Die ÖH-Wahl ist bestritten. Zumindest weitgehend ist schon ausgezählt. Das Ergebnis hat sich geändert, die Wahlbeteiligung ist wieder gesunken, ändern wird sich wenig bis gar nichts. Trotzdem halte ich es für angebracht, ein paar Worte dazu zu sagen.
Recht eindeutig ist eine Spaltung der ÖH. Zwar stellt die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) mit 26,7 % und 16 Mandaten die stärkste Fraktion – dennoch wird das Wahlergebnis wohl wieder auf eine linke Koalition auf Bundesebene hinauslaufen. Mit dem VSStÖ (SPÖ in sozial und studentisch), den GRAS (Grüne mit mehr Gender-Dings), den FLÖ (Fachschafslisten), FEST („Engagierte Studierende“) und dem KSV-LiLi (Kommunisten, die sich von den Kommunisten [KSV] abgespalten haben]) gibt’s da jede Menge Angebot. Als Student bist du halt entweder links bzw. „gegen neoliberal“, oder du willst, dass die ÖH keine Demo-Workshops von deinen Beiträgen zahlt.
Inwieweit die JUNOS neoliberal sind, darüber kann man streiten, allerdings sind sie die Gewinner des Abends. Ein stärkeres Ergebnis gab es für eine liberale Partei in Österreich noch nie – vor allem an anderen Hochschulen als Universitäten sind die jungen liberalen Studierenden stark. Entweder kann man das als Zeichen dafür sehen, dass nachgelagerte Studiengebühren doch nicht so unsozial sind, oder der Hashtag #VoteWhatYouWouldDate in Bezug auf Spitzenkandidat Swatek hat sich durchgesetzt. Wie auch immer, für eine Regierungsbeteiligung wird’s wohl nicht reichen.
Auffällig ist auch, dass die GRAS Platz 2 erobern konnten – 2013 hatte es nur für Platz 5 gereicht. Dass das Personenwahlrecht den unabhängigen FLÖ und FEST schadet, war irgendwo abzusehen – dennoch ist es eindrucksvoll, dass die Grünen nun auch den VSStÖ überholt haben. Dieser hat sich im Wahlkampf wesentlich sachlicher präsentiert – allerdings auch die Konfrontation mit den JUNOS gesucht. Das und die allgemeine Beliebtheit der Grünen in der Bundespolitik (vor allem unter Menschen mit gehobenem Bildungsniveau) könnten die Gründe dafür sein, dass die Machtverhältnisse auf linker Seite sich geändert haben.
Ich persönlich habe den Wahlkampf zeitweise als sehr niveauvoll, aber vor allem auch als lästig empfunden. Zwar bemühen sich die Fraktionen und ihre Spitzen, Inhalte vorne anzustellen – der KSV-LiLi verzichtete sogar auf eine offizielle Spitzenkandidatin –, aber in den letzten Tagen war das eine pure Materialschlacht, zumindest in Wien. Vor dem Publizistik-Institut musste ich auf engstem Raum gleich fünf Leuten erklären, dass ich ihre Flyer nicht möchte. Social Media war voll von der kleinen Randgruppe politisch aktiver ÖHler, die 20x am Tag denselben Wahlaufruf anders verpackten. In Politikwissenschaft haben sich die „Kritischen Studierenden in Politikwissenschaft“ (KRISP) in der Vorlesung getraut, Wahlwerbung zu machen – eine undemokratische, unnötige, nervige Sauerei, wenn ihr mich fragt. Und das auch noch am letzten Wahltag. Jedoch bleibt wichtig anzumerken, dass der Stil des Wahlkampfes trotz Materialschlacht sehr gehoben war im Vergleich zu dem von Nationalratswahlen.
Das letztendlich wichtigste an den Ereignissen der letzten Tage ist allerdings die Wahlbeteiligung. Sie ist erbärmlich. Mit 25,9 Prozent liegt das Ergebnis noch unter dem von 28 Prozent 2013.
„Das geht besser“ wäre noch untertrieben. Denn wir reden hier von Studierenden. Wenn es eine gesellschaftliche Gruppe geben sollte mit den intellektuellen Kapazitäten, sich einmal alle zwei Jahre mit dem eigenen Leben und dessen Gestaltung auseinanderzusetzen, dann sind es Studierende. Dass gerade die angeblich zukünftige Elite des Landes – wer diese Illusion glauben mag – nicht imstande ist, ihre eigene Interessensvertretung zu wählen, ist eine lächerliche Tragödie. Wenn ich in der ÖH-Bundesvertretung sitzen würde – ich könnte mir nicht so vorkommen, als wäre ich ein legitimierter Interessensvertreter. Wenn das ein Student liest, der nicht gewählt hat: Was ist nur los mit dir …
Was also tun in den nächsten zwei Jahren? Es wird wohl wieder auf eine linke Koalition hinauslaufen. Auch, wenn die AG die meisten Stimmen hat. In zwei Jahren wird dann wieder gewählt, und die Wahlbeteiligung wird wohl wieder sinken. Vielleicht reißen sich die Fraktionen ja dann zusammen mit einer weniger brutalen Materialschlacht vor allem im Endspurt und hören zumindest auf, die zumindest potentiellen Wähler zu vergraulen. Vielleicht aber liegt’s auch gar nicht an der Delivery, sondern daran, dass den Studierenden schlicht die Message egal ist. Wir werden sehen.