Armutszeugnis Zeltstädte - und was Mikl-Leitner dazu sagt

Gestern war ich mal wieder zu Gast bei „Pro und Contra“. Die Puls 4-Sendung beschäftigte sich anlässlich der Zeltlager-Politik der Bundesregierung mit dem Thema der europäischen Migration. Im Studio eingeladen war politische Prominenz: Sozialminister Hundstorfer (SPÖ), Eva Glawischnig (Grüne), HC Strache (FPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Die Politikwissenschafts-Studenten der Uni Wien sind mittlerweile Stammgäste im Puls 4-Studio – also war ich mal wieder dabei.

Und durfte auch mal wieder eine Frage stellen, die mir seit Anfang der Sendung auf die Nerven ging. Denn unsere Innenministerin Mikl-Leitner sagte zu Beginn noch, auch sie möge es nicht, dass Menschen in Zelten schlafen müssten. Wobei das „müssten“ hier relativ zu sehen ist angesichts dessen, dass sich einige Freiwillige in Österreich finden, die Flüchtlinge aufnehmen könnten.

So gesehen bei Michael Gitzi. Dieser hat seine Liegenschaft in Favoriten dem Bundesministerium für Inneres angeboten, um dort Asylwerber unterzubringen. Diese sei „hotelähnlich“. Abgeschickt wurde das Angebot im September letzten Jahres.

Das wäre doch mal was, oder? Echte „Hotelzustände“ für Asylanten, eine menschenwürdige Unterkunft statt Zelte in einem der reichsten Länder der Welt. Auch, wenn das laut einigen FPÖ-Anhängern schon lange Realität ist. Das Problem ist nur: Das Bundesministerium reagiert auf solche Fragen nicht. Und warum das so ist, das war meine Frage an sie.

Die Antwort von Mikl-Leitner im Wortlaut: „Jeden Anruf, jedes Mail, das wir erhalten, wenn uns jemand Quartier anbietet, wird sofort geprüft. Ich bin über jedes Angebot dankbar. (...) Wenn Sie ein Quartier haben, dann geben Sie mir Name und Adresse und wir nehmen sofort Kontakt auf – wir geben es auch an die Länder weiter, dann werden wir alles prüfen.“

Was ist also passiert im Fall Gitzi?

Von seinem spezifischen Angebot habe ich durch Twitter über das Magazin „das Biber“ erfahren. Auf der Seite des zugehörigen Artikels findet sich mittlerweile ein Nachtrag:

So viel zum „sofort prüfen“. Und Gitzi ist nur das aktuellste Beispiel – auch einige andere bieten ihre Grundstücke an, um Asylwerber unterzubringen. Auch Familien, oft gerade auch am Land, zeigen sich hilfsbereit, wo sie nur können, um fliehenden Menschen einen Ort des Friedens zu ermöglichen. Aber das scheint das Bundesministerium nicht zu interessieren. Genauso wenig die Koalition. Deren Chef Werner Faymann meinte übrigens 2012 noch zum Thema Zeltstädte: „Da ein Zelt aufzustellen, wäre ein Armutszeugnis." Solche Maßnahmen kämen "nicht in Frage".

Ein Armutszeugnis ist der momentane Zustand auf jeden Fall. Darauf angesprochen antwortet die Frau Innenministerin mit mehr oder weniger offensichtlichen Lügen – auch, wenn ich ihr nicht unterstellen möchte, gewusst zu haben, dass in ihrem Ministerium geschlampt wird. Auf die geringe Entwicklungshilfe Österreichs angesprochen verwies Mikl-Leitner des Weiteren auf „laufende Gespräche“, um danach auf Erfolge zu kommen. Diese kamen allerdings von der EU und nicht von ihr.

Generell scheint sich die Bundesregierung gerne auf das auszureden, was die EU, UNO-Organisationen wie die UNHCR und andere Institutionen zusammenbringen – allerdings tun sie das nicht wegen, sondern trotzihr. Da kann man noch so vielen Fragen ausweichen, noch so schlampig arbeiten, noch so viele Ablenkmanöver starten – die Zeltstädte für Asylwerber sind eine Schande für Österreich. Eine humanere Lösung darf nicht am Widerstand der Länder scheitern.

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