Strache, Strache und Strache. Ein anderes Thema gibt es nicht mehr. In der letzten Phase des Wahlkampfes positionieren sich mit der SPÖ, den Grünen und Neos gleich drei Parteien gegen den FPÖ-Obmann. Und schielen dabei auf die taktischen Wähler. Ein bezeichnendes Finish für einen Wahlkampf, in dem Themen schon lange auf der Strecke bleiben.
Ob diese Taktik erfolgsversprechend ist, kann man schlecht abschätzen. Momentan sieht es so aus, als ob Rot-Grün die Stadt gegen Strache verteidigen könnte – zur Not auch mit Hilfe der Neos, die höchstwahrscheinlich den Einzug in den Landtag schaffen werden. Vielleicht ist der Anti-Strache-Wahlkampf also taktisch gesehen gar nicht so blöd. Aber inhaltlich gesehen sicher.
Denn das „taktische Wählen“, das in Österreich vor jeder Wahl nicht nur von den Bürgern selbst in Erwägung gezogen, sondern auch medial hochgepusht wird, halte ich für demokratiepolitisch bedenklich.
Mal angenommen, jemand wählt diesmal die SPÖ, obwohl er eigentlich lieber die Grünen oder die Neos wählen würde. Das offensichtliche Ergebnis – Rot-Grün, eventuell mit pinker Beteiligung – bleibt gleich realistisch. Aber gleichzeitig wird damit das subjektiv falsche Programm unterstützt. Statt „Öffi für alles“, was grüne Verkehrspolitik bedeutet, oder „Veränderung ohne Strache“, was vermutlich irgendwas gegen Freunderlwirtschaft bedeutet, wird dadurch nur der Bürgermeister Häupl gestärkt. Jener Bürgermeister, mit dem sich die Grünen und die Neos auch schon angelegt haben.
Und selbst, wenn man das in Kauf nimmt unter der hehren Absicht, Strache zu verhindern: Es ist immer noch nicht sinnvoll. Denn Strache als Bürgermeister kommt ohnehin nur mit einer FPÖ-ÖVP-Mehrheit zustande, die höchstwahrscheinlich unmöglich ist. Viel eher stärkt eine Stimme für die SPÖ sogar das rechte Wien – denn wenn die Grünen keine starke Verhandlungsposition haben, wäre auch ein Wechsel zu Rot-Schwarz möglich. Ein unschmackhaftes Szenario, das wir aus dem Bund kennen.
Aber sogar, wenn einem das noch egal ist, weil man halt fürchtet, eine Stimme für die Neos würde „aufgeteilt“ werden, weil sie’s nicht schaffen – das ist sogar noch am schlimmsten. Denn das befeuert die Strategie der „self-fulfilling prophecies“. Wenn man lang genug ausspricht, dass die nicht etablierte Partei es vermutlich nicht schaffen wird, dann schafft sie es irgendwann wirklich nicht. Genau solche Überlegungen sollten einen erst recht dazu anleiten, die Neos zu wählen – allein schon, damit dieser billige (ursprüngliche) ÖVP-Schachzug keine Wirkung zeigt.
Und ich erlaube mir noch eine letzte Überlegung. Eine repräsentative Demokratie funktioniert nur, wenn jeder die Partei wählt, die ihn oder sie am besten vertritt. Taktisches Wählen untergräbt den kollektiven Wählerwillen – denn das Ergebnis spiegelt dann nicht den Willen des Volkes wieder. Selbst, wenn einem der erste Platz nicht gefällt oder man das Risiko eingeht, mit seiner Stimme eine Minderheit und nicht vertreten zu sein – nur eine Stimme für die subjektiv beste Wahl ergibt wirklich Sinn, wenn unser politisches System überhaupt funktionieren soll.
Von daher rufe ich jeden Wahlberechtigten – ich bin es nämlich leider nicht – dazu auf, am Sonntag nicht taktisch zu wählen. Macht euer Kreuz bei der Partei, die eure Interessen am besten vertritt. Dazu gibt es zahlreiche Wahlhelfer, zum Beispiel diesen von Christopher Clay, die euch helfen können. Selbst, wenn es sich dabei um eine Kleinpartei oder eh um einen von vielen Strache-Verhinderern handelt – lasst nicht die Positionierung zur FPÖ bestimmen, in welche Richtung diese Stadt geht.