Es ist also wieder passiert. Die ÖVP hat sich bei Team Stronach-Abgeordneten eingekauft. Wobei, „eingekauft“ darf man ja nicht sagen. Die Abgeordneten haben ja schon vorher 8.300 Euro brutto im Monat verdient. Den Überläufern vom „Team“ Stronach dürfte es eher darum gehen, auch noch nach der nächsten Nationalratswahl einen Job in der Politik zu kriegen. Es würde mich nicht überraschen, Kathrin Nachbaur und Co. bei der nächsten Wahl auf sicheren Plätzen zu sehen.

Was freilich nicht dem Wählerwillen entspricht. Das System der repräsentativen Demokratie funktioniert zwar generell – aber die österreichische Variation verzerrt dieses mittlerweile zu einer Perversion.

Denn längst kommen nicht mehr jene auf die prominenten Plätze, die es verdient hätten. Gerade die Altparteien SPÖ und ÖVP züchten sich ihre Parteisoldaten, die sich nach strengen Regeln in der Partei und ihren vielen Teilorganisationen hocharbeiten und ein möglichst breites Spektrum auf der Liste abdecken. Die Teilorganisationen, das sind Gewerkschaften, Wirtschaftsbund, ÖAAB, Bauernbund, Parteijugend, Landesgruppen, usw.

Alle fünf Jahre – übrigens eine längere Zeit als in den meisten anderen westlichen Demokratien – gibt es für uns die Möglichkeit, ein Kreuz zu machen. Wenn wir Sozialdemokratie wollen, wählen wir – theoretisch – die SPÖ. Allerdings müssen wir dabei beachten, dass die Liste nicht auf die sozialdemokratischen „Parteirebellen“ achtet und einen Werner Faymann an der Spitze hat. Ich würde auch gerne ein ähnliches Beispiel bringen, warum man die ÖVP wählt. Aber mir fällt kein realistisches ein.

Dass Nachbaur und Co. jetzt für die ÖVP im Nationalrat sitzen, wird sich für sie vermutlich bezahlt machen. Ich denke nicht, dass Lopatka und Co. sie nach der Legislaturperiode einfach abblitzen lassen – immerhin sind sie jetzt daran beteiligt, die ÖVP mächtiger zu machen. Wenn man nicht nur den National- sondern auch den Bundesrat dazuzählt, hat die ehemalige Volkspartei schon die meisten Mandatare.

Viele spekulieren jetzt darauf, dass die ÖVP die SPÖ überholen will, um eine neue Regierung zu bilden – logischerweise Schwarz-Blau, wofür rechnerisch nur noch ein bisschen was fehlt. Strache hat dieser Vision bereits eine Absage erteilt – zuerst brauche es Neuwahlen. Und mit dieser Forderung hat die FPÖ auch Recht – denn sie müsste sich den ersten Platz in Zeiten von überforderter Asylpolitik nur abholen und könnte sich danach aussuchen, mit wem sie zusammenarbeitet.

An solcherlei Spekulationen ist meiner Einschätzung nach also nichts dran. So korrupt und intrigant die österreichische Politik auch sein mag – wir sind nicht bei House of Cards. Trotzdem schaden Aktionen wie diese dem eh schon miserablen Ansehen der österreichischen Politik und der Politik im Allgemeinen. Denn wieder sieht man eine Schlagzeile, in der’s um Überläufe und Machtspielchen geht – und nicht darum, das Leben der Menschen in Österreich besser zu gestalten.

Das „Team“ Stronach ist somit endgültig tot. Anfangs war das recht unterhaltsame Projekt des Milliardärs noch gegen die ÖVP, die Raiffeisen und die Funktionäre. Mittlerweile sind sie fusioniert – wenn das Team Stronach noch von einem „wir“ spricht, kann man das getrost wegschmunzeln. Was bleibt ist der Eindruck von Politsöldnern, die von ihren alten Parteien – oftmals vom damals wegsterbenden BZÖ – zu Stronach wechselten, nur um auch dieses sinkende Schiff zu verlassen. Ob die ÖVP wirklich diese fixe Rentenversicherung ist, wird sich nach der Wahl zeigen.

In jedem Fall ist jeder einzelne Überläufer des „Team“ Stronach ein lebendiges Armutszeugnis für die österreichische Politik. Zuerst haben sie alle genau diese Partei kritisiert, für die sie nun tätig sind. Der Marcus Franz meint, das alles würde er in der Partei weiterdiskutieren – aber die ÖVP ist nicht unbedingt für ihren Reformwillen und ihre Diskursbereitschaft bekannt. Oder dafür, bei Wahlen (prozentuell) zu gewinnen. In diesem Fall hätten sie besser zur FPÖ wechseln sollen. Aber vielleicht gibt einfach nicht mal die sich für sowas her.

Was von Frank Stronach und seinen Berufssöldnern (in Abgrenzung zu Berufskillern) bleiben wird, sind legendäre Fernsehauftritte, ein amüsanter Wahlkampfsong und ein bleibender Schaden für die österreichische Polit-Landschaft. Nichts, was sich für ein ernsthaftes politisches Projekt wirklich sehen lassen könnte. Schande über sie.

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