Zum 90. Geburtstag von Ernst Jandl

Er war der wohl ungewöhnlichste Dichter, den Österreich in seiner langen Literaturgeschichte hervorgebracht hat. Denn Ernst Jandl schrieb nicht nur Gedichte, er visualisierte und sprach sie mit einer Inbrunst und Genauigkeit, die seinesgleichen suchte und sucht. Es wäre einseitig, von reiner Experimentallyrik zu sprechen. Die Bandbreite ist enorm, es gibt unzählige Varianten und Ausprägungen. Sein Zusammenwirken mit Musikern krönte seine Qualität als Lyriker. Und es gibt viele Studenten und auch Theater-Gruppen, die sich an seiner Arbeit als Autor orientierten und orientieren.

Ich habe Ernst Jandl nur einmal live miterleben können. Dies hat dazu geführt, mich näher mit ihm und seinem Werk beschäftigen zu wollen. Vor einigen Jahren gab es eine Ausstellung über ihn. So erfuhr ich, dass er trotz der ihm entgegen gebrachten Hochachtung als Autor darauf angewiesen war, über viele Jahre als Lehrer zu arbeiten. Es ist davon auszugehen, dass nicht jeder seiner Schüler von ihm inspiriert wurde. Doch so mancher hat sich möglicherweise selbst dazu aufgerufen gefühlt, die Dichterseele in sich zu erwecken.

Ein ganz wichtiger Mensch an seiner Seite war Friederike Mayröcker, welche Ende letzten Jahres ihren 90. Geburtstag feierte und bis heute als Autorin aktiv ist. Auch sie war bis in ihr 45. Lebensjahr hinein als Lehrerin tätig. Beiden gemein ist, dass sie ihr Schreiben mit Akribie verfolgten und die Lehrer-Tätigkeit daneben als sehr belastend empfanden. Durch spezifische Umstände war es beiden möglich, Mitte 50 in Frühpension zu gehen und sich ab dann voll und ganz dem Schreiben widmen zu können.

Nunmehr will ich auch das kleine „Rätsel“ auflösen, das mein Ernst Jandl gewidmetes Gedicht darstellen mag. Es erstaunt mich doch ziemlich, dass offenbar kein aufmerksamer Leser der Sachlage auf die Schliche kam. Ich habe nämlich vordergründig mit dem Mittel des Anagramms gearbeitet. Hierbei wird ein Ursprungs-Wort durch Verwendung der gleichen Buchstaben, die in eine andere Reihenfolge gesetzt sind, neu erschaffen. Das können natürlich auch mehrere Wörter oder ganze Sätze sein. In meinem Fall geht dies aus dem Mantra „St. Chrea“ hervor, dieses Anagramm leitet sich vom Namen des gegenwärtigen FPÖ-Bundesparteiobmanns ab. Auch das Spielen mit Splittern des Namens, also Chrst, gehört bedingt in diese Kategorie. Das i, welches dann einmal eingebunden ist, verweist darauf, dass es NICHT dazu gehört, also auf eine reine Selbststilisierung verweist.

Mit dem Mittel des Gedichts ist es möglich, über die Grenzen des Üblichen hinaus zu geraten. Das ewig gleiche Spiel des Verweisens auf Unarten, Absurditäten und populistische Faktoren ist ermüdend und gleichermaßen langweilig. Ich wollte also eine kreative Nuance einbringen. Durch meine Erklärung ist es nunmehr den geschätzten Leserinnen und Lesern vielleicht möglich, tiefer in die Sinnhaftigkeit dieses Ernst Jandl gewidmeten Gedichtes einzudringen.

Ernst Jandl lebe hoch, hoch hoch!

Och, och, oh,

oh, och, oho

langes oooo

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fischundfleisch

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