PEGIDA kommt nach Österreich. Da ihre Forderungen irgendwo berechtigt sind, sollte man sie nicht pauschal als Nazis bezeichnen.
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Es geht also los. PEGIDA kommt nach Österreich. Die deutsche Anti-Islam(isierungs)-Bewegung hat ihre Ableger auf Facebook schon in Stellung gebracht, die bundesweite Seite darf sich schon über mehr als 10.000 Likes freuen – die allerdings großteils aus Deutschland kommen.
Das wird auch bei uns zwangsläufig zu Diskussionen führen. Die wichtigsten Fragen, kurz erklärt.
1. Sind die Leute, die bei PEGIDA-Märschen demonstrieren, Nazis?
Nein, das sind sie nicht.
Man kann vielen rechten oder populistischen Organisationen, die es in Österreich nun mal gibt, unterstellen, ein Nazi-Problem zu haben. Die zweiwöchentlichen Einzelfälle bei der FPÖ sind bekannt und darüber beschwert sich niemand mehr – denn auch, wenn sie Nazis unter sich haben, sind die Blauen anscheinend keine Nazi-Partei. Auch die Identitären sind keine – auch, wenn sie ideologische Elemente der Nazis sehr gerne abgewandelt übernehmen.
Also warum sollte PEGIDA eine Nazi-Bewegung sein? Sie selbst betonen immer wieder, "besorgte Bürger" zu sein, die von der "Lügenpresse" diffamiert werden. Einerseits sind sie durch ihr eher einfach gestricktes dichotomes Weltbild von "Wir" und "Die" selbst dafür verantwortlich. Andererseits sollten Massenmedien gesellschaftlichen Dialog bestärken, anstatt ihn im Keim zu ersticken. Um zu beantworten, ob es sich bei den "Patriotischen Europäern" nun tatsächlich um Nazis handelt, muss man ihre Forderungen in Frage stellen.
2. Ist ihre Demonstration gerechtfertigt?
Ja, das sind sie.
Denn auch wenn fremdenfeindliche Töne mitschwingen, so richtet sich PEGIDA doch in erster Linie gegen Islamisten – die ja auch von den Medien momentan eher gehasst werden - und gegen eine verfehlte Asylpolitik. Davon kann man in Österreich ein Lied singen. Die Gastarbeiterregelung wurde in Österreich bestärkt, als ihre positiven Seiten schon lange Geschichte waren – seit 1973 gibt es "Gastarbeiter" im Land, die nicht mehr Gäste sind, sondern sich hier ein Zuhause geschaffen haben. Durch die wirtschaftliche Flaute fielen ihre Jobs weg, durch neue restriktive Regelungen bei der Wiederaufnahme von Gastarbeitern kam es zu vermehrten Zuzügen ganzer Familien. Familien, die zu dem Zeitpunkt eigentlich keiner mehr brauchen konnte.
Ja, es gibt sie, die perspektivlose Klasse von Ausländern. Wenig Bildung, früher Zugang zu Verbrechen, Ausgrenzungsgefühl und Abschottung von der Gesellschaft. Das trifft einen verhältnismäßig vermutlich kleinen Teil – aber genau dieser macht der Bevölkerung Sorgen. Ich habe diese Einstellung nie verstanden, und es liegt mir immer noch fern, Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion zu beurteilen – aber ich kann das Gefühl dahinter verstehen, seit ich vier Monate nachdem ich nach Wien gezogen bin von zwei ebensolchen Kriminellen überfallen wurde.
Wenn Österreichs Asyl- und Staatsbürgerschaftswesen perfekt wäre, hätte die FPÖ schon unter Haider jede Legitimation verloren. Allerdings gibt es sie – und genau wie PEGIDA sind sie nur Symptome einer verfehlten Politik. Auch Politikwissenschaftler weisen seit Jahren darauf hin, dass das Staatsbürgerschaftsrecht schon lange reformiert gehört in Richtung Geburtsortprinzip. Außerdem sollten Asylwerber schleunigst eine Arbeitserlaubnis kriegen – und nicht monatelang im Nimbus verrotten.
Es gibt diese Missstände also sehr wohl – und auch, wenn bei PEGIDA rechtes Gedankengut und Fremdenfeindlichkeit mitschwingen, so hat niemand das Recht, sie als Nazis zu bezeichnen.