten ihres Lebensbuches aufzuschlagen. Ehrenamtliche Arbeit schön und gut. Doch für konstruktive Arbeit in diesem Kontext reichen keine zwei Stunden die Woche, zumal möglichst viele alte Menschen davon profitieren sollten. Ob es doch mal deutlich mehr Budget für die Beschäftigung von hauptamtlichen Seniorenanimateuren geben wird? Tatsache ist, dass gerade im sozialen Bereich sehr viele neue Jobs geschaffen werden könnten. Angesichts der rückläufigen Erwerbsarbeit möge dies bedacht werden. Alte Menschen und deren Wegbegleiter würden sich sehr darüber freuen.