Hofberichterstattung und Fellners Meinung zur Steuerreform

Der Boulevard in Österreich muss sich viel Kritik gefallen lassen. Lügenpresse. Volksverdummung. Schädlich für die Demokratie. Und das ganze Zeug eben. Und ja - gerade bei den drei großen Boulevardzeitungen des Landes gibt es eine Tendenz zu Fake-Stories und Verhalten, dass man nicht als seriösen Journalismus bezeichnen kann.

Dass der Boulevard funktioniert, liegt aber immer noch daran, dass die Leute ihn scheinbar wollen. Und nichts desto trotz gibt es auch in Boulevardblättern ernsthaft kluge Kommentare zu lesen - auch, wenn sie einfacher gehalten sind als die der Qualitätszeitungen.

Das war's aber auch schon mit der Verteidigung. Denn neben den oben genannten Kritikpunkten, die sich durch viele weitere Links ergänzen ließen, möchte ich ein neues Schlagwort hinzufügen - Hofberichterstattung!

Gut, das Thema ist nichts Neues. "Dossier" hat die Story aufbereitet und neu recherchiert, was dafür gesorgt hat, dass auch in Deutschland Beiträge zur Situation der österreichischen Medienlandschaft kamen. Der Tenor: Inserate bestimmen die Berichterstattung.

Nun könnte man meinen: "Stimmt nicht. Zeig mir doch einmal, dass das passiert ist." Sehr gerne.

Hofberichterstattung in der "Österreich"

Als Beispiel nehmen wir die "Österreich" von gestern, dem 11. März 2014. Konkret geht es um diesen Kommentar von Wolfgang Fellner und den nebenstehenden Bericht zur Steuerreform: "Steuer-Reform bringt jedem 1.000 Euro".

"Aber der Fairness halber muss man auch feststellen: Wenn der Hut wirklich brennt, funktioniert diese Koalition doch noch." - dazu verlinke ich auf diesen Artikel von mir.

"Und es sieht ganz so aus, als würden die beiden Chefs das Finale ohne jeden Krach, Neuwahl-Getöse oder Groll schaffen." - richtig, weil wir das schon vor den Verhandlungen hatten.

"1.000 Euro für ein 2.300-­ Euro-Einkommen bedeuten für viele eine dringend nö­tige Kinderzimmereinrichtung, eine Anzahlung für ein Leasing-Auto oder einen wohl verdienten Urlaub." - muss ich darauf hinweisen, dass sich das wie eine OTS der SPÖ liest?

"Der Klügere gibt nach bei dieser Steuerreform – und sichert den Bürgern damit die 1.000 Euro netto mehr." - ein schöner Euphemismus dafür, dass Werner Faymann sämtliche Forderungen der SPÖ nicht durchbringen können. Keine Erbschaftssteuer, keine Schenkungssteuer, keine echte Vermögenssteuer.

Ich lese Fellners Kolumnen und sein Blatt regelmäßig. Nicht, weil ich mir seriösen Journalismus erwarte. Sondern weil ich es für wichtig halte, was gerade die Wienerinnen und Wiener sowie auch viele andere Österreicher außerhalb des U-Bahn-Netzes Tag für Tag lesen. Nicht jeder liest Qualitätszeitungen. Nicht jeder versucht, seine Nachrichten aus mehreren seriösen Quellen zu beziehen. Nicht jeder legt überhaupt Wert darauf - vielen reicht vermeintliches "Oberflächenwissen". Und das halte ich angesichts solcher Beiträge für ein Problem.

Denn wer Fellner kennt, weiß, dass er nicht immer solch offenkundige Werbung für Regierungsvorhaben schaltet. Spindelegger hat er quasi persönlich abgesägt - am Tag vor dessen Rücktritt wusste es Fellner in seiner Kolumne.

Aber angesichts eines solchen Kommentars zur Steuerreform bleiben mir nur zwei Denkmöglichkeiten:

1. Fellner hat Freunde in der SPÖ, denen er (für Gegenleistung?) einen Gefallen tut.

2. Fellner hat absolut keine Ahnung.

Nun kann man sich aussuchen, was ich ihm hier etwas boshaft unterstelle. Aber Fakt ist: Diese Steuerreform bringt kaum Entlastung. Ihr Volumen reicht nicht einmal aus, um ein Jahr lang die kalte Progression abzudecken. Die eher scheinheiligen Einnahmen aus dem Kampf gegen Steuerhinterziehung fußen auf Vermutungen statt auf fixen Beträgen. Und bekommt wirklich jeder 1.000 Euro? Nein - man muss genug verdienen, um diese Entlastung überhaupt zu spüren.

Für mich ist diese Steuerreform eine Steuererhöhung. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Tickets, Taxis, Blumen usw. (in der Österreich als "Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Luxusgüter" bezeichnet) trifft gerade die, die es eigentlich zu entlasten gilt. Und damit meine ich nicht eigennützig nur mich und Studenten - die werden oftmals von ihren Eltern finanziert und / oder können sich durch eigene Arbeit erhalten. Es geht vor allem um die, die sehr schlecht verdienen. Die SPÖ sagt Teilzeit und Ausbeutung den Kampf an - warum belastet sie dann gerade die Menschen, die davon betroffen sind?

Das verstehe ich nicht. Aber man muss es auch nicht verstehen. Denn laut der "Österreich" ist diese Steuerreform ein ganz großer Wurf. Dennoch: Jeder, der sich mit den Fakten beschäftigt, wird merken, dass das alles andere als eine nachhaltige, vernünftige Entlastung ist. Und wieso Fellner das nicht so schreibt, da hab ich so meine Vermutung ...

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