Charlie Hebdo: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Der IS-Terror war das Thema 2014. Der selbsternannte Kalif Abu Bakr al-Baghdadi gab seinen Leuten - womit er fälschlicherweise alle Muslime der Welt meint - die Anweisung, selbständig Anschläge im Westen zu begehen. Mit welcher Waffe oder wen sie töten, sei dabei egal.

Als ich zum ersten Mal echte Recherche zu dem Thema betrieb, rannte es mir kalt den Rücken runter. Die "radikalen Islamisten", die ich bis jetzt nur aus FPÖ-Hetzereien kannte, existierten wirklich. Vielleicht nicht bei uns, aber dort drüben versuchen sie, sich einen eigenen Staat aufzubauen, und feiern dabei frenetisch den Massen- und Völkermord, den sie an Christen, Jesiden und ohnehin allen anderen begehen.

Die westliche Politik reagierte sofort - aber lange nicht mit den Hilfsmaßnahmen, die Irakern und Syrern das Leben retten könnten. Sondern mit Stellungnahmen - Europa sei nach wie vor sicher. Umfragen gewinnt man zuhause, und solange sich das eigene Volk sicher fühlt, ist die Situation halb so wild.

Mir ist nach wie vor nichts passiert. Ich gehe jeden Tag auf den Straßen der Weltstadt Wien spazieren, und noch immer hat mich kein Radikaler erwischt und auf dem Stephansplatz geköpft. Mit der Zeit beginnt man, diesen Terror Normalität werden zu lassen, ihn ignorieren, ihn zuzulassen …

… und dann töten radikale Islamisten 12 Menschen in einer französischen Redaktion …

Gemeint ist die Redaktion von "Charlie Hebdo". Als Satiremagazin wurde es in Frankreich bekannt, weil man sich in der Anfangsphase über den Tod von Charles de Gaulle lustig machte. Nachdem in Dänemark dieser Skandal um die Mohammed-Karikaturen aufkam, witterte die Redaktion scheinbar eine Chance auf größere Reichweite und Polarisierung. Seitdem veröffentlichte sie mehr oder weniger regelmäßig Karikaturen über Mohammed und seit neuestem auch über den IS. Noch in der letzten Ausgabe von "Charlie Hebdo" schrieb man: "Noch immer keine Attentate in Frankreich. Wünsche bis Ende Jänner äußern!"

Man könnte fast von Ironie des Schicksals sprechen. Aber vielmehr von einer grausamen, menschenunwürdigen, verachtenswerten und niederträchtigen Tat. Menschen wegen ihrer Religion auszugrenzen, das ist schlimm genug - ein Schicksal, dass die "normalen Muslime" - und man darf nie vergessen, dass der IS nicht der Islam ist - oft genug zu spüren bekommen. Aber andere wegen ihrer Religion, Herkunft, Überzeugung und Meinung zu töten, dazu fehlen mir einfach die Worte.

Ein zentrales Motiv des Terrorismus ist Angst. Mit der Angst kriegt man es unmittelbar zu tun. Aber noch viel mehr mit Hass. Gerade in Frankreich wird dieser Vorfall nicht ohne Folgen bleiben - Marine Le Pen und der Front National lachen sich schon ins Fäustchen, vermutlich werden auch Strache und Co. diese Tragödie ausschlachten. Diese Leute schaffen es, vor allem den aufkommenden Hass in Europa zu verstärken. Und ihnen - nur ihnen persönlich - schenke auch ich all meine Verachtung.

Die Presse- und Meinungsfreiheit ist die wichtigste Überzeugung der westlichen Gesellschaften. Nur, weil sich ein paar dumme Radikale in ihren religiösen Ansichten verletzt fühlen, darf man nicht aufhören, diese Überzeugungen hochzuhalten. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Meine Gedanken sind in Frankreich.

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Jürgen Heimlich

Jürgen Heimlich bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:57

mr_mir@live.de

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irmi

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Silvia Jelincic

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r.schoaf

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fischundfleisch

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