War früher alles besser oder ist später alles schlechter?

Gab es mal eine Zeit, in der ich gerne gelebt hätte? Bin ich mit der Zeit, in der ich zu leben aufgerufen bin, zufrieden? Oder wird später ohnehin alles schlechter? Diese Fragen kann ich allesamt nicht beantworten. Zum Glück. Denn jedes Jahrhundert, jedes Jahrzehnt war für die darin agierenden Menschen eine Herausforderung. Mal gab es Pestepidemien, mal gab es Krieg, mal Hungersnöte, mal die Ölkrise. Sollte ich nicht dankbar dafür sein, heute zu leben, wo sich zumindest in meinem Heimatland der Wohlstand breit macht, die Gesundheitsversorgung gut ist und überhaupt der technische Fortschritt allerlei ermöglicht?

Es lässt sich klar feststellen, dass der Mensch aus der Geschichte nicht gelernt hat. Krieg in allen möglichen Weltgegenden, Vernichtung, Zerstörung, Ausbeutung, Streben nach Weltherrschaft sind ungebrochen an der Tagesordnung. Menschen begehen unfassbare Verbrechen, kämpfen ungleiche Kämpfe. Das ist jetzt so wie es vor 50, 100, 1000 oder 5000 Jahren gewesen ist. Ein friedliches Miteinander da und dort ist die Ausnahme. Österreich ist ein reiches Land, hat die besten Voraussetzungen, um viel Positives zu bewirken. Aber wie hat es Peter Cornelius 2014 so schön gesagt, und ich erlaube mir, diese Erkenntnis als mein Zitat des Jahres 2014 zu betrachten: „Österreich ist keine Nation. Österreich ist eine Resignation.“

Österreich macht so gut wie nichts aus seinen Möglichkeiten. Es herrscht politischer Stillstand. Die Wirtschaft darbt vor sich hin. Das kreative Potenzial wird kaum registriert. Ein Weg aus der Sackgasse nicht gesucht. Wenn alles so bleibt wie gehabt ist es schon in Ordnung. Wir sollen gefälligst mit dem zufrieden sein, was wir haben. Österreich ist reich. Österreich ist aber auch arm. Nicht nur, weil viel zu viele Menschen an den Rändern zu leben verurteilt sind und oft nicht wissen, wie sie die nächste Miete oder den nächsten Einkauf bezahlen sollen. Sondern ebenso, weil nicht in die Zukunft investiert wird. Und zwar tatsächlich in eine bessere Zukunft! Irgendwann wird es einen mächtigen Knall geben, wenn es so weiter geht. Doch wer steuert dagegen? Wer will, dass es später nicht schlechter wird? Die nächsten Generationen werden ein kaum zu ertragendes Erbe antreten, sollte sich nichts ändern.

Ich lebe gerne, sehr gerne. Das Leben ist ein Geschenk. Und ich habe die Verantwortung, dieses Geschenk nicht mutwillig zu Gunsten irgendwelcher Systeme zu opfern, die mir vorschreiben wollen, wie ich mein Leben zu bestreiten habe. Das Leben jedes einzelnen Menschen ist zu kostbar, es für Nichtigkeiten und Grausamkeiten zu verschleudern. Jeder Mensch sollte sich in den Spiegel sehen und ausrufen können: „Ich möchte Dir nicht fremd sein. Ich möchte Dir möglichst nahe kommen.“ Wenn dies der Fall wäre, dann könnte das Zusammenleben der Menschen in welcher Zeit auch immer gelingen, weil es nicht mehr so viele Menschen gäbe, die sich selbst der größte Feind sind.

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Silvia Jelincic

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