Die JUNOS - Utopisch, aber gar nicht so dumm

In Österreich ist jedes Jahr ein „Super-Wahljahr“. Dieses Jahr eben wegen mehreren Landtags- und Gemeinderatswahlen sowie der bereits gelaufenen WKO-Wahlen. Was dabei nur allzu oft übersehen wird, sind die ÖH-Wahlen, die diesen Mai an den öffentlichen und privaten Universitäten sowie an den Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen des Landes stattfinden.

Gut, das ist Randgruppenpolitik, aber ich halte die Studenten für eine bedeutsame Randgruppe der Gesellschaft. Auch, wenn Wissenschaft in Österreich nicht wahnsinnig geschätzt wird. Grund genug, sich mit dem Mini-Wahlkampf der ÖH-Parteien auseinanderzusetzen. Den Anfang machten die JUNOS, die gerade heute, Montag, auf einer Pressekonferenz ihre wesentlichen Programmpunkte vorstellten präsentierten.

Zuallererst wollen die Junos die ÖH-Beiträge – Studenten zahlen momentan € 18,70 pro Semester für ihre Studienvertretung – zweckwidmen. An und für sich eine gute Idee. Bei den Wirtschaftskammerwahlen gab es die Idee, Zwangsbeiträge generell abzuschaffen, da die Interessensvertretung oft nicht greife. Wenn man darüber schon nicht diskutieren kann – und das dürfte mit einem starken VSStÖ nicht zu machen sein – kann man zumindest das Beste draus machen.

Ich studiere an der Universität Wien. Und so ziemlich alle Studenten anderer Unis, die ich kenne, verbinden mit meiner vor allem den starken Linksdrang. Das muss nicht unbedingt falsch sein – ich bin für eine Interessensvertretung, die keine politische Meinung (sofern sie nicht das Verbotsgesetz streift) ausschließt. Allerdings höre ich von „meiner“ ÖH – ich habe sie ja noch nie wählen dürfen – vor allem durch Marxismus-Workshops und Workshops gegen rechts. Vor allem die finanziellen Verwicklungen mit #nowkr-Randalierern im letzten Jahr sind mir da ein Dorn im Auge. Ich würde meinen Beitrag lieber für Lehrmittel verwendet wissen. Oder für Mentoring-Programme. Oder Förderprogramme, zum Beispiel für Reisen. Ich persönlich bin nämlich nicht der Typ, der einen Marxismus-Workshop besucht – also warum sollte ich ihn bezahlen?

Des Weiteren fordern die Junos nachgelagerte Studiengebühren. Das ist keine neue Forderung – im letzten Wahlkampf, damals noch als JuLis, warben die Jungen Liberalen mit „Deine Mutter zahlt mein Studium“. Auch mit diesem mutigen – man möchte sagen, utopischen – Vorschlag kann ich mich anfreunden.

Ich studiere zwei Fächer an der Uni Wien, einer der besten Hochschulen des Landes – ob es die beste ist, mag man diskutieren können. Rein statistisch gesehen dürfte ich im weiteren Verlauf meiner Karriere weit mehr verdienen als Altersgenossen ohne Studium – ob Maturanten oder Lehrlinge. Für mich ist ein Gratis-Studium natürlich eine klasse Sache. Aber ich würde es vollkommen verstehen, wenn ich von meinem überdurchschnittlichen Gehalt danach ein bisschen etwas zurückgeben würde. Sofern es denn wirklich überdurchschnittlich ist.*

Denn die Junos fordern gerademal 500 Euro pro Semester – der Präsident des Schweizer Wissenschaftsrats hält jedoch sogar 1000 bis 2000 Euro für nötig, wenn die Rahmenbedingungen für Studenten passen. Im „Standard“-Interview argumentiert er, es sei ein „verzerrtes Demokratieverständnis“, dass SchülerInnen nach der Matura einfach ein Fach studieren, das nicht allzu schwer sei. Die Junos fordern 500, nachgelagert, und auch nur, sobald ein gewisses Einkommen erreicht sei. Das halte ich für eine humane Forderung.

Im Gegenzug wollen die Junos die Studienbeihilfen erhöhen. Ebenfalls utopisch, aber ebenfalls sehr bequem für mich. Allerdings stellt sich mir die Frage, wieso der Staat den Studenten mehr Geld auszahlen soll, wenn sich für sie während des Studiums ohnehin nicht viel ändern soll. Sparen für die Studiengebühren danach? Wie auch immer - in jedem Fall würde es die entlasten, die heute einen 21-Stunden-Job neben dem Studium machen müssen, um sich die Wohnung zu zahlen. Ich kenne genug Leute, die das nicht gepackt haben.

Im Großen und Ganzen wirkt das Junos-Programm für mich recht mutig, aber auch eher unrealistisch. Gerade an meiner Uni sind der VSStÖ und die GRAS recht stark, und ich glaube nicht, dass die auch nur zuhören, wenn es um Studiengebühren oder Zweckwidmung geht. Trotzdem gut zu wissen, dass jemand diese Punkte anspricht. Vielleicht haben sie mich dadurch gewonnen.

*Nachtrag: Soeben von den Junos erfahren, dass ein Freibetrag von jährlich 11.000 € überschritten werden müsse, um in die Kategorie "nachgelagerter Studiengebührenzahler" zu fallen. Die Zahlungen sollen zinsfrei 8 % des darüber liegenden Einkommens betragen. Ich finde, man könnte ein flexibleres Tarifmodell anbieten - die Bewertung der Zahlen überlasse ich euch.

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