Ja, es ist der gefühlte eintausendste Beitrag zur Flüchtlingsdebatte. Ja, das Thema ist schon lange in den Medien. Und ja, es besteht die Gefahr, dass sich solche Themen abnutzen. Siehe Kalifat, Klimawandel und Kony 2012. Dennoch erscheint es mir wichtig, noch etwas zum Thema Flüchtlingsbetreuung in Österreich anzumerken.
Lange haben die Journalistinnen und Journalisten des Landes nach Informationen betteln müssen – und teilweise müssen sie das noch immer –, um herauszufinden, welche von Österreichs Gemeinden sich bei der Flüchtlingsbetreuung querstellen und welche nicht. Martin Thür von ATV beispielsweise zeigt auf seiner Facebook-Seite ein Stück E-Mail-Verlauf, in der ein zuständiger SPÖ-Landesrat ihm eine Auskunft über die säumigen Gemeinden in Oberösterreich verweigert – mit der Begründung, er wolle ein „Bashing“ vermeiden.
Mittlerweile hat der ORF allerdings die Daten aufgetrieben. Auch online mittlerweile zugänglich sind die Daten darüber, welche Gemeinden keine Flüchtlinge aufnehmen. Und das sind viele – mehr als zwei Drittel der österreichischen Gemeinden. Auf diesem Bild sind sie gelb markiert, unter diesem Link kann man sich genauere Zahlen ansehen.
Ich denke, über „Bashing“ dieser Gemeinden zu reden, ist noch die billigste Ausrede, um eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Österreich zu verhindern. Diese wollte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner mit Quoten durchsetzen und die Flüchtlinge auf alle Gemeinden aufteilen. Das hat sie nicht geschafft. Dann wollte Mikl-Leitner die Kasernen öffnen. Das ist auch nicht passiert. Jetzt hat Mikl-Leitner den Ländern ein Ultimatum gestellt – das, so viel dürfte schon jetzt klar sein, wieder nichts bringt.
Es handelt sich bei der momentanen Verteilungsfrage der Flüchtlinge um ein politisches Multiorganversagen. Also klassisch österreichisch – wir kennen das von der Hypo. Nur in diesem Fall jongliert die Bundesregierung Menschen hin und her. Schon jetzt sind Minderjährige, nicht immer in jungem erwachsenem Alter, alleine mit Fremden in einem überfüllten Lager in Traiskirchen mit Fremden. Ohne Betreuung. Andernorts bekommen Flüchtlinge zu wenig zu essen – ein Semmerl ist keine warme Mahlzeit. Wenn sie aus Protest gegen ihren Hunger diese auf den Boden werfen, greift der Boulevard die Story auf und verdreht sie in Richtung „undankbares Pack“. Und das alles nehmen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Landeshauptleute und die Bundespolitiker Österreichs hin – denn keiner will sich die Weste schmutzig machen. Dabei ist diese längst alles andere als weiß.
Fast schon lustig, wenn es nicht so traurig wäre: Mikl-Leitner argumentiert Asylstopp-Fantasien mit der Forderung, Europa solle Flüchtlinge gerechter aufteilen. Wenn der Bürgermeister von Traiskirchen allerdings genau das tut, wird er von der Bundespolitik im Stich gelassen. Österreich wäre das Traiskirchen von Europa – wäre da nicht Italien, das im Süden eine Krise viel größeren Ausmaßes managen muss.
Jedenfalls hier mein Pro-Tipp für die Bundespolitik: Es ist mehr oder weniger erwiesen, dass dort, wo am meisten Ausländer – und auch Asylwerber – sind, am wenigsten Ressentiments gegen sie geschürt werden. Das habe ich beim Umzug vom ewiggestrigen Salzburg mit seinen rechten Jugendkulturen ins weltoffene Wien gemerkt. Und auch Statistiken aus Großbritannien und der Schweizbestätigen, dass die Leute genau da für die UKIP (UK), respektive gegen Zuwanderung (CHI) stimmen, wo keine Ausländer sind. Also anstatt mit den Schicksalen von Menschen zu spielen, um eure ohnehin nicht funktionierenden innenpolitischen Machtspielchen weiterzuspielen, könntet ihr auch einfach mit einer gerechten Aufteilung der Flüchtlinge beginnen. Die Zivilgesellschaft und die NGOs stehen vielerorts bereit.