Meine Ansichten zu PEGIDA und den Demos rund um den WKR-Ball habe ich auf dieser Seite schon veröffentlicht. Es wird allerdings noch Zeit für ein Resümee.
Was die linken Randalierer um nowkr betrifft, so haben sie mich enttäuscht, aber gleichzeitig meine Erwartungen erfüllt. Ein Polizist wurde von einem Böller getroffen und erlitt ein Knalltrauma, Sessel flogen am Karlsplatz auf die Straße, Hubschrauber flogen über Wien und 54 Personen wurden verhaftet. Zudem wurden auf der Autobahn einige Tschechen angehalten, die bewaffnet auf die Demo kommen wollten. Im Vorfeld wurde das dadurch gerechtfertigt, dass die Gewalt ja quasi für eine "gute Sache" sei – nämlich Antifaschismus = Antikapitalismus. Aber sich dann wundern, dass die eigene Demo untersagt wird.
Die rechten Demonstranten von PEGIDA kamen zahlenmäßig nicht ansatzweise an Deutschland heran. Ein paar hundert Menschen skandierten in einer Stadt mit 1,73 Mio. Einwohnern "Wir sind das Volk" – und wurden von den Gegendemonstranten zahlenmäßig wie akustisch geschlagen. Wirklich zugeschlagen haben sie dann selbst – eine Aktivistin der #nopegida in Wien wurde krankenhausreif geprügelt. Zudem wurde ein "Profil"-Journalist bedroht, es wurde mindestens ein Hitlergruß dokumentiert und generell macht das ganze einen eher rechtsradikalen, gewaltbereiten Eindruck als in Deutschland.
Ich war an beiden Tagen auf keiner Seite demonstrieren, da ich Links- wie Rechtsextremismus entschieden ablehne und beide Seiten als menschenverachtende Ideologien empfinde – Nazis wie Kommunisten. Allerdings sind die Demonstranten nur Symptome für ein Problem, das in Österreich wie in Europa immer ersichtlicher wird: Die politische Mitte verliert an Attraktivität.
Bei den letzten EU-Wahlen profitierten Parteien am linken wie am rechten Rand. Die klassischen Mitte-Parteien werden vielerorts für alle Probleme verantwortlich gemacht. Oft nicht zu Unrecht, wie der Reformstau und die Budgetpolitik in Österreich zeigen. Ein Mittel gegen diesen Trend ist schwer zu finden – in Deutschland beschließt eine konservative Regierungspartei die Energiewende, in der Sozialdemokratie geht man mit linken Fantasien eher vorsichtig um – und hierzulande biedern sich die Roten sogar schon den Rechten an. Davon profitiert die Mitte allerdings selten – sie verliert viel eher Wähler an die Randparteien wie Syriza (GRE) und den Front National (FRA).
Die Gründe, weshalb die Regierungen in Europa auf so viele Herausforderungen kein Rezept finden, sind vielfältig. In Österreich war es das Asylwesen. Zuerst wurden viele Gastarbeiter angeworben, und als man nach den Zeiten der Vollbeschäftigung keine Arbeit mehr für sie hatte, verschärfte man das Fremdenrecht immer mehr und sorgte für eine Vielzahl an Familienzuzügen. So machten vergangene Regierungen Österreich zu dem Einwanderungsland, das es nie sein wollte – und bis heute findet man keine Antwort darauf, als noch strengere Asylregelungen. Jüngst wird sogar der Tatbestand "Integrationswilligkeit" im Strafrecht diskutiert.
Das erklärt zumindest PEGIDA teilweise. Aber nicht nur die wenden sich aus Enttäuschung dem Rand zu. Auch enttäuschte Linke, wie von mehr sozialer Gerechtigkeit träumen, suchen ihr Heil längst nicht mehr bei der SPÖ. Die europäischen Regierungen von heute brauchen wieder mehr Mut, um Reformen anzupacken und langfristige Maßnahmen zu treffen – sonst wird sich die Links/Rechts-Spaltung bei der nächsten Europawahl fortsetzen. Und vielleicht auch in den Straßen von Wien.